Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte Ingelheim zum Volksstaat Hessen.
Von 1918 bis 1930 war Ingelheim französisch besetzt. Im Zusammenhang mit dem passiven Widerstand gegen die Ruhrbesetzung kam es 1923 zu zahlreichen Ausweisungen. Versuche, die Ingelheimer Gemeinden schon damals zu vereinigen, scheiterten an überaus starken lokalpatriotischen Gegensätzen.
Auch in den Ingelheimer Orten übernahmen 1933 die Nationalsozialisten die Macht, die demokratisch gewählten Bürgermeister von Ober- und Nieder-Ingelheim, Kitzinger und Dr. Rückert, wurden abgesetzt, jüdische Bürger diskriminiert und vor allem nach der Reichspogromnacht 1938, der die 1841 erbaute Ober-Ingelheimer Synagoge zum Opfer fiel, enteignet und in die Emigration getrieben. Während 1925 in beiden Ingelheim noch 130 Juden gelebt hatten, waren es zum 31. Dezember 1938 noch 76 und zum Jahresende 1939 noch 30 Personen. Die letzten verbliebenen jüdischen Familien wurden 1942 in Vernichtungslager deportiert; von ihnen kehrte eine einzige Person zurück.
Am 1. April 1939 entstand durch Erlass des hessischen Gauleiters Jakob Sprenger, aber auch nach Vorgesprächen mit den Ingelheimern, aus den bis dahin selbständigen Ortschaften Nieder-Ingelheim, Ober-Ingelheim, Frei-Weinheim und Sporkenheim die Stadt Ingelheim am Rhein. Diesen Zusammenschluss bestätigte nach der Nazizeit 1947 der neu gewählte, demokratische Stadtrat.
Während des Krieges wurde die Stadt nur von einzelnen verirrten Bomben getroffen und auch durch Kampfhandlungen nicht nennenswert zerstört, so dass sie ihrerseits eine große Anzahl Ausgebombter aus Mainz aufnehmen konnte. Ingelheim zählte 572 Gefallene und 98 Vermisste.
Am oder in der Nacht zum 16. März 1945 erreichten erste Meldungen über auf Ingelheim vorrückende alliierte Truppen die Stadt. Nach einer Besprechung des Volkssturmes in der Nacht zum 17. März fanden sich am darauffolgenden Tag an vielen Plätzen der Stadt Anschläge des Volkssturmkommandanten Hermann Berndes mit dem Aufruf die Waffen niederzulegen und an einem zentralen Sammelpunkt abzuliefern, um unnötige Opfer zu vermeiden. Bereits errichtete Panzerhindernisse ließ Berndes niederbringen. Er wurde daraufhin am 18. März durch ein Schnellgericht unter Major Kraffert, dem Kampfkommandanten der Stadt, standrechtlich abgeurteilt und auf dem Rathausplatz in Nieder-Ingelheim erhängt.
Am 20. März besetzten amerikanische Truppen der 90. US-Division, aus südlicher und südwestlicher Richtung kommend, fast kampflos die Stadt. Auf die Verteidigung der Stadt durch den Volkssturm wurde auf Grund des vorangegangen Aufrufes verzichtet. Gegen 15:00 Uhr setzten sich die Spitzen der Stadtverwaltung, der Polizei sowie der Kampfkommandant und Gefolge über den Rhein in Richtung Wiesbaden ab. Um 17:30 Uhr übergaben Stadtoberinspektor Friedrich Weitzel als Bevollmächtigter der Stadt sowie Wilhelm Fries als Dolmetscher Ingelheim an die amerikanischen Truppen.
Da Ingelheim zur französischen Besatzungszone gehören sollte, übernahmen am 10. Juni 1945 französische Besatzungstruppen die Kontrolle.
1946 konstituierte sich der erste frei gewählte Stadtrat nach dem Krieg. Zum ersten Bürgermeister der Stadt wurde Dr. Georg Rückert gewählt. Erster Beigeordneter wurde Wilhelm Fries, der Rückert in der Wahl zum Bürgermeister mit nur einer Stimme unterlegen war.
Die Gründung der neuen Universität in Mainz 1946 durch die Franzosen brachte Ingelheim den Zuzug einiger Professoren, die im stark zerstörten Mainz selbst keine Unterkunft finden konnten. So entwickelte sich im Ingelheim der Nachkriegszeit ein reges kulturelles Leben. Ingelheim gab sich 1947 eine Volkshochschule. Die Zuweisung vieler Flüchtlinge und Vertriebener machte einen verstärkten Wohnungsbau in Ingelheim nötig. Handel und Gewerbe profitierten davon, mehrere neue Wohn- und Gewerbegebiete entstanden, die Stadt wuchs weiter, auch durch zahlreiche Pendler zu den Arbeitsplätzen des Rhein-Main-Gebietes. Nachdem die bisherige „Höhere Bürgerschule“ 1946 unter französischem Einfluss zu einem Gymnasium ausgebaut worden war, musste auch für diese Schule ein neues Gebäude gesucht werden. So entstand ab 1960 das „Sebastian-Münster-Gymnasium“, zu dem noch weitere Schule kamen: 1972 eine neue Realschule, die „Kaiserpfalz-Realschule“, die Integrierte Gesamtschule „Kurt Schumacher“ sowie eine Berufsschule. Es entstanden ein Altersheim und ein Haus der Jugend; 1966 wurde ein Frei- und Hallenbad eingeweiht.
