Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt Kiel ist eine kreisfreie Stadt in der Mitte des Landes an der Ostsee mit direktem Zugang zur Kieler Bucht. Sie ist die größte Stadt und neben Lübeck, Flensburg und Neumünster ein Oberzentrum des Bundeslandes und ein bedeutendes Schiffbauzentrum. Ferner ist Kiel eine traditionsreiche Universitätsstadt und hat einen starken maritimen Bezug in den Bereichen Marine, Segeln und Meeresforschung. Die nächstgelegene Metropole ist die Hansestadt Hamburg, etwa 90 km südlich.
Die Einwohnerzahl der Stadt Kiel überschritt im Zuge des Ausbaus als Reichskriegshafen um das Jahr 1900 die Grenze von 100.000, wodurch sie zur Großstadt wurde. Bereits 1910 hatte die Stadt über 200.000 Einwohner.
Kiel verfügt mit der Kieler Förde als Tiefseehafen über einen der wichtigsten Seehafenschlüsse an der Ostsee und erstreckt sich hufeisenförmig um seinen Naturhafen. Durch Kiel verläuft die Wasserscheide zwischen Nordsee und Ostsee. So berührt ebenso wie die Schwentine der Fluss Eider, der in die Nordsee mündet, Kieler Stadtgebiet, außerdem endet der Nord-Ostsee-Kanal im Stadtteil Kiel-Holtenau. Die Umgebung Kiels ist von Moränenhügeln geprägt und geht im Osten der Stadt direkt in die Holsteinische Schweiz über.
Folgende Gemeinden grenzen an die Stadt Kiel (sie werden nach dem Uhrzeigersinn beginnend im Nordosten, an der Ostküste der Kieler Förde, genannt):
Kreis Plön: Mönkeberg und Schönkirchen (Amt Schrevenborn), Stadt Schwentinental (bis zum 29. Februar 2008 die amtsfreien Gemeinden Klausdorf und Raisdorf) sowie Pohnsdorf, Honigsee und Boksee (alle Amt Preetz-Land)
Kreis Rendsburg-Eckernförde: Flintbek (Amt Flintbek), Molfsee und Mielkendorf (Amt Molfsee), Melsdorf und Ottendorf (Amt Achterwehr), Kronshagen (amtsfreie Gemeinde), Neuwittenbek und Felm (Amt Dänischer Wohld), Altenholz (amtsfreie Gemeinde), Dänischenhagen und Strande (Amt Dänischenhagen)
Das Stadtgebiet Kiels ist in 30 Stadtteile eingeteilt. Meistens bilden ein oder mehrere Stadtteile zusammen einen der insgesamt 18 Ortsbezirke mit je einem Ortsbeirat. Diese Gremien werden von der Ratsversammlung (Gemeinderat) der Gesamtstadt nach jeder Kommunalwahl neu bestimmt und sind zu wichtigen, den Ortsbezirk betreffenden Angelegenheiten zu hören. Sie können auch Anträge, die den Stadtteil betreffen, an die Ratsversammlung stellen, damit diese dort beraten bzw. beschlossen werden.
Kiel wurde zwischen 1233 und 1242 von Graf Adolf IV. von Holstein aus dem Hause Schauenburg gegründet. Nur bei Kiel stieß das sächsische Territorium an die Ostsee – nördlich der Levensau lag Schleswig und damit dänisches Gebiet, östlich der Schwentine hinter dem Limes Saxoniae lag Wagrien und damit slawisches Gebiet, das zu dieser Zeit noch nicht fest in der Hand der holsteinischen Grafen war. Es war daher diese Stelle an der Förde die einzige Möglichkeit für einen sächsischen Ostseehafen. Als solcher wurde Kiel als eine der nördlichsten Städte im Heiligen Römischen Reich planmäßig angelegt. Gleichzeitig stiftete Graf Adolf das Franziskanerkloster, in dem er auch seinen Lebensabend verbrachte. 1242 erhielt Kiel das Lübische Stadtrecht verliehen.
Name
Der ursprüngliche Stadtname lautete Holstenstadt tom Kyle (die Holstenstadt an der Förde). Das y im alten Namen ist ein langes i. Im Sprachgebrauch wurde der lange Name zu tom Kyle verkürzt und schließlich zu Kiel. Kiel (Niederdeutsch H Keil) bedeutet hier im Speziellen höchstwahrscheinlich die Förde, eine Meeresbucht, die sich weit ins Land hinein schneidet. Auch ein nordischer Ursprung ist denkbar. (altnordisch: Kíll H schmale Bucht).
