Seit 1972 jährliche Folk-Musikveranstaltung, das Eurofolkfestival Ingelheim auf dem Burgkirchen-Festgelände. Es gilt als eines der Nachfolgefestivals der berühmten Waldeck-Festivals. Ein Großteil der Besucher besteht aus Menschen der Hippiekultur und Jugendlichen aus der Umgebung wie auch aus ganz Deutschland. Die Besucherzahl variiert so zwischen 2000 bis 3000 Besuchern. Es findet meist zwischen Mitte Juni bis Mitte Juli statt und dauert immer von Freitag bis Sonntag. Vom Ingelheimer Eurofolkfestival aus wurde 1974/75 das OpenOhr Festival in Mainz gegründet.
Hafenfest auf der Jungau, alljährlich Anfang August.
Ingelheimer Rotweinfest auf dem Burgkirchen-Festgelände, findet alljährlich vom letzten Wochenende im September bis zum ersten Wochenende im Oktober statt.
Internationale Tage, alljährlich seit 1959.
Umsonst-und-drinnen, internationales Musikfestival für Nachwuchsgruppen.
Kinderfest der DPSG Ingelheim, alljährlich an Christi-Himmelfahrt seit 1969 auf der Jungau in Frei-Weinheim.
Entekerb, im Oktober in Frei-Weinheim.
Altstadtfest, 2 Wochenende im August veranstalted vom NCI
Sinfonieorchester des Weiterbildungszentrums Ingelheimer Konfettis ( Show und Gesangsgruppe ) Ingelheimer Kantorei Bläserchöre Ingelheim Carolus Magnus-Ingelheimer Kaiserpfalzbläser Telemann-Chor Ingelheim
Albert Gerhard de Roock (* 1787 in Zaltbommel (Holland); † 22. August 1867 in Ingelheim), am 8. August 1863 zum Ehrenbürger von Nieder-Ingelheim ernannt. Kommerzienrat Albert Boehringer (* 1861 in Stuttgart; † März 1939 in Ingelheim), 1921 zum Ehrenbürger von Nieder-Ingelheim ernannt. Albert Boehringer (* 7. Juni 1890 in Ingelheim; †) Am 7. Juli 1951 zum Ehrenbürger von Ingelheim ernannt Georg Rückert (* 8. November 1901; † 12. September 1990), Regierungspräsident i.R. und erster Nachkriegsbürgermeister von Ingelheim. Andreas Saalwächter (* 24. Oktober 1876 in Nieder-Ingelheim; † 10. August 1967 ebd.), Heimatkundler. Am 13. Oktober 1953 Ehrenbürger von Ingelheim. Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande. René Monrose, Bürgermeister von Autun. 1965 Ehrenbürger von Ingelheim. Marcel Lucotte (* 16. Januar 1922; †), Bürgermeister von Autun. Ehrenbürger von Ingelheim. Christian Rauch (* 1878; † 31. Januar 1976), Archäologe. Am 16. Dezember 1974 Ehrenbürger von Ingelheim. Brian Hall, ehemaliger Bürgermeister von Stevenage und Leader of the Council (Vorsitzender der Mehrheitsfraktion). Im September 2005 zum Ehrenbürger ernannt.
Söhne und Töchter der Stadt
Sebastian Münster (* 20. Januar 1488, † 26. Mai 1552), Wissenschaftler (Kosmograph, Hebraist), Freiherr Heinrich Joseph Dumont (* 8. Mai 1811, † 28. Dezember 1876), KuK-Oberst Carlo von Erlanger (* 5. September 1872, † 4. September 1904), Ornithologe und Forschungsreisender Philipp Dengel (* 15. Dezember 1888, † 28. März 1948), kommunistischer Politiker Hanns Niedecken-Gebhardt, Regisseur Frolinde Balser (* 1924), Wissenschaftlerin (Erwachsenenbildung), MdB 1976-80 Christian Schmitt-Engelstadt (* 1967), Organist Klaus Knopper (* 1968), der Entwickler der Linux-Distribution Knoppix. Markus Kreuz (* 1977), Fußballspieler
Weitere Persönlichkeiten
Karl der Große Ludwig der Fromme, starb 840 in der Ingelheimer Pfalz, die zu seinen häufigsten Aufenthaltsorten gehörte (zahlreiche Reichsversammlungen) Das Geschlecht derer von Ingelheim, u.a. Anselm Franz von Ingelheim, Erzbischof von Mainz Jean-Baptiste Kléber, während der Belagerung von Mainz 1794 Hauptquartier in Ingelheim Martin Mohr (* 1788 Warmsroth, † 1865 Ingelheim) Wilhelm Hermann Carl von Erlanger (* 27. März 1834 in Frankfurt am Main, † 17. April 1909 in Ingelheim) Eduard Douwes Dekker genannt Multatuli Irmgard von Opel (* 1907 in Rüsselsheim; † 20. Mai 1986 in Ingelheim) Richard von Weizsäcker, von 1962 bis 1966 geschäftsführender Gesellschafter von Boehringer Ingelheim Carsten Lenz (* 1970), Kirchenmusiker
Die Ohrenbrücke ist eine der ältesten Straßen in Ingelheim am Rhein.
