Es gibt Menschen, die brauchen die Hilfe der Engel, weil sie die Verbindung zum Himmel verloren haben. Dann kann auch der persönliche Schutzengel mit seinem Sternenstaub ausrichten. In so einem Fall werden die Engel vom himmlischen Sondereinsatzkommando auf die Erde geschickt. Nur sehr wenige Engelkinder werden später zu Engeln im Sondereinsatz ausgebildet. Wer eine himmlische Spezialkraft werden will, muss 1A fliegen können.
Doch nicht nur das, Engel im Sondereinsatz haben goldene Finger. Wenn sie mit diesen Fingern schnippen, ist es so, als ob sie in den Menschen ein Licht anknipsen. Über dieses Licht können die Engel dann ihre Botschaft übermitteln. Man könnte es auch Erleuchtung nennen. Einige Kinder der Engelklasse 4 dürfen in der Weihnachtszeit den Engeln im Sondereinsatz ein paar Tage bei der Arbeit helfen. Franzi und Amir sind dem Sonderengel Hermann zugeteilt worden und schon ganz aufgeregt. Sie putzen ihre Flügel blitzblank, schnallen sich ihre mit Sternenstaub gefüllten Wolkenrucksäcke vor die Bäuche und los geht es. Hermann fliegt vorweg und die beiden Engelkinder hinterher, einmal um Wolke 7 herum und im Sturzflug auf den Weihnachtsmarkt.
Dort verkauft Herr Famolo an seinem Stand Zuckerwatte und kandierte Früchte. Er ist ein richtiger Miesepeter, immer schlecht gelaunt. Auch die lustige Weihnachtsmütze auf seinem Kopf hilft da nichts, es kommen kaum noch Kinder an seinen Stand, um etwas zu kaufen. Jeden Tag verdient er weniger Geld. Am Heiligabend wird es deshalb bei Familie Famolo in diesem Jahr wohl keinen leckeren Weihnachtsbraten und Geschenke für die vier kleinen Famolos geben.
Der Spezialengel und die Engelkinder landen im dichten Schneetreiben direkt vor dem Zuckerwattestand. Hermann schnippt mit seinen schönen goldenen Fingern und ehe sich die drei Engel versehen, grunzt Herr Famolo: „He, was wollt ihr denn hier, ihr seltsamen Gestalten“. „Wir wollen für die Weihnachtsfeier beim Bürgermeister 1000 kandierte Äpfel bestellen“, sagt Hermann sehr höflich, „aber nur, wenn wir beide vorher einmal in Ruhe miteinander sprechen können. Meine zwei Assistenten Franzi und Amir verkaufen in der Zeit die Zuckerwatte.“ Herr Famolo beginnt zu rechnen und brummelt: “Na, dann kommse ma, Sie Engelgestalt.“ Derweil verteilen Franzi und Amir jede Menge Sternenstaub auf den Zuckerwattestand. Der beginnt ganz hell zu leuchten und die Leute strömen erstaunt herbei. Kurze Zeit später kommt der Sonderengel Hermann mit Herrn Famolo zurück. Franzi und Amir sind ganz erstaunt, denn Herr Famolo verkauft seine Zuckerwatte mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Er ist gar nicht mehr miesepetrig und hat für jedes Kind ein nettes Wort. „Na“, sagt der Himmelsbote Hermann, „dann wollen wir mal wieder los!“ Er schnippt mit den Fingern und schon hat Herr Famolo vergessen, dass er himmlischen Besuch hatte. Nur das plötzliche Glücksgefühl, der hübsch erleuchtete Stand und die strahlenden Augen der Kinder, die plötzlich alle Zuckerwatte und kandierte Früchte kaufen wollen, verwundern ihn ein wenig. Franzi und Amir versuchen auf dem Rückweg, dem Spezialengel das Geheimnis seiner Botschaft an Herrn Famolo zu entlocken. Aber Herman verrät ihnen kein Wort, denn Verschwiegenheit ist eine weitere wichtige Eigenschaft, die Engel im Sondereinsatz zwischen Himmel und Erde besitzen müssen.
Engel müssen morgens zeitig aus den Wolkenbetten, um rechtzeitig in der Engelschule zu sein. Sie werden vom Weckengel geweckt. Der fliegt von Wolkenbett zu Wolkenbett und kitzelt die Engelkinder kurz an den Flügelchen, was sie ganz schnell erwachen lässt. Bei den Kindern auf der Erde sind es meistens die Eltern, die ihre Kinder wecken, damit sie rechtzeitig in der Schule oder im Kindergarten sind. Bei Nele kommt es seit einiger Zeit aber immer öfter vor, dass sie zu spät in die Schule kommt. Neles Eltern haben sich getrennt und nun muss ihre Mama jeden Morgen ganz früh zum Dienst fahren. Mama hat Nele bislang immer mit dem Handy geweckt, aber seit Nele ihr Handy verloren hat, kann sie Nele nicht mehr anrufen und Geld für ein neues Handy haben sie auch nicht. Nun weckt sie Nele immer bevor sie das Haus verlässt. Aber kaum ist ihre Mama weg, dreht sich Nele noch einmal um und ist gleich wieder im Traumland. Morgens träumt es sich besonders schön. Heute ist Nele wieder zu spät aufgestanden und erst zur dritten Stunde in die Schule gekommen. Frau Rindfleisch, ihre Lehrerin, ist sehr ärgerlich und will Neles Mama zu einem Gespräch in die Schule bitten. Als Nele abends mit Mama beim Abendbrot sitzt, zeigt sie ihr den Brief von der Lehrerin. Mama ist ganz traurig. Auch Nele ist traurig, aber so sehr sie sich auch vornimmt, morgens aufzustehen, sie schafft es einfach nicht allein. Da klingelt es an der Tür. Es ist die Dackelfrau, die immer mal wieder vorbeikommt und Nele ein paar Kinderzeitschriften bringt. Die Hunde der Dackelfrau nerven zwar ein wenig, weil sie immer bellen, wenn man die Treppen hoch geht, aber die Dackelfrau ist nett. Mama und Nele laden sie auf einen Tee ein und erzählen ihr von dem Aufstehproblem. „Ach“, sagt die Dackelfrau, „ich muss doch morgens sowieso mit den Hunden raus, da kann ich doch die Nele wecken. Ich werde einfach so lange an der Tür klingeln, bis Nele aufsteht.“ Mama und auch Nele sind erleichtert. Während Nele sich bettfertig macht, ruft Mama noch schnell Frau Rindfleisch an, gelobt Besserung und erzählt ihr von der Dackelfrau. Als Mama Gute Nacht sagen kommt, sagt Nele: “Die Dackelfrau ist jetzt unser Weckengel, stimmt’s Mama?“
Wolke 7 ist bei Engeln und Menschen sehr beliebt. Auf Wolke 7 träumen die Menschen und die Engel leben dort. In der Weihnachtszeit wird im Himmel wie auf Erden viel gebacken. Die Weihnachtsbäckerei macht allen Spaß. Heute haben sich die Engelkinder Florian, Max, Jana und Elsa in der himmlischen Backstube verabredet, um für die Menschenkinder köstliche Schneeflockenkekse zu backen.Dazu brauchen sie eine Prise Sternenstaub, einen Beutel Sonnenstrahlen, vier kleine Pulverwolken und einen großen Krug guter Wünsche.