Handelsstadt
Kiels Fernhandel blieb weit hinter dem Lübecks und Flensburgs zurück. Zwar trat die Stadt 1283 in die Hanse ein, beteiligte sich aber kaum an gemeinsamen Aktivitäten und konnte auch die Handelsprivilegien kaum ausnutzen: Der landesherrliche Einfluss auf den Handel war hier stärker als in den freien Städten. All diese Nachteile führten 1518 zum Ausschluss aus der Hanse. Sehr viel wichtiger war der Kieler Umschlag, der 1469 erstmalig erwähnt wird, aber vermutlich bereits länger bestand. Eine Woche lang (vom 6. bis 14. Januar) wurden Geldgeschäfte betrieben. Dafür reisten die Interessenten aus dem ganzen Land an. Anschließend feierte man ein Volksfest, das es noch heute gibt.
Im Jahr 1301 war Kiel bereits befestigt, ab 1329 war die Stadt von einer steinernen Stadtmauer umgeben. Bis ins späte 16. Jahrhundert blieb das besiedelte Gebiet weitgehend auf die kleine Altstadt beschränkt. Neben dem Franziskanerkloster gab es nur eine Kirche, die bereits um 1240 fertiggestellte Nikolaikirche.
Frühe Neuzeit
Die Reformation begann in Kiel 1526, als der Kieler Bürgersohn Marquard Schuldorp, der bei Martin Luther in Wittenberg studiert hatte, seinen Dienst als Vikar begann. 1527 lud König Friedrich I. Melchior Hofmann als Laienprediger nach Kiel ein. Hofmanns Lehre vom Abendmahl, derzufolge Brot und Wein nur Christi Leib bedeuten, widersprach der lutherischen Position, nach der Christus im Sakrament anwesend ist. Hofmann und Schuldorp sollen sich daher sogar auf der Kanzel geprügelt haben. 1529 wurden Hofmann und seine Anhänger dann des Landes verwiesen. Kiel erhielt eine Kirchenordnung. Das Franziskanerkloster wurde aufgelöst und das Gebäude der Stadt übereignet, die es als Schule und später als Hospital nutzte.
Im Verlauf des 16. Jahrhunderts und frühen 17. Jahrhunderts gelang es den Herzögen, die älteren Privilegien einiger Städte schrittweise abzubauen; so wurde auch Kiel gezwungen, beim Herrschaftsantritt von Herzog Friedrich III. einen speziellen Huldigungseid zu leisten, der die vormals „privilegierte Stadt“ auf den Status einer erbuntertänigen Körperschaft reduzierte.
1665 gründete Herzog Christian Albrecht von Gottorf die Christian-Albrechts-Universität, die nördlichste Universität im römisch-deutschen Reich, im Gebäude des ehemaligen Kieler Klosters. Die Universität hatte ursprünglich theologische, juristische, medizinische und philosophische Fakultäten und zog bald in eigene Gebäude um. Die Kieler Bürger waren anfänglich wenig begeistert, denn die Stadt hatte nicht nur die Gebäude zur Verfügung zu stellen, sondern auch die oft flegelhaften Studenten – schon 1700 waren es über 300 bei einer Einwohnerschaft von nur knapp 4000 Menschen – zu ertragen, die wie die übrigen Universitätsangehörigen nicht der städtischen Gerichtsbarkeit unterstanden. Zudem zahlten die Universitätsdozenten keine Steuern. Trotzdem profitierte man wirtschaftlich von der Hochschule, an der schon bald auch bedeutende Gelehrte tätig waren.
Nachdem die Gottorfer Herzöge 1721 ihre Besitzungen in Schleswig verloren hatten, wurde Kiel für ein halbes Jahrhundert Hauptort und Residenz des verbliebenen Territoriums. 1728 wurde im Kieler Schloss der spätere russische Zar Peter III. als Sohn des Herzogs Karl Friedrich von Schleswig-Holstein-Gottorf geboren. Als Zar plante Peter einen Feldzug gegen Dänemark; nur sein früher Tod ersparte Kiel und den Elbherzogtümern einen erneuten Krieg.