Geschichte der Ohrenbrücke
1854 hat man im Bereich der Ohrenbrücker 30 Hockergräber aus der jüngeren Steinzeit gefunden. Diese Sieldlungsreste sind mit einem Alter von 6000 - 8000 Jahren die ältesten im Stadtgebiet von Ingelheim.
Über den Ursprung des Straßennamens gibt es verschiedene Theorien. Historiker vertreten den Standpunkt, dass die Bezeichnung Ohrenbrücke lediglich eine Verballhornung von „obere Brücke“ darstellt. Und so nimmt man an, dass zur Unterscheidung der vermeintlich von alters her vorhandenen beiden Selzbrücken vor der Altengasse und der Edelgasse die eine eben als „untere Brücke“, nämlich die vor der Altengasse an der ehemals Stoppelbein´schen Mühle, und die weiter oben vor der Edelgasse gelegene folglich als „obere Brücke“ bezeichnet wurden.
Ältere Bewohner der Ohrenbrücke vertreten dagegen die Meinung, dass es eine richtige Brücke erst seit der Jahrhundertwende an dieser Stelle gibt. Wie durch alte Fotos belegt, führte um 1900 die Edelgasse durch das Ohrenbrücker Tor und durchquerte als einziger Weg als Furt die Selz. Zwischen den südlichen Tortürmen des Ohrenbrücker Tores und dem Haupthaus des Bauernhofes Wolfgang Weitzel standen nämlich bis zum Jahre 1908 noch drei weitere uralte Gebäude aus der Bausubstanz des ehemals weiträumigen Klosters für adlige Töchter und der angrenzenden Herrenmühle Engelthal. Entlang der weitgestreckten Westseite von Kloster und Herrenmühle verlief der Mühlbach. Er mündete unmittelbar vor dem Ohrenbrücker Tor wieder in die Selz, von der er etwa 300 Meter weiter oben abgeleitet war. Wenige Meter vor der Mündung überspannte ihn eine gewölbte kleine Steinbrücke. Es war die einzige Steinbrücke im dortigen Bereich, und sie hatte mit der Selz nichts zu tun. Sie war mit Fuhrwerken nicht befahrbar.
Um von der Edelgasse aus die Straße Ohrenbrücke zu erreichen, passierte man zunächst das Tor, überquerte auf dem kleinen Steinbrücklein den Mühlbach, ging auf einem Fußpfad etwa 30 Meter nach Westen und benutzte dann einen etwa 10 Meter langen Fußgänger-Holzsteg über die Selz und man war in der Ohrenbrücke. Auf diesem Weg überquerten jahrhundertelang auch die mit Korn und Mehl beladenen Esel die Selz zur und von der Mühle. Und Kennzeichen des Esels sind nun einmal seine Ohren. Und das Geländer der Holzbrücke war hüben wie drüben an den Enden hochgezogen und über dem Durchgang vereint. Und so, wie sich an den Vorderseiten norddeutscher Holzgiebel zwei Pferdeköpfe kreuzten, so waren es hier bei der hölzernen Brücke zwei große Eselsohren.