Alles wird gut miteinander verrührt. Dann werden viele kleine Häufchen auf das Sternenblech gelegt. Während die Schneeflockenkekse im Wolkenofen backen, schaut Florian durch das Wolkenfenster. Er sieht, wie Frau Müller in der Schulküche ganz traurig ist, weil sie dieses Jahr keine Schokolade hat, um sie in die Nikolaustüten für die Kinder zu füllen. Das Geld hat nur für ein paar Nüsse und eine Clementine pro Kind gereicht. „Es ist einfach zu wenig Geld da“, seufzt Frau Müller, „dabei mögen die Kinder die Schokolade in den Tüten besonders gern.“ Das Engelkind Florian wird ganz nachdenklich, keine Schokolade für die Kinder und das zur Weihnachtszeit? „Ringe-dinge-ding“ klingelt der Wolkenofen. Die Schneeflockenkekse sind fertig. Während sie die Engelkinder in die Wolkentüten füllen, erzählt Florian den anderen von Frau Müller, und dass die Kinder in diesem Jahr keine Schokolade bekommen werden. Da hat Jan eine Idee, sie haben noch einen Sack voller Sternenstaub in der Wunschkiste unter dem Wolkentisch. Wenn sie einen Löffel davon nehmen und den Schokowunschspruch sprechen, wird daraus ein Sack Schokoladenengelchen. Gesagt, getan: Sie verteilen den Sternenstaub auf dem Wolkentisch, sprechen im Chor: „Schoko, Schiko, Schokolade“ - und schon ist der Wolkentisch voller Schokoladenengelchen. Die Vier packen die Kekstüten und die Schokoengelchen in ihre Wolkenrucksäcke und putzen ihre Flügel blank. Dann schnallen sie sich ihre Rucksäcke vor den Bauch und los geht es: einmal herum um Wolke 7 und dann im Sturzflug in die Schulstraße. Dort in der Schulküche angelangt, leeren sie ihre Rucksäcke und sind schneller als der Schall wieder weg.
Als Frau Maier kurze Zeit später in die Küche kommt, staunt sie nicht schlecht: bergeweise Schokoengelchen und Schneeflockenkekse. Nun bekommen die Kinder in diesem Jahr doch noch schöne Nikolaustüten und Frau Maier fühlt sich gerade so, als schwebe sie auf Wolke 7.
Wie hatte er sich gefreut, als man ihm das schöne alte Weihnachtsmotiv mit dem Stall in Bethlehem und den drei kleinen, Schalmei spielenden Engelchen auf den Karton gedruckt hatte. Wie stolz war er, als die 24 kleinen Plastikformen endlich mit der gut schmeckenden Vollmilchschokolade gefüllt worden waren. Auf der Rückseite seiner 24 Türchen standen kleine Weihnachtsgedichte zur Besinnung. Das 24. Türchen aber hatte es ihm besonders angetan. Es war der Weihnachtsstern. Und was war seitdem diesem Tag mit ihm geschehen? Er stand nun hier in diesem Verkaufsständer zwischen all den anderen großen, bunten Adventskalendern, die sich über ihn lustig machten. „Sag mal Kleiner, da hat sich aber jemand in der Einkaufsabteilung vergriffen! Oder bist du der Adventskalender für Arme?“, tönte ein großer Kalender, auf dessen Verpackung 24 Fußballspieler einen Ball über den Weihnachtsmarkt kickten. „Wer kauft denn heute noch einen so kleinen Adventskalender mit Schokolade? Und dieses langweilige Motiv, furchtbar! Hier schau mich an, mit mir erleben die Kinder jeden Tag bis zum Heiligabend eine Überraschung“, rief ein knallbunter Kalender, der mit Spielfiguren gefüllt war. „Ja, ja“, dachte unser Adventskalender traurig, „und nach Heiligabend verstopfen die Teile die Kinderzimmer. Aber wahrscheinlich haben sie sogar recht.“
Ein Kind war vor dem Verkaufsständer stehen geblieben. „Mutti, Mutti, ich will den da!“, rief ein etwa sechsjähriger Junge und zeigte auf den Kalender mit den Fußballspielern. „Zu teuer“, antwortete die Mutter des Jungen und griff nach dem Schokoladenkalender. Dem wurde ganz seltsam zumute. „Der hier ist gut; der ist billig“, sagte die Frau und hielt dem Jungen den Kalender hin. „Den will ich aber nicht, der ist blöd!“ Der Junge stampfte mit dem Fuß auf. „Freundchen! Jetzt reicht es mir aber! Musst du beim Einkaufen immer nerven?“ Sie warf den Schokoladenkalender in den Ständer zurück. „Dann gibt es eben keinen Adventskalender in diesem Jahr! Schokolade isst du sowieso schon jeden Tag. Bist selbst schuld!“ und zerrte ihren Sohn von den Adventskalendern weg.