Kiel als Teil des Dänischen Gesamtstaats
Peters Witwe, die Zarin Katharina die Große, überließ 1773 die Reste des Herzogtums, und damit auch Kiel, dem dänischen König. Dieser regierte die Stadt fortan in seiner Eigenschaft als Herzog von Holstein. Die Universität erlebte nun einen erheblichen Aufschwung; 1803 erfolgte die Einrichtung eines Botanischen Gartens, der der erste seiner Art in Deutschland war.
Nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 wurden Kiel und Holstein für einige Jahre staatsrechtlich Teile Dänemarks. Im Rahmen der Napoleonischen Kriege wurde Kiel im "Kosakenwinter" 1813 von den Schweden eingenommen; 1814 schloss man den Frieden von Kiel: Das Herzogtum Holstein wurde weiter vom dänischen König regiert, doch wurde es 1815 Mitglied des Deutschen Bundes. Damit gehörte auch Kiel formal wieder zu Deutschland. 1817 nahmen so auch Kieler Studenten am Wartburgfest teil. Die Kieler Universität wurde in den folgenden Jahren zu einem Zentrum der Burschenschaftsbewegung. Nicht ohne Grund wählte der Urburschenschafter und Absolvent der Kieler Universität Uwe Jens Lornsen deshalb 1830 Kiel als den Ort, wo er Über das Verfassungswerk in Schleswigholstein veröffentlichte, eine der einflussreichsten Streitschriften des Vormärz. Er wurde von Franz Hermann Hegewisch unterstützt, der später einer der wichtigsten Propagatoren der Eisenbahnverbindung mit Altona war.
1838 erfolgte die Gründung der Maschinenbauanstalt Schweffel und Howaldt; dies war Kiels erster großer Industriebetrieb, aus dem später die heutige Werft HDW hervorging. Mit dem Bau der Eisenbahnlinie nach Altona (König-Christian VIII.-Ostseebahn) wurde der Ostseehafen Kiel dann bereits 1844 mit Elbe und Nordsee verbunden. Mit dem Brandtaucher wurde 1850 in Kiel das erste Unterseeboot der Welt gebaut.
In Kiel konstituierte sich 1848 eine provisorische schleswig-holsteinische Regierung, die die beiden Herzogtümer in einen Krieg gegen Dänemark führte, den Schleswig-Holsteinischen Krieg. Dieser Versuch, sich von der dänischen Krone zu lösen und souveränes Mitglied im Deutschen Bund zu werden, scheiterte aber.
Kiel als preußischer Kriegshafen
Doch 1864 kam es zur Eroberung Schleswig-Holsteins durch Preußen und Österreich im Deutsch-Dänischen Krieg; Kiel wurde zunächst von Preußen und Österreich gemeinsam verwaltet. 1865 ordnete der preußische König die Verlegung der Ostsee-Marinestation von Danzig nach Kiel an. Ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich Kiel rasch zur Großstadt. Mit der Marine kam auch die Norddeutsche Werft (später Germania-Werft) als zweiter großer Schiffbaubetrieb nach Kiel. 1866 wurde Kiel endgültig preußisch. Das Artilleriedepot (ab 1891 Kaiserliche Torpedowerkstatt) wurde eingerichtet; hier wurden unter anderem Über- und Unterseewaffen entwickelt. 1867 wurde Kiel dann "Kriegshafen" des neu gegründeten norddeutschen Bundes und Sitz des aus den Ämtern Bordesholm, Kronshagen, Kiel und Neumünster gebildeten Kreises Kiel. In der Verfassung des neugegründeten Deutschen Reiches von 1871 heißt es in Artikel 52, Absatz 2:
Der Kieler Hafen und der Jadehafen sind Reichskriegshäfen Die Kieler Werftarbeiter begannen sich 1873 zu organisieren: Es kam zur Gründung des Allgemeinen Deutschen Schiffszimmerer-Vereins. 1878 nahm mit der Kaiserlichen Werft Kiel die dritte Großwerft ihren eigentlichen Betrieb auf (vorher - seit 1865 - Marinedepot). Die erste Kieler Woche fand 1882 statt; seit 1885 wurde sie als Kombination von Schiffsparade, Segelregatten und Volksfest veranstaltet und sollte sich im Laufe der Zeit zu einem weltweit bekannten Segelsportereignis und dem drittgrößten Volksfest Deutschlands (nach dem Oktoberfest und dem Cannstatter Volksfest) entwickeln. Kaiser Wilhelm II. war ein regelmäßiger Gast der Veranstaltung.