In „Ober-Ingelheim“ schreibt Philipp Krämer, dass er selbst noch in seiner Jugend auf dem hölzernen Steg gesessen und dem damals noch vorhandenen und noch laufenden Mühlrad zugesehen habe. Die Holzbrücke sei abgerissen worden, als nach der Jahrhundertwende die erste steinerne Brücke an dieser Stelle über die Selz gebaut wurde. Zu keiner Zeit vorher gab es dort eine mit Fuhrfahrzeugen befahrbare Selzbrücke, also keine „obere Brücke“.
Die ältesten Hinweise auf den Straßennamen unterstreichen die Versionen Ohrenbrücke: In Verbindung mit der Jahreszahl 1381 stößt Philipp Krämer auf die Schreibweise „an der orenbruckir porten“. 1384 wird in einer Urkunde berichtet: „… von eymeHuse gelegen in der oren brocken“ (L. Baur: „Hessische Urkunden“). 1411 lautet die Bezeichnung „orenbrucke“ und Krämer stößt auf diesen Hinweis aus dem selben Jahr: „Zappin der murer, der einen Hof mit Garten an de obirnbrucker porthin bewohnte: der erste bekannte Hinweis also auf Obere Brücke.“ Aus dem Jahre 1423 stammt die Schreibweise „Obirbrucker Porte“ und aus 1432 „vor der Obernbrucker porten“.
Das veranlasst aber auch Philipp Krämer zu der Annahme, dass der Straßenname von „obere Brücke“ abgeleitet ist: „Der Name Obere-Brücke im Gegensatz zur unteren am Allegässer Tor dürfte eigentlich richtig sein“. 1465 lautet die Straßenbezeichnung wieder „in der ornbrucken“, 1593 „Ohrnbrucken“, 1597 „Ohrenbrück“ und schließlich ab 1656 nur noch „Ohrenbrücke“. Hinweise auf die angeblich namensgebenden Esel finden sich in diesen Belegen aber nicht.
Die Ohrenbrücker
Oben in der Edelgasse und unmittelbar dabei hatten Adelsfamilien wie die Grafen von Ingelheim, die Herren von Horneck, von Buseck, von Rodenstein, von Wallbrunn, von Sponheim, von Saulheim und andere mehr ihre Höfe. Die Höfe brauchten Personal. Also siedelte man es „über der Bach“ an, und das noch vor dem Bau der Ringmauer. So könnte die Ohrenbrücke als untere Verlängerung der Edelgasse jenseits der Selz entstanden sein. Die kleinen Häuschen der Geringsten standen später also außerhalb der Mauer und die Menschen, die darin wohnten, außerhalb der Gesellschaft. Und wenn fremden Fahrensleuten die Tore der Ringmauer verschlossen blieben, dann fanden sie immer noch Aufnahme in den dürftigen Herbergen „vor der Ohrenbrücke“. Und Spielleute, Gaukler, Händler und anderes fahrendes Volk hinterließen im Verlauf der Jahrhunderte hier unverkennbare Spuren in Form von Nachkommen. Drei Zigeunersippen hatten hier über viele Generationen hinweg ihr Standquartier. In der NS-Zeit wurden Mitglieder dieser Sippen in KZs gebracht.
Stets waren hier auch einige Kleinbürgerfamilien ansässig. Im 16. Jahrhundert wohnte der Junker Haberkorn mit seiner Familie hier. Mittelpunkt der Ohrenbrücke war jahrhunderte lang der Röhren-Laufbrunnen. Viele noch heute lebende Bewohner konnten hier an den Abenden das starke Arbeitspferd des Landwirts Karl Kopp und die kleinen Zigeunerpferde der Ohrenbrücker Landfahrer beim Tränken erleben. Frauen und Mädchen kamen mit Eimern und Kannen zum Brunnen und verweilten hier zu einem Schwätzchen. Am Brunnen war das – wie man heute sagen würde – Kommunikationszentrum der Ohrenbrückbewohner.