Im Verlauf der Kommunalreform wurde 1972 der Ort Groß-Winternheim im Selztal eingemeindet, dessen frühere Selbständigkeit heute noch ihren Ausdruck in einem eigenen Ortsvorsteher findet.
Ab 1984 wurden die Rheindeiche verbessert, um die Hochwasserbedrohung Frei-Weinheims zu verringern. 1982 wurde das neue zentrale Rathaus eingeweiht. Nach Errichtung der runden Kreisverwaltung in den Jahren 1994/95 wurde Ingelheim ab 1996 offiziell die Kreisstadt des Landkreises Mainz-Bingen.
Im Jahr 2004 waren 36 Prozent der evangelischen Konfession zugehörig, 34 Prozent waren katholisch, 24 Prozent konfessionslos und zu zwei Prozent gibt es keine Angaben.
Die sechs katholischen Pfarreien gehören innerhalb des Bistums Mainz zum Dekanat Bingen.
Die fünf evangelischen Pfarreien der EKHN gehören zur Propstei Mainz und innerhalb derer zum Dekanat Ingelheim.
Daneben gibt es in Ingelheim noch jeweils eine kleine baptistische, freireligiöse und islamische Gemeinde sowie eine Gemeinde der Zeugen Jehovas.
Bis 1942 bestand in Ingelheim eine jüdische Gemeinde, deren Entstehung in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurückgeht. Um 1850 lebten in Ober-Ingelheim etwa 200 jüdische Einwohner, 1933 in Ober- und Niederingelheim noch insgesamt 134 jüdische Personen. 1840/41 wurde eine im Blick auf die Architekturgeschichte bedeutende Synagoge erbaut (Einweihung am 27. August 1841, Schändung beim Novemberpogrom 1938). Zahlreiche jüdische Einwohner kamen nach den Deportationen in der NS-Zeit in den Vernichtungslagern ums Leben.
Bei der Oberbürgermeisterwahl vom 15. Juni 2003 erreichte keiner der Kandidaten die nötige Mehrheit:
1. Dr. Joachim Gerhard (CDU): 45,85% 2. Ralf Claus (SPD): 29,51% 3. Hans-Werner Klose (Liste Klose): 19,04% 4. Joachim Frey (Grüne): 5,60%
In der Stichwahl vom 29. Juni 2003 konnte Amtsinhaber Gerhard sich mit 52,76% gegenüber seinem Herausforderer Claus (47,24 %) durchsetzen.
Bürgermeister vor 1939
Nieder-Ingelheim - Weitzel um 1881 - Leonard Muntermann (DDP, 1912 - 7. April 1932)
Ober-Ingelheim - Dr. Georg Rückert (Februar 1932 - April 1933) - o Gaul (1933-)
(Ober-) Bürgermeister seit 1939
Bürgermeister seit 1946, Oberbürgermeister ab 1972
1939-1945: Franz Bambach (NSDAP) 15. April 1945 - 23. Juni 1945: Georg Schick 23. Juni 1945 - : Dr. iur. Georg Rückert (SP) 22. September 1946-1948: Dr. iur. Georg Rückert (SP) 1949 - 1. Oktober 1956: Dr. rer. pol. Heinz Brühne (SPD) 1957-1964: Heinz Kühn (Ingelheim) 1964-1965: Albert Saalwächter (Ingelheim) 1966-1972: Hans-Ulrich Oehlschlägel, BM (SPD) 1972-1975: Hans-Ulrich Oehlschlägel, OB (SPD) 1975-1995: Anno Vey (CDU) 1995- : Dr. Joachim Gerhard (CDU)
Autun, Frankreich, seit 19. Mai 1963 Stevenage, England, seit 28. September 1963 Berlin-Kreuzberg (Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg), seit 1971 San Pietro in Cariano, Italien, seit 1984 Limbach-Oberfrohna, seit 1990 Nysa, dt. Neisse, Polen, seit 2002
Am 24. Oktober 1975 wurde die Dreierpartnerschaft zwischen Ingelheim, Autun und Stevenage offiziell besiegelt.
Patenschaften
Airbus Ingelheim am Rhein D-ABJE, Boeing 737-530, SN 25310/2126
Die A 60 führt durch das Stadtgebiet und hat dort zwei Anschlussstellen. Die B 41 endet in Ingelheim. Die Autobahnen A 61 und A 63 liegen in unmittelbarer Nähe. Über die Autobahn ist der Flughafen Frankfurt in rund 30 Minuten zu erreichen. Der Flughafen Frankfurt-Hahn ist über die Bundesautobahnen A 60 und A 61 sowie die B 50 in rund 50 Minuten zu erreichen.