Unser kleiner Kalender spürte, wie die Schokoladenteilchen in seinem Innern beim Aufprall durcheinander gefallen waren. Eine Ecke der Pappe war angestoßen und das 13. Türchen fast aus seinen Pappangeln gehoben. „Hoffentlich sind die Schalmeien und Trompeten der Engelchen nicht zerbrochen, das wäre doch zu traurig. Wer soll denn dann für das Jesulein spielen?“, dachte der Kalender. Da flatterten die Engelchen plötzlich aus dem Bild heraus. „Mach dir keine Sorgen“, riefen sie ihm zu, „die Trompeten und die Schalmeien sind heil geblieben und wir bringen die Schokoladenstückchen wieder an ihren rechten Platz.“ Ehe er sich versah, hörte er es in seinem Innern rumpeln und pumpeln. Kurze Zeit später saßen die Engelchen wieder an ihren Plätzen auf dem Bild, als hätten sie es nie verlassen.
„Oh, wie herrlich! Oh, wie schön! Genau so einen Adventskalender habe ich als kleines Mädchen von meinem Großvater geschenkt bekommen!“ Ein Paar runzelige Hände mit vielen Sommersprossen griffen nach dem traurigen Adventskalender und hoben ihn dicht vor ein kurzsichtiges Augenpaar. „Und die Engelchen, nein, wie goldig. Wie damals ist mir so, als könne ich das liebliche Spiel ihrer Schalmeien hören. Ob hinter jedem Türchen auch wohl ein Verslein steckt und ein Schokoladenstückchen, das ich mit Wonne auf meiner Zunge zergehen lassen kann.“ Vorsichtig strichen weiche Finger über die angestoßene Ecke des Kalenders und verweilten einen kurzen Augenblick auf dem Köpfchen des Jesuskindes in der Krippe. „Na und du, wir erwarten dich schon.“ Und ein sanfter Wind, einem Flügelschlag gleich, erfasste den kleinen Adventskalender und hob ihn höher und höher und höher…
In der Engelschule müssen die Engelkinder in vielen himmlischen Fächern Prüfungen ablegen. Auch die Menschenkinder schreiben Prüfungen. Und weil Nele in der letzten Woche oft viel zu spät zum Unterricht gekommen ist, muss sie heute ganz allein nach dem Unterricht im Klassenzimmer eine Sachkundeprüfung nachschreiben. Frau Rindfleisch hat gerade die Klasse verlassen, um sich einen Kaffee zu holen. Nele sitzt mit ratlosem Gesicht vor der letzten Frage. „Wäre ich doch nicht so oft zu spät gekommen, dann wüsste ich die Farbfolge“, dachte Nele. Da kommt Fabine, das Schutzengelkind von Nele, an dem Fenster mit den vielen bunten Drachen vorbei. Sie schaut neugierig ins Fenster und sieht Nele über einem Blatt mit einem Regenbogen sitzen. Darauf steht: Male den Regenbogen in der richtigen Farbfolge aus. „Hm“, denkt das Schutzengelchen, „ was machen wir da nur? Ich darf ihr ja nicht vorsagen.“ Eine wichtige Engelregel lautet: Spreche niemals direkt mit deinem Schützling, das dürfen im Notfall nur die Sonderengel! Da hat Fabine, das Schutzengelkind, eine Idee: sie fliegt einmal um die Schule und im Steilflug auf Wolke 37. Dort trommelt sie alle Regentropfen, die sie finden kann, zusammen, flattert aufgeregt mit den Flügeln und ruft „Auf, auf, schnell zur Schule und immer schön vor dem Fenster mit den bunten Drachen hin und her tanzen.“ Und schon fliegt sie weiter zur Engelwetterstation. „Liebe Sonne“, spricht sie in den Lautsprecher, „bitte schicke einige deiner Strahlen ganz schnell zur Schule und lasse sie ins Fenster mit den vielen bunten Drachen strahlen.“ So tanzen die Regentropfen vor dem Fenster mit den bunten Drachen und die Sonnestrahlen scheinen, so kräftig sie können. Nele schaut ratlos aus dem Fenster und sieht plötzlich einen wunderschönen Regenbogen. Jetzt kann sie den Regenbogen auf dem Arbeitsblatt in der richtigen Farbfolge ausmalen. Da kommt Frau Rindfleisch in die Klasse. „Na, Nele, bist du fertig?“ „Ja“, sagt Nele, und gibt Frau Rindfleisch das Arbeitsblatt. „Das sieht ja richtig gut, na dann ab nach Hause!“
Jeder Engel hat ein eigenes Bett. Kein gewöhnliches Bett, wie wir es kennen. Engel schlafen in himmlischen Wolkenbetten. Darin schlafen sie auch, wenn sie im Engelkindergarten nach anstrengenden Flugversuchen ausruhen sollen. Der Himmel ist dann voller kleiner Schäfchenwolken, weil die Engelchen ihre Wolkenbetten zusammengeschoben haben. Auch Rauschengel Emil hat ein schönes kuscheliges Wolkenbett. Nur konnte er nicht
gut am hellen Tage darin einschlafen. Schließlich war der Tag zum Spielen und Fliegen da. Er wollte keinen Sonnenstrahl verpassen, obwohl er immer ganz müde von der Fliegerei war. Seit der Erzieherengel Martin die Engelchengruppe übernommen hat, mag auch Emil schlafen. Der Erzieherengel Martin erzählt den Engelkindern ganz langsam und ruhig zum Mittagsschlaf eine kleine Schlafgeschichte. Eigentlich ist es immer die gleiche Geschichte, aber die schöne, ruhige Stimme macht den kleinen Rauschengel ganz schläfrig. Ganz wohlig und entspannt ist er, wie die anderen Engelkinder, nach fünf Minuten eingeschlafen. Die kleine Schlafgeschichte geht so:
Alle Engel machen die Augen zu und schlafen schön ein, so wie die Hunde, die in ihr Hundkörbchen schlüpfen, die Pfote über die Schnauze legen, die Augen zu machen und dann schön einschlafen. Es ist so schön warm und kuschelig im Wolkenbettchen, da kann man schön einschlafen und träumen. Genau wie die Katze, die in ihr Katzenkörbchen huscht, die Pfote über das Schnäuzchen legt und schön einschläft. Es ist so schön warm und kuschelig im Wolkenbettchen, da kann man schön einschlafen und träumen, auch von dem Mäuschen. Denn auch das Mäuschen huscht in das Mauseloch, macht die Augen zu und kuschelt sich gemütlich in ihr Mausenest und schläft schön ein. Alle Engel, alle Menschen und alle Tiere schlafen jetzt schön ein. Auch der Vogel fliegt auf seinen Schlafbaum, macht die Augen zu, steckt das Köpfchen unter den Flügel und schläft schön ein. Es ist so schön warum und kuschelig im Bettchen und auch die kleinen Wolkenschafe hüpfen auf ihre Schlafwolke, machen die Augen zu und schlafen schön ein. Es ist so schön warm und kuschelig im Wolkenbettchen, da kann man schön einschlafen und vom Wolkentraumland träumen.