Mitte der 1920er Jahre platzte die Ohrenbrücke aus allen Nähten. Einige weitere wohnsitzlose Familien hatten sich dazwischengedrängt und auch der Wandertrieb in den Frühjahrsmonaten brachte keine spürbare Entlastung mehr. Da sah sich der Ober-Ingelheimer Bürgermeister Wilhelm Bauer zu einer außergewöhnlichen Maßnahme veranlasst. Die „Ingelheimer Zeitung“ berichtet darüber: „Notwohnungen. Ober-Ingelheim, 2. September 1926. Die Gemeinde Ober-Ingelheim hat bei der Direktion der Reichseisenbahn 3 Eisenbahnwagen für Wohnzwecke bestellt“. Und aus dem entsprechenden Ratsprotokoll gehr hervor, dass diese Wagen als Behelfswohnungen für 3 kinderreiche Familien bestimmt waren. Die Wagen wurden noch im Herbst 1926 zwischen dem Ohrenbrücker Tor und der Selzbrücke auf vorbereitete Sockel gestellt und an die Strom- und Wasserversorgung angeschlossen. Ein dreigeteiltes Freiluft-Plumpsklo war auf der Rückseite gezimmert worden. Rund 30 Menschen wohnten hier in äußerst primitiven Verhältnissen bis etwa 1938.
Ohrenbrücker Landfahrer
Bis zum Beginn der NS-Zeit gab es – sieht man von den 3 Eisenbahnwagen einmal ab – keinerlei Baracken oder Behelfswohnungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ohrenbrücke. Die eigentlichen Ohrenbrücker, das waren Menschen, die ihren Unterhalt bis dahin weitgehend selbst als Korbmacher, Kesselflicker, Scherenschleifer, Schausteller, Hausierer, Drehorgelleute und Altwarensammler verdienten. Man spannte sein Pferd ein und fuhr über Land. Oder man schnürte sein Bündel und zog zu Fuß umher. Und wo man auch hinkam, wurde man mühelos, vor allem am Dialekt, als „Oorebrigger“ erkannt. Ein paar Groschen oder auch Mark waren immer zu verdienen. Fürs Essen reichte das allemal. Die Obstbäume am Weg und ein zufällig in eine Schlinge geratener Hase steuerten ja auch noch etwas bei. Geschlafen wurde in Planwagen, in Heuhaufen oder in offenen Feldscheunen. So wurde über Jahrhunderte hinweg die Ohrenbrücke in ganz Rheinhessen und noch darüber hinaus bekannt.
Hinter der Ohrenbrücke
Sozialmaßnahmen der Stadtverwaltung haben das Sozialwohngebiet Hinter der Ohrenbrücke entstehen lassen. Hierfür wurden Baracken und Einfachwohnungen errichtet, in die auch die Bewohner der Nieder-Ingelheimer Hammelacker-Siedlung sozusagen umgesiedelt wurden. Ein Viertel ist entstanden mit Menschen der unteren sozialen Ebene und mit manchen negativen Begleiterscheinungen und Gefahren für die Bewohner selbst und für das Umfeld. Lange Zeit war die Ohrenbrücke verrufen, obwohl die eigentliche Oorebrigg nichts damit zu tun hatte. Dies betraf ausschließlich das Gebiet „Hinter der Ohrenbrücke“.
Seit dem Bau der Umgehungsstraße versucht die Stadt, da dieses Gebiet „Hinter der Ohrenbrücke“ jetzt Ortseinfahrt ist, durch Baumaßnahmen und erneute Umsiedlungen der dortigen Bevölkerung in die Heinrich Wieland-Straße nach Frei-Weinheim, das Negativimage zu verbessern. Das „Oerebrigger Brinnelche“ gibt es heute noch, gerade 2004 in Eigenleistung restauriert.
Der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim wurde 1885 von Albert Boehringer in Ingelheim am Rhein gegründet. Heute ist es das größte forschende Pharmaunternehmen in Deutschland und weltweit das größte, das sich noch ausschließlich in Familienbesitz befindet.
Das Unternehmen erzielte im Jahr 2007 bei einem Umsatz von 10.952 Millionen Euro einen Nettogewinn von 1812 Millionen Euro.
Das Kerngeschäft von Boehringer Ingelheim ist das Erforschen, Entwickeln, Herstellen und Vertreiben von Arzneimitteln.
Standorte
Weltweit arbeiten 38.400 Mitarbeiter in 137 Gesellschaften in 47 Ländern für den Konzern C.H. Boehringer Sohn (Dezember 2006). Am Standort Deutschland sind heute etwa 11.000 Mitarbeiter tätig. Die Konzernzentrale sowie die Pharmaherstellung und Produktion befinden sich in Ingelheim am Rhein.