Ingelheim liegt an den Bahnstrecken Mainz-Bingen-Köln (Linke Rheinstrecke) und Saarbrücken-Mainz-Frankfurt. Zwischen Ingelheim-Nord und Oestrich-Winkel verkehrt eine Rheinfähre. Die Stadtteile sowie die umliegenden Gemeinden bedienen Buslinien der Omnibusverkehr Rhein-Nahe GmbH. Der Schienennahverkehr wird über den Rhein-Nahe-Nahverkehrsverbund bedient.
Von den 4987 Hektar Gemarkungsfläche werden 641 Hektar für Weinbau und 1373 Hektar für Ackerbau genutzt. Landwirtschaftlichen Hauptprodukte sind dementsprechend Sauerkirschen, Spargel und Wein. Obwohl die Stadt in einer vom Weißwein dominierten Region liegt, werden in Ingelheim am Rhein auf 54,9 Prozent der bestockten Rebfläche Rotweinsorten angebaut. Mit 641 Hektar bestockter Rebfläche ist die Stadt außerdem nach Worms (1.490 Hektar), Nierstein (783 Hektar), Alzey (769 Hektar), Westhofen (764 Hektar), Alsheim (704 Hektar) und Bechtheim (654 Hektar) größte Weinbaugemeinde Rheinhessens und eine der größten im gesamten Bundesland Rheinland-Pfalz.
Das Fachgebiet Gemüsebau der Forschungsanstalt Geisenheim betreibt in Ingelheim ein Spargelversuchsfeld. Die Forschungsergebnisse können im Internet eingesehen werden.
Ingelheim ist seit 1996 Sitz der Kreisverwaltung des Landkreises Mainz-Bingen
Bildung
Ingelheim beherbergt
drei Grundschulen (Präsident-Mohr-Grundschule, Theodor-Heuss-Grundschule, Brüder-Grimm-Grundschule) eine Grund- und Hauptschule (Pestalozzi-Grund- u. Hauptschule) eine Berufsbildende Schule, die BBS Ingelheim eine Schule für Lernbehinderte (Albert-Schweitzer-Sonderschule) eine Realschule, die Kaiserpfalz-Realschule eine Integrierte Gesamtschule "Kurt Schumacher" ein Gymnasium, das Sebastian-Münster-Gymnasium
Unter dem Dach des Weiterbildungszentrums Ingelheim arbeiten:
Volkshochschule, Fridtjof-Nansen-Akademie für politische Bildung, Musikschule und Jugendbildungswerk
Boehringer Ingelheim, Pharmaunternehmen Karl Gemünden, Bauunternehmung EA Phenomic, vormals Phenomic, Softwareentwickler Rheinhessische Energie- und Wasserversorgungs-GmbH Vereinigte Obst- und Gemüsemärkte (VOG), Europas größter Umschlagplatz für Sauerkirschen
In den Gemarkungen Nieder-Ingelheim und Frei-Weinheim, im wesentlichen nördlich der Autobahn entlang der Konrad-Adenauer-Straße, aber auch südlich der Autobahn - sogar innerhalb des Werksgeländes der Firma Boehringer Ingelheim - befinden sich Kalkflugsande. Ebenso befindet sich ein Vorkommen im Bereich der Griesmühle.
Diese Erdformationen stehen unter Naturschutz nach dem rheinland-pfälzischen Landespflegegesetz. Ihre Beschädigung, Beseitigung etc. gilt als unausgleichbarer Eingriff in Natur und Landschaft. Städtebauliche Nutzungen in Bereichen von Kalkflugsanden sind daher regelmäßig ausgeschlossen bzw. werden nur in ganz besonderen Ausnahmefällen genehmigt. Zwei solcher Ausnahmefälle waren der Bau der Konrad-Adenauer-Straße (von der Autobahnbrücke bis zur Rheinstraße) und der Bau der Kindertagesstätte an der Sporkenheimer Straße.
Die Stadt verfügt neben der karolingischen Pfalz über eine Reihe sehenswerter historischer Bauwerke.
Saalkirche (ev.), 997 als Kapelle St. Peter der Kaiserpfalz errichtet. Remigiuskirche (kath.) mit romanischem Türsturz am Turm. Burgkirche St. Michael mit Pestkreuz karolingische Wasserleitung Heidesheimer Tor Bismarckturm Ohrenbrückertor Uffhubtor Malakoffturm jüdischer Friedhof Alte Markthalle in Nieder-Ingelheim Ev. Kirche Groß-Winternheim, im Volksmund "Selztaldom".
Das Museum bei der Kaiserpfalz informiert in einer eigenen Abteilung über die nach 785 von Karl dem Großen in Ingelheim erbaute Kaiserpfalz. Präsentiert werden archäologische Kleinfunde, Objekte aus dem Bereich der Bauplastik sowie ein anschauliches Modell des einst imposanten Bauwerks. Reste der Kaiserpfalz sind in unmittelbarer Nähe des Museums zu besichtigen. Von europäischer Bedeutung ist der 1996 gefundene goldene Solidus, die bisher einzige gefundene Goldmünze mit dem Bildnis Karls des Großen