„Ich will ihn!“, schreit Justus. „Nein, ich!“, brüllt seine Schwester Pia. Die Streiterei geht schon eine ganze Weile so. Frau Maier steht in der Küche und schüttelt den Kopf. Seit die Weihnachtsferien begonnen haben, streiten sich die Geschwister fast jeden Tag. Meistens geht um Kleinigkeiten, aber vor allem ums Recht haben. Eigentlich mischt sich Frau Maier nicht ein, wenn sich ihre Kinder streiten, als sie jedoch ein lautes Klirren und Scheppern aus dem Wohnzimmer hört, geht sie dem Geräusch nach. „Was um alles in der Welt habt ihr denn nun schon wieder …?“ Sie bringt den Satz vor Schreck nicht zu Ende. Stattdessen füllen sich ihre Augen mit Tränen. „Aber nein, das kann doch nicht wahr sein! Mein Weihnachtsengel!“, ruft sie und kniet sich auf den Boden, um den Weihnachtsengel, seinen abgebrochenen Flügel und die kleine Trompete vorsichtig in ihre Hände zu nehmen. Einen Moment lang schaut sie sprachlos auf die abgebrochenen Teile. Justis und Pia wissen gar nicht, wo sie hinschauen sollen. Sie sind selbst ganz entsetzt darüber, was ihr Streit nun angerichtet hat. Den Rest des Tages spielen sie deshalb leise und friedlich zusammen. Am Abend kommt Herr Maier von der Arbeit nach Hause. Schnell bemerkt er die trübe Stimmung. Als er im Wohnzimmer die Teile des kaputten Weihnachtsengels sieht, kann er eins und eins zusammenzählen. „Oh je, der Weihnachtsengel, das Familienerbstück. Ob er meiner Frau beim Staubwischen hinuntergefallen ist oder sollten die Kinder ihn vielleicht fallengelassen haben?“, denkt er. Egal, was passiert ist, der Weihnachtsengel sieht mit einem Flügel reichlich trostlos aus. „Es tut uns so leid, Papa“, sagt Pia, als sie und Justus von ihrem Vater auf den Weihnachtsengel angesprochen werden. „Das wollten wir nicht, ehrlich“, meint Justus und Pia nickt heftig. Der Vater seufzt. „Ich kann mir schon vorstellen, wie das passiert ist. Nur, dieser Engel ist etwas ganz besonderes für eure Mama. Euer Ur-Ur-Urgroßvater hat ihn von Hand geschnitzt und bemalt. Er hat die Wirren zweier Weltkriege überstanden, hat den weiten Weg in einem Flüchtlingstreck von Ostpreußen nach Westen mitgemacht, war verschüttet und verloren gegangen, bis ihn eure Großmutter nach dem Krieg in einem Antiquitätengeschäft wiedergefunden hat. Es ist also nicht irgendein Engel, den man schnell durch einen neuen ersetzen kann. Es ist ein Weihnachtsengel mit Geschichte, der Geschichte eurer Familie.“ Justus und Pia haben vor lauter Neugierde ihr schlechtes Gewissen schon fast vergessen. „Was ist ein Flüchtlingstreck?“, fragt Pia. „Und wo liegt Ostpreußen?“, will Justus wissen. „Immer alles schön der Reihe nach“, antwortet ihnen ihr Vater und muss über seine beiden Rabauken doch auch ein wenig schmunzeln.
Als Frau Maier am nächsten Morgen ins Wohnzimmer kommt, steht der Weihnachtsengel wie immer in der Weihnachtszeit an seinem Platz auf der Kommode. Der linke Flügel steht ein klein wenig schief und die Trompete wirkt etwas kürzer, aber ansonsten merkt man ihm seinen Unfall vom Vortag überhaupt nicht an. Kein Wunder, wenn man bedenkt, was er sonst schon alles erlebt haben mag.