Heute forscht Boehringer Ingelheim weltweit an den Standorten Biberach an der Riß, Ridgefield (Connecticut), Laval (Québec, Kanada) und Wien an innovativen Arzneimitteln für die Indikationen Erkrankung des zentralen Nervensystems, Erkrankungen der Atemwege, Stoffwechselkrankheiten, Virologie, Immunerkrankungen und Onkologie.
Geschichte
Christian Friedrich Boehringer eröffnete 1817 in Stuttgart eine Medikamentenhandlung, die - nebst einem chemischen Labor - im Jahr 1859 zum Pharmaunternehmen C. F. Boehringer & Söhne wurde. 1872 wurde das Unternehmen von seinem Sohn Christoph Heinrich Boehringer nach Mannheim verlegt. 1882 ging das Unternehmen auf dessen Sohn Ernst Boehringer über, der 1892 verstarb. Eigentümer von Boehringer Mannheim war nunmehr die Familie Engelhorn.
Ein weiterer Sohn von C. H. Boehringer, Albert Boehringer, hatte 1885 eine chemische Fabrik in Ingelheim am Rhein gegründet, die er 1892 in C. H. Boehringer Sohn umbenannte. Für ca. 70 Jahre gab es damit zwei Unternehmen namens Boehringer. Zur besseren Unterscheidbarkeit benannten sich die Unternehmen Anfang der 1960er Jahre um in Boehringer Mannheim und Boehringer Ingelheim.
1895 machte Boehringer Ingelheim die Entdeckung, dass Milchsäure mit Hilfe von Bakterien in großen Mengen hergestellt werden kann. 1924 entstand ein zweites Werk in Hamburg-Moorfleet. Die Hustenmittel Codyl-Sirup und Acedicon kamen Ende der 1920er Jahre auf den Markt. Die Herstellung von Lindan wird ab 1946 und 1951 in den Boehringer-Werken Ingelheim und Hamburg aufgenommen. 1946 kam der Produktionsstandort Dr. Karl Thomae GmbH in Biberach an der Riß hinzu. Dort wird bis heute erfolgreich geforscht. Am Standort Biberach arbeiten etwa 4.500 Mitarbeiter. 1952 kam es in Hamburg-Moorfleet zu einem schweren Unfall an dem 30 Arbeiter an einer Chlorakne erkrankten. Bei Thomae in Biberach nimmt das Biotechnikum als erster biotechnologischer Herstellungsbetrieb in Deutschland die Produktion auf. Im Dezember 1984 schließt Boehringer das Werk in Hamburg-Moorfleet. Bereits im Juni wurde die Produktion eingestellt, nachdem das Verwaltungsgericht Hamburg die Lagerung von dioxinhaltige Abfällen auf dem Betriebsgelände untersagte und auch die Umweltbehörde mehrere Auflagen machte. Statistische Untersuchungen weisen für die ehemalige Belegschaft der Firma C. H. Boehringer-Sohn im 1984 stillgelegten Werk Hamburg-Moorfleet ein im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöhtes Krebsrisiko aus. Wichtige Neueinführungen der letzten Jahre sind Spiriva® für chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD), Viramune® und Aptivus® gegen HIV, Mobec® gegen rheumatoide Arthritis und Sifrol® gegen die Parkinson-Krankheit und das Restless-Legs-Syndrom.