1883 schied Kiel aus dem gleichnamigen Kreis aus und wurde eine kreisfreie Stadt; neuer Sitz des Kreises Kiel wurde die Stadt Bordesholm. Kiel wurde 1887 deutscher Reichskriegshafen; es setzte ein rasantes Bevölkerungswachstum durch die Ansiedlung der Werftindustrie ein. Deren Beschäftigte organisierten sich rasch: Das Kieler Gewerkschaftskartell wurde 1893 gegründet und hatte zu Anfang 2.900 Mitglieder.
1895 erfolgte die Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals (heute Nord-Ostsee-Kanal), welcher bald die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt wurde. In der Folge wurde Kiel endgültig zum Haupthafen der deutschen Kriegsflotte. Mitten im Ersten Weltkrieg wurde Kiel 1917 Sitz des Oberpräsidiums der preußischen Provinz Schleswig-Holstein und somit Provinzhauptstadt. Vorher befand sich das Oberpräsidium in Schleswig.
Mit dem Kieler Matrosenaufstand begann 1918 die Revolution, und es endete der Erste Weltkrieg. Am 3. November erhoben sich hier die Matrosen, gründeten nach einem spontanen Gefecht mit regierungstreuen Truppen am 4. November den ersten Arbeiter- und Soldatenrat Deutschlands und begannen somit die Novemberrevolution, welche innerhalb weniger Tage ganz Deutschland erfasste und die Grundsteinlegung zur Weimarer Republik bildete.
Der Zivilflughafen Kiel-Holtenau wurde 1928 in Betrieb genommen. Auch auf Grund der schweren Wirtschaftskrise hatten die Nationalsozialisten in Kiel bereits früh zahlreiche Anhänger; die Universität wurde 1933 sehr rasch "gleichgeschaltet" und entwickelte mit der "Kieler Schule" eine strikt regimetreue Rechtslehre. Kiel wurde 1936 zum ersten Mal Austragungsort der olympischen Segelwettbewerbe. Im Landesarchiv Schleswig-Holstein existiert ein Film von Leni Riefenstahl über dieses Ereignis.
Am 9. November 1938 wurde die Kieler Synagoge am Schrevenpark zerstört. Im Juni 1944 wurde das Arbeitserziehungslager Nordmark errichtet in welchem bis Anfang 1945 600 Menschen umkamen. 1939 bis 1945 wurde Kiel dann wegen der großen militärischen Bedeutung im Zweiten Weltkrieg (Kriegshafen, Werften) durch zahlreiche Luftangriffe zu über 80% zerstört. Die Integration der vielen ostdeutschen Kriegsflüchtlinge aus dem Baltikum, Ost- und Westpreußen, Pommern und Mecklenburg stellte die Stadt seit 1945 vor zusätzliche Herausforderungen. In den Nachkriegsjahren wurde Kiel unter "modernen" Gesichtspunkten neu aufgebaut (wobei die Pläne bemerkenswerterweise noch auf die NS-Zeit zurückgingen). Die Stadt entwickelte sich bald wieder zum wirtschaftlichen, politischen und geistigen Zentrum Schleswig-Holsteins.
Kiel als Landeshauptstadt
1945, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, gehörte Kiel zur Britischen Besatzungszone. Die britische Militärverwaltung richtete in Kiel ein DP-Lager ein zur Unterbringung so genannter Displaced Persons. Die Mehrzahl von ihnen waren ehemalige Zwangsarbeiter aus Polen und dem Baltikum. 1946 wurde Kiel Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein und trat als solche 1949 der Bundesrepublik Deutschland bei.
Kiel war 1972 zum zweiten Mal Austragungsort der olympischen Segelwettbewerbe, diesmal im Stadtteil Schilksee. 1975 wurde der Kieler Umschlag als modernes Volksfest wiederbelebt. 1982 feierte die Kieler Woche ihr hundertjähriges Bestehen. 1985 beschloss man die Einstellung der Straßenbahn; eine Entscheidung, die heute vielfach bedauert wird. 1992 beging die Stadt ihre 750-Jahr-Feier, und 1994 wurde die 100. Kieler Woche veranstaltet (in den Kriegsjahren von 1915 bis 1919 und 1940 bis 1946 fanden keine Kieler Wochen statt); 1995 schließlich feierte man den hundertsten Geburtstag des Nord-Ostsee-Kanals.
Erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1997 der Oberbürgermeister (Norbert Gansel, SPD) direkt gewählt; 2003 folgte ihm Angelika Volquartz (CDU) als Kiels erste Oberbürgermeisterin.