„Welch ein schöner Tag, gerade wie ich’s mag; ich hüpfe ohne Sorgen, lachend in Morgen. Ich hüpf’ auf einem Bein, das finde ich fein. Tralalala, tralalala. Welch ein schöner Reim, das kommt vom Krötenschleim.“ Der Zwerg Badalrur hüpft singend durch den Wald. Die Wintersonne belächelt ihn mild und seine kleinen Füßchen hinterlassen winzige Spuren im frisch gefallenen Schnee. Badalrur ist auf dem Weg in die Weihnachtsfabrik, in der er schon seit einigen Monaten das Spielzeug für die Kinder zusammenbaut. Plötzlich hört er ein Geräusch: Einen lauten Schnarcher, gefolgt von einem leisen „püüüh“. „Krötenpups und Spinnenbein, wer kann das sein?“ Vorsichtig nähert sich der Zwerg einer kleinen weißen Kugel, an der offenbar zwei Flügelchen hängen, die sich bei jedem „püüüh“ ein wenig vom Boden abheben. „Ein Englein, klein, ach wie fein“, reimt Badalrur und stupst die kleine Kugel mit seinem Zeigefinger an, worauf der Schnarcher diesmal ohne das „püüüh“ am Ende auskommen muss. Stattdessen ertönt ein „diff-diff-diff-diff-diff“ und die Flügel flattern im Takt. Das Kugelbäuchlein erzittert und gleich darauf schlägt der kleine Engel zwei große runde Augen auf. „Wo bin ich? Wo sind die anderen? Und wer bist du?“, fragt es erstaunt und kein bisschen ängstlich. Warum sollte er auch vor einem Wesen, das dreimal kleiner ist als er, auch Angst haben. „Viel zu viele Fragen, die dich plagen“, schüttelt der Zwerg den Kopf, „mein Name ist Badalrur, der einzige in Wald und Flur.“
„Mein Name ist Oskar.“ „Oskar, wie wunderbar!“ Das Engelchen nickt. „Nach meinem Großvater mütterlicherseits und weil ich ihm so ähnlich bin“, sagt er dann und zeigt lachend mit den Händen auf sein stattliches Bäuchlein. „Unsere Engelklasse 4 hat einen Ausflug in die Weihnachtsfabrik gemacht. In der Abteilung Weihnachtssüßigkeiten konnte ich nicht widerstehen. Nougatkugeln, mmh, Marzipanpralinen, l e c k e r, und dann all die anderen süßen Köstlichkeiten“, schwärmt Oskar, „anschließend habe ich mir ein schönes Plätzchen für ein Nickerchen gesucht und diese Stelle hier gefunden.“ Oskar strahlt über das ganze Gesicht. „Und nach dem Mittagessen, hat man dich wohl vergessen“, meint der Zwerg. „Ich denke, ich werde eher vermisst“, überlegt Oskar. „Dann komm mal mit, du kleiner Engel, sonst schimpft man dich am Ende womöglich noch einen Bengel. Wir gehen gemeinsam das letzte Stück in die Weihnachtsfabrik zurück.“ „Oh, das ist sehr nett von dir, sonst hätte ich mich vielleicht auch noch im Wald verlaufen“, bedankt sich Oskar. „Hätt ich dich vielleicht nicht wecken sollen? Man könnte dich auch rollen“, zwinkert Badalrur seinem neuen Freund zu. „Nur keine Umstände“, lacht Oskar, „ich bin zwar kugelrund, aber kerngesund. Drum geh ich nun mit raschem Schritt mit meinem lieben Finder mit.“
Seit Schutzengel Oskar seinen Dienst mit Engel Anton getauscht hat, weil der zum Oberschutzengel befördert wurde, hat er es – wie er meint - furchtbar schwer. Das liegt zum einem an seinem Schützling Malte und zum anderen an Oskar selbst, der nicht nur das Essen, sondern auch die Ruhe und Gemütlichkeit liebt. Auf Wolke 9 ist unser Engel für seinen Kugelbauch und seine Freude an himmlischen Köstlichkeiten bekannt. Und nun ist er für einen sportbegeisterten Hans Guck-in-die-Luft verantwortlich,der jeden Morgen eine Stunde lang durch Feld, Wald und Wiesen läuft.Was heißt hier läuft – „laufen“ hört sich ja noch gemütlich an - Malte rast durch den Stadtpark, am alten Stadtgraben entlang, vorbei an Bauer Fritjofs Acker und über die Bundesstraße zurück zu seiner Wohnung. Bei Wind und Wetter ist er unterwegs. Pünktlich 6:00 Uhr klingelt sein Wecker und exakt 6:15 Uhr verlässt er joggend das Haus. Nicht einmal am heiligen Sonntag, gönnt er seinem beleibten Schutzengel eine Pause. Das Joggen allein ist nicht unbedingt das Problem. Doch Malte vergisst beim Laufen jegliches Gefühl für Zeit und Raum, schlimmer noch: für jede Art der Gefahr. Und so hat sein Schutzengel alle Hände voll tun, den jungen Mann vor bissigen Hunden, rücksichtslosen Autofahrern und gedankenlosen Radlern zu schützen. Das heißt, oft genug muss er die anderen auch vor Malte schützen, der durch das Leben läuft, als wäre er allein auf dieser Welt. „Du hast ihn zu sehr verwöhnt!“, beschwert sich Schutzengel Oskar beim Oberschutzengel Anton, „Soll er doch mal von Frau Maiers Zwergpinscher ins Bein gezwickt werden. Dann würde er vielleicht merken, dass der kleine Hund Angst vor seinen hektischen Bewegungen hat.“ „Oskar, wie redest du denn? So kannst aber lange auf eine Beförderung warten.“ „Ach, geh fort mit der Beförderung, einmal in Ruhe frühstücken möcht’ ich, anstatt in aller Herrgottsfrühe bei Wind und Wetter meinen Kugelbauch durch die Lüfte zu schwingen. Du weißt ja nicht, wie anstrengend es ist, bei meinem Gewicht immer schneller als der Schall zu sein.“ „Nö, das ist wohl wahr. Aber ich könnte mir vorstellen, wenn die Masse erst einmal in Bewegung kommt …“, beginnt Oberschutzengel Anton und erntet dafür einen bitterbösen Blick. „Entweder Malte fängt endlich an, auf sich und andere zu achten …“, wettert Oskar. „ … oder du nimmst ein paar Pfunde ab, dann fällt dir auch das Fliegen leichter!“, beendet Anton den Satz mit einem Augenzwinkern.