Pharmazieprodukte
Actilyse mit dem Wirkstoff Alteplase zur Behandlung von Herzinfarkt, Lungenembolie und Schlaganfall (siehe auch Thrombolyse) Adumbran mit dem Wirkstoff Oxazepam zur Behandlung von Angst- u. Spannungszuständen Aggrenox, Asasantin und Persantin mit den Wirkstoffen Dipyridamol und Acetylsalicylsäure zur Behandlung von Bluthochdruck Alna/Flomax mit dem Wirkstoff Tamsulosin hydrochlorid zur Behandlung von Prostataerkrankungen Antistax mit dem Wirkstoff Rotes Weinlaubextrakt AS 195 zur Behandlung der chronisch-venösen Insuffizienz (CVI) Aptivus mit dem Wirkstoff Tipranavir zur Behandlung von HIV-Infizierten Buscopan mit dem Wirkstoff Butylscopolaminiumbromid und Buscopan plus zusätzlich mit Paracetamol zur Behandlung von Krämpfen Berodual/Atrovent/Combivent mit dem Wirkstoffen Ipratropiumbromid (Atrovent; Combivent zusätzlich mit Salbutamol) und Fenoterol (Berotec) zur Behandlung von chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankungen und Asthma bronchiale Catapresan mit dem Wirkstoff Clonidin zur Behandlung von Bluthochdruck Cymbalta mit dem Wirkstoff Duloxetin zur Behandlung von Depression Dulcolax mit dem Wirkstoff Bisacodyl zur Behandlung von chronischer und akuter Obstipation Micardis mit dem Wirkstoff Telmisartan zur Behandlung der essentiellen Hypertonie Mobec mit dem Wirkstoff Meloxicam, ein nichtsteroidales Antirheumatikum zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis Sifrol mit dem Wirkstoff Pramipexol zur Behandlung von Parkinson und dem Restless-Legs-Syndrom. Spiriva mit dem Wirkstoff Tiotropium zur Behandlung der COPD Thomapyrin mit den Wirkstoffen Acetylsalicylsäure, Koffein und Paracetamol; schmerzstillend und fiebersenkend Viramune mit dem Wirkstoff Nevirapin zur Behandlung von HIV-Infektionen Yentreve mit dem Wirkstoff Duloxetin zur Behandlung der Belastungsinkontinenz; die Vertriebsrechte wurden am 15. Februar 2006 wieder an den originären Lizenzierungspartner Eli Lilly and Company, Indianapolis, USA zurückgegeben; ausschlaggebend waren die Zulassungsverzögerungen der FDA in den USA auf Grund nicht vorhandener Langzeitstudien.
Mikrosystemtechnik
Am Standort Dortmund entwickelt und produziert die Boehringer Ingelheim microParts GmbH Inhalationssysteme und Mikrosystemtechnik. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Systemen für die Arzneimittelzuführung über die Atemwege. Das innovative treibgasfrei-betriebene Vernebelungsgerät, das von Boehringer Ingelheim microParts entwickelt wurde, nennt sich Respimat® Soft Inhaler. Der Ausstoß des Wirkstoffnebels dauert ca. 1,5 Sekunden im Gegensatz zu 0,3 Sekunden bei anderen Vernebelungsgeräten. Diese 400%-ige Erhöhung der Nebeldauer garantiert u.a. eine bessere Wirkstoffverteilung in den Atemwegen.
Kritik
Im Zusammenhang der von Boehringer Ingelheim hergestellten AIDS-Medikamente wird dem Hersteller vorgeworfen, den Zugang zu diesen Medikamenten durch patentrechtliche Maßnahmen zu erschweren. So hat Boehringer Ingelheim z.B. in Indien einen Patentantrag auf den von ihnen entwickelten Wirkstoff gestellt - entsprechende Medikamente werden dort zur Zeit noch zum Viertel des von Boehringer Ingelheim verlangten Preises hergestellt. In Kenia drohte die Firma Apotheken und Medikamentengroßhändlern mit rechtlichen Schritten, sollten diese weiterhin das kostengünstigere indische Präparat importieren.
Das Unternehmen verweist darauf, dass keinerlei Lizenz- oder andere Gebühren erhoben werden und der Zugang zu kostengünstigen AIDS-Medikamenten so nicht behindert wird. Dieser Sachverhalt wurde mittlerweile auch von den Initiatoren der Kampagne bestätigt. Diese soll dennoch weitergeführt werden, da Boehringer Ingelheim nicht grundsätzlich auf das geistige Eigentum an seinem Wirkstoff verzichten möchte und so in der Zukunft vielleicht doch irgendwann Gebühren erheben könnte.
Laut einem Artikel des Nachrichtenmagazins Der Spiegel von 1991 lieferte Boehringer 1967 eine Menge von 720 Tonnen Trichlorphenolatlauge an das in Neuseeland ansässige Unternehmen Dow Watkins, einem Tochterunternehmen von Dow Chemical. Die Chemikalie diente zur Herstellung des im Vietnamkrieg in großem Umfang eingesetzten Herbizids Agent Orange.