Ein paar Tage vor dem Weihnachtsfest ist Malte wieder auf seiner morgendlichen Joggingtour durch den Stadtpark. Schutzengel Oskar, ganz in Gedanken an frische Wolkensemmel und Milchstraßenkaffee, sichert Maltes Weg zu allen Seiten hin ab.
An diesem Morgen hat Oskar wenig zu tun. Die Schulkinder haben schon Ferien und rasen nicht mit ihren Rädern über die Wege, auch die Hunde und ihre Besitzer scheinen noch in den warmen Federn zu liegen. Auf einmal bremst Malte mitten im Lauf ab und bleibt stehen. Oskar hat Mühe die Kurve zu kriegen, als er bemerkt, dass Malte stehen geblieben ist. „Herrschaftszeiten noch einmal, was hat er denn?“, denkt Oskar verärgert. Im Geiste sieht er sich schon zu spät zum zweiten Frühstück kommen, Puffwölkchen mit Eissahne, sein Lieblingsgericht! „Nanu, da war doch ein Geräusch?“, hört er Malte sagen, „da war doch ein Fiepen, dort im Gebüsch?“ „Redet der mit mir? Der weiß doch gar nicht, dass ich da bin“, schnauft Oskar noch völlig außer Atem. Doch plötzlich hört er es auch: ein Fiepen und Jaulen, wie das eines jungen Hundes. Er sieht wie Malte hinter dem Gebüsch verschwindet und mit einem Mischlingswelpen auf dem Arm wieder auftaucht. „Da schau her, den hat doch einer ausgesetzt und das bei dieser Kälte! Na, der Schutzengel, der da nicht aufgepasst hat, kann etwas erleben!“ Oskar ist empört, aber gleichzeitig merkt er, dass sich etwas verändert hat: Wo ist Malte? Oh nein, nicht dass er sich jetzt auch noch entscheiden muss, wen er beschützen soll. Doch seine Sorge löst sich schnell in Luft auf, als er sieht, dass Malte mit dem kleinen Hund auf dem Heimweg ist. „Eigentlich sollte ich dem anderen Schutzengel dankbar sein, denn vielleicht haben sich da gerade zwei gefunden, die nun gegenseitig auf sich aufpassen“, denkt unser Schutzengel und zählt im Geiste schon die köstlichen Puffwölkchen, die oben auf Wolke 9 auf ihn warten.
„Heilige Mutter Gottes, Herr Pfarrer, der Jesus ist verschwunden!“ Völlig aufgeregt kommt die Gruber Hanni ins Pfarrhaus gelaufen. „Na, na Hanni, hast wohl mal wieder deine Brille nicht auf“, sagt der Herr Pfarrer. „Aber Hochwürden, wenn ich’s ihnen doch sag’, unser Jesus liegt nicht mehr in der Krippe! Kommens, schauens selbst nach!“ Die kleine Kirchengemeinde St. Michael im bayerischen Wald ist besonders stolz auf ihre über 400 Jahre alte Krippe, aus Holz, die sie jedes Jahr zur Weihnachtszeit in ihrer schönen Kirche aufstellt. Hastig streift sich der Pfarrer noch im Gehen seine Jacke über und läuft mit der Gruber Hanni in die Kirche, um sich die Bescherung anzusehen. Wobei Bescherung vielleicht nicht ganz das richtige Wort ist, denn schließlich ist ihnen etwas abhanden gekommen. Und der Herr Pfarrer spricht es beim Anblick der leeren Krippe aus: „Das Jesulein wurde gestohlen!“ Doch wer stiehlt schon eine einzige Krippenfigur, auch wenn sie die Hauptrolle spielt? Oder besser gesagt „spielte“, schließlich ist die Holzfigur weg. Zu diesem Ergebnis kommen alsbald auch der Herr Bürgermeister, der Herr Zeitungsredakteur, der Gastwirt Obererdinger und selbstverständlich auch die herbeigerufene Dorfpolizei, die durch den pfundigen Moser Anton würdig vertreten wird. Der beginnt sogleich mit der Spurensicherung „Wegtreten, Herrschaften, machens Platz für die Polizei!“ und der Zeugenvernehmung „Wer hat was g’sehn?“. „Geh’ Anton, wir sind doch mit dir zusammen gekommen, da können wir nix g’sehn ham“, sagt der Herr Bürgermeister und der Herr Redakteur nickt, „aber die Gruber Hanni hat g’merkt, das da was fehlt.“ „Aha, also Hanni, hast du etwas Auffälliges beobachtet?“ „Beim Heiligen Michael, nein, nix hab ich g’sehn, außer dass das Jesulein fehlt.“ Der Erzengel Michael ist der Schutzpatron und Namesgeber der kleinen Kirchengemeinde. Er hat einen Ehrenplatz als Heiligenfigur im Altarraum. „Ja, vielleicht hat der Michael was g’sehn“, feixt der Obererdinger. „Der Zeuge Michael möge dann mal vortreten!“ Mit dem kleinen Notizbuch in der einen und einem Stift in der anderen Hand schaut der Oberwachtmeister Moser wichtig über den Rand seiner Lesebrille in die Runde der anwesenden Herrschaften. „Na, wird’s bald. Ich rufe auf, den Zeugen Michael! Das Nichterscheinen auf polizeiliche Anordnung könnte man auch Schuldanerkenntnis deuten. Nach Paragraf 4712 bin ich ermächtigt, in so einem Fall von meinen Handschellen Gebrauch zu machen.“ Herrschte bis vor kurzem noch respektvolles Schweigen in der Kirche, lassen die nun ausbrechenden Lachsalven das Kirchenschiff erbeben. „Mensch Anton, wenn du dir da mal keinen Bruch hebst.“ Die nächste Lachsalve erschüttert das Kirchlein. „Ich seh schon die morgige Schlagzeile in der Zeitung ‚Erzengel wegen Jesusdiebstahl in Handschellen abgeführt’.“ „Meine Herrschaften, ich bitte Sie, dies ist ein Gotteshaus und nicht die Schankstube vom Obererdinger. Der Diebstahl unseres Herrn Jesulein ist wahrlich schon schlimm genug!“, empört sich nun doch der Herr Pfarrer, obwohl er sich ebenfalls sein Bäuchlein vor Lachen halten musste. Der Herr Oberwachtmeister Moser ringt sichtlich um Fassung, denn auch er hat mittlerweile gemerkt, dass er dem Obererdinger reichlich auf den Leim gegangen ist. Da schallt ein fröhliches „Grüß Gott“ in den ehrwürdigen Raum. „Ja, seids ihr die Hirten und die Heiligen Drei Könige aus dem Morgenland?“, fragt der Sepp, der Sohn und Geselle vom Tischler Franz und hält in der Hand ein großes Bündel. „Dann bin ich der Erzengel Gabriel, der wo euch verkünden tut, dass der Heiland vom Vater wieder gerichtet ist.“ Dabei schlägt er das Bündel auseinander und drückt dem verdutzten Herrn Pfarrer den frisch herausgeputzten Jesus in den Arm. „Ja, ja Herr Pfarrer, da habens wohl beim Blick in den Terminkalender ihre Brille vergessen!“, rutscht es der Gruber Hanni raus. „Eine schöne Bescherung ist das“, grummelt der Oberwachtmeister Moser, der sich erst einmal von diesem überaus wichtigen Polizeieinsatz beim Obererdinger erholen muss.
In der Weihnachtszeit helfen viele kleine Engel dem Christkind in der himmlischen Backstube. Da wird geknetet, gebacken und verziert, dass sich die Wolken unter der Last der vielen Köstlichkeiten biegen. Eines Tages ging der Planetenstaub für das herrlich rote Zuckerwerk zur Neige. Da bat das Christkind den Engel Neriel, er möge vom roten Planeten neuen Staub für die Zuckerbäckerei holen. Alsbald machte sich der Engel auf den Weg. Auf dem Planeten angekommen, suchte er den höchsten Berg des Himmelskörpers auf. Von dort hielt er Ausschau nach einem Krater, aus dem er den kostbaren Planetenstaub sammeln konnte. Nachdem Neriel einen Krater gefunden hatte, flog er mit seinem weißen Gewand viele Meter tief in die Senke hinab, um vom Boden nur den allerfeinsten Staub aufzunehmen. Wie er nun aus der Versenkung wieder auftauchte, waren seine Flügel und sein Gewand über und über mit rotem Planetenstaub bedeckt. Er flog zurück zur himmlischen Bäckerei und auf seinem Weg hinterließ im Himmelsblau rote Spuren. Als die Menschen am Abend in den Himmel blickten, leuchtete dieser in den schönsten roten Farben und sie nannten es Abendrot. Am nächsten Morgen fanden sie in ihren Häusern wohlschmeckende Plätzchen und erlesenes Zuckerwerk als Gaben des Himmels. Seit dieser Zeit glauben die Menschen, dass das Christkind im Himmel Plätzchen backt, wenn am Himmel das Abendrot leuchtet.
Weißt du, wie die Engel im Himmel ein Fest feiern? Sie putzen und fegen das Himmelszelt, dass es nur so blitzt und donnert. Mit dicken Regentropfen waschen sie es rein. Dann laden sie den Wind ein, dass er das Himmelszelt trocknen möge. Der helle Sonnenschein bringt Glanz hinein. Nun noch die Wölkchen schnell gepudert, im Wolkenschloss den Tisch gedeckt und alle Einladungen verteilt, damit sie alle kommen: der Vater im Himmel, die Mutter Erde, die liebe Sonne, der gütige Mond und der Wind, das himmlische Kind. Und nicht zu vergessen, alle Engel groß und klein sollen Gast an der himmlischen Tafel sein. Dann wird gefeiert und gelacht, mit vielen Spielen die Zeit verbracht. Und wenn es dunkel wird zur Nacht, dann leuchten die Sterne mal helle, mal sacht. Siehst du den Himmel im strahlenden Blau, dann weißt du ganz genau, jetzt feiern die Engel ein großes Fest, auf dem auch du eines Tages eingeladen bist.
Das Buch Tobit im Alten Testament der Bibel erzählt uns die Geschichte vom Engel Raphael und dem jungen Tobias. Tobit ist ein frommer und gesetzestreuer Jude, der in der Fremde seinen Landsleuten trotz königlichen Verbots hilft. Trotz all seiner Bemühungen für andere, ist er am Ende seines Lebens blind und arm. Da erinnert er sich daran, dass er vor vielen Jahren bei einem Verwandten ein kleines Vermögen hinterlegt hatte. Nun soll Tobias, sein Sohn, dieses Geld aus Medien holen. Der Vater gibt ihm den Rat, sich einen zuverlässigen Begleiter zu suchen, denn das Reisen zu dieser Zeit war gefährlich. Und tatsächlich findet Tobias einen jungen Mann, der den Weg und sogar den Verwandten kennt. Es ist der Engel Raphael, den Gott in Menschengestalt zu Tobit sandte, weil die Gebete des Blinden erhört hatte. Doch Raphael gibt sich nicht als Engel zu erkennen, stattdessen nennt er sich Asarja. Der alte Mann freut sich über den netten, jungen Mann aus gutem jüdischen Hause und wirbt ihn als Reisebegleiter für seinen Sohn an. So machen sich die beiden zusammen auf den langen beschwerlichen Weg. Eines Abends kommen sie am Fluss Tigris an, in dem Tobias seine müden Füße badet. Plötzlich taucht aus der Tiefe des Flusses ein riesiger Fisch auf, der versucht, den jungen Mann an einem Fuß ins Wasser zu ziehen. Tobias hat Angst und schreit um sein Leben, als der Engel ihm zuruft: “Greif zu und fang den Fisch!“. Und tatsächlich bringt Tobias die Kraft auf, den Fisch zu packen und an Land zu werfen. Raphael gibt Tobias den Rat, die Innereien des Fisches wie Galle, Leber und Herz gut aufzubewahren. Ein guter Rat, wie sich im Laufe der Geschichte bald herausstellen wird, denn mit dem Herzen und der Leber des Fisches gelingt es Tobias, eine junge Frau, Sara, von dunklen Mächten zu befreien. Fast wie in einem Märchen heiraten Sara und Tobias, jedoch auch nicht ganz ohne himmlischen Ratschlag. Zuverlässig wie Engel sind, erledigt Raphael auch den Auftrag, das Geld von dem Verwandten zu holen. Vor der Rückkehr zum alten Tobit wird vierzehn Tage lang Hochzeit gefeiert. Erst dann macht sich das junge Paar gemeinsam mit dem Engel auf den Heimweg. Kurz vor der Ankunft dort, hält Raphael einen weiteren Rat für Tobias bereit. Er möge mit ihm allein vorreisen, um Tobit auf die Ankunft Saras vorzubereiten. Und mehr noch, als Tobias und Raphael im Haus des alten Mannes ankommen, erinnert Raphael Tobias an die Fischgalle: „Ich weiß, dein Vater wird heute wieder sehen können. Reibe ihm die Fischgalle auf die Augen und er kann das Licht der Sonne sehen.“ Das Unglaubliche geschieht: Tobit erhält sein Augenlicht zurück. Erst jetzt, nach der glücklichen Heimkehr, gibt sich der Engel des Herrn zu erkennen: „Ich bin Raphael, einer der sieben Engel des Herrn. Alles geschah in seinem Auftrag. Gott meint es gut mit Euch! Lobt ihn und preist ihn euer Leben lang! Ihr dachtet, ich würde essen und trinken, doch das sah nur so aus, jetzt kehre ich in den Himmel zurück.“
Felix ist eigentlich ein sehr glücklicher Engel. Er hatte sich so gefreut. Heute Abend soll die Weihnachtsversammlung der Engel und der Weihnachtswichtel auf Wolke 24 stattfinden. Und nun, nun sitzt er hier in der Dunkelheit auf Wolke 88 und die Engeltränen fließen in Strömen.Weil Felix nachtblind ist, hat ihm Vesperugo, der Botschafterengel, streng verboten in der Dunkelheit zu fliegen. „Igittigitt, was ist denn das, was tropft denn hier“, ruft eine piepsige Stimme. Während sich das Glühwürmchen die Tränen aus den Flügeln schüttelt, sagt es „He, Kleiner, was machst du denn hier?“ „Ich, ich kann hier nicht wegfliegen, weil ich nachblind bin. Aber ich muss doch zur Weihnachtsversammlung auf Wolke 24.“ „Na, was machen wir denn da“, antwortet das Glühwürmchen und stößt einen schrillen, lang anhaltenden Pfiff aus. Innerhalb von drei Minuten war es rund um Wolke 88 taghell. So viele Glühwürmchen hatte Felix noch nie gesehen, und wie die leuchten können. „ Auf geht’s, wir leuchten dir den Weg zur Wolke 24, damit du noch pünktlich zur Weihnachtsversammlung kommst. Es wäre doch schade, wenn gerade du nicht dabei sein könntest!“
Es war einmal ein kleines Bengelchen, das hatte den lieben langen Tag nichts anderes im Sinn, als den Leuten in seinem Dorf das Leben schwer zu machen. Dem Bäcker versteckte es den Brotschieber, so dass alles Brot im Ofen verbrennen musste. Dem Müller warf es Steine ins Mahlwerk, das es beim Mahlen nur so krachte. Dem Schuster verdarb es das Leder mit Tinte, weshalb der gute Mann nicht ein Paar Schuhe daraus machen konnte. Die Leute im Dorf waren so verärgert, dass sie schon das Bengelchen samt seinerFamilie aus dem Dorf vertreiben wollten.Da passierte eines Tages beinahe ein großes Unglück. Als das Bengelchen die Netze des Fischers zerschneiden wollte, fiel es aus dem Boot ins kalte Wasser. Vor Schreck vergaß das Bengelchen zu atmen, beinahe wäre es untergegangen, wenn der Fischer nicht in der Nähe gewesen wäre und das Bengelchen mit seinem großen Fischerhaken aus dem Wasser gezogen hätte.
Schnell hauchte der Fischer dem armen Kind Leben ein und wickelte ihn in dicke Decken. Drei Tage lag das Bengelchen mit Schüttelfrost und Fieber im Bett. Im Schlaf erzählte es von einem Engel, der ihm erschienen war. Am vierten Tag schlug das Kind die Augen auf und konnte sich an gar nichts mehr erinnern. Zwar freuten sich die Leute, dass dem Bengelchen nichts Schlimmeres geschehen war, aber die drei Tage ohne Schabernack hatten ihnen auch gefallen. Doch als nun das Kind wieder gesund war und munter durch das Dorf sprang, blieben die Streiche aus. Stattdessen konnte man das Kindchen beim Backen, Mahlen, Schustern und Fischen sehen. Es half den Leuten, wo es nur konnte, gerade so wie ein Engelchen. Im Dorf sprach man noch viele Jahre vom Bengelchen, das zum Engelchen wurde und von dem wundersamen Engel, der es beschützt und wohlerzogen hatte.