Das Unternehmen plant seit Ende 2007, ein weltweit führendes Zentrum zur Erforschung von Tierimpfstoffen in Hannover in der Nähe der Tierärztlichen Hochschule anzusiedeln. In direkter Nachbarschaft, befindet sich neben der TiHo nur ein Wohnheim für Behinderte. Entgegen früherer Behauptungen stehen die Betreiber dem Impfstoffzentrum aber sehr offen gegenüber, da es sich um relativ ruhige Nachbarn handele. Bürger die 400 bis 500 Meter oder weiter von dem geplanten Komplex entfernt wohnen haben sich teilweise der durch die konservative WFH (Wir für Hannover) initiierten Bürgerinitiative "Gegen Massentierhaltung in Wohngebieten" angeschlossen
Rheinhessische Energie- und Wasserversorgungs-GmbH
Die Rheinhessische Energie- und Wasserversorgungs-GmbH kurz Rheinhessische stellt als Unternehmen mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung mit Sitz in Ingelheim am Rhein die Gas-, Wasser-, und Stromversorgung in Ingelheim und der Verbandsgemeinde Heidesheim zur Verfügung. Im Jahre 2004 verfügte das Unternehmen über 73 Mitarbeiter.
Anteile an der Rheinhessischen halten die Stadt Ingelheim zu 55,59%, die Thüga AG mit 37,05 % sowie die VG Heidesheim mit 7,36 %.
Geschichte
Die Rheinhessische entstand am 30. September 1954 mit einem Stammkapital von 600.000 DM als gemeinsame Neugründung durch die ehemaligen Stadtwerke Ingelheim und die rhenag Rheinische Energie AG in Köln.
Im ersten Jahr wurden bereits 471.000 m³ Wasser, 1.109.000 m³ Gas aus Eigenerzeugung und 5.911.000 kWh Strom geliefert. Die Eigengaserzeugung wurde 1955 eingestellt, als nach dem Bau einer neuen Versorgungsleitung der Empfang von Ferngas aus dem Ruhrgebiet möglich wurde. Durch Zukauf erwarb die Rheinhessische 1967 das Stromnetz in Heidesheim und ein Jahr darauf das Netz der zu dieser Zeit noch selbständigen Gemeinde Groß-Winternheim. 1993 wurde die Wasserversorgung der Verbandsgemeinde Heidesheim in die Rheinhessische eingegliedert. Im Gegenzug wurde diese 7,36 %-iger Anteilseigner.
Unter einer Pfalz (lat. palatium = Palast) versteht man die im Früh- und Hochmittelalter entstandenen Stützpunkte für den herumreisenden König. Der mittelalterliche König regierte nicht von einer Hauptstadt aus, sondern war möglichst immer „vor Ort“ um persönlichen Kontakt zu seinen Vasallen zu halten (Reisekönigtum).
Die Kaiserpfalz Ingelheim liegt im heutigen Nieder-Ingelheim, 15 km westlich von Mainz in der Flur "Im Saal" auf einem Hang mit weiter Aussicht auf die Rheinebene. Von den Gebäuden der Kaiserpfalz sind eindrucksvolle Reste bis heute oberirdisch erhalten. Der größere Teil der Anlage liegt als Fundament unter der Erde und erlaubt es aufgrund von archäologischen Grabungen, die Gesamtanlage zu rekonstruieren.
Forschungsgeschichte
Die ersten Untersuchungen im Pfalzgebiet fanden bereits Mitte des 19. Jahrhunderts statt: 1852 berichtete August von Cohausen von ersten kleineren Grabungen. 1888/89 schloss sich Paul Clemen mit Grabungen an. Der deutsche Verein für Kunstwissenschaft begann 1909 unter der Leitung von Christian Rauch mit systematischen Untersuchungen, die aber mit Ausbruch des ersten Weltkrieges eingestellt werden mussten. Rauch veröffentlichte jedoch noch Vorberichte zur Ausgrabung, nach denen 1931/32 ein Modell angefertigt wurde, das bis 1975 als Abbild einer typisch karolingischen Pfalz angesehen wurde. 1960 wurden die Grabungen unter der Leitung von Walter Sage mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft wieder aufgenommen. 1963 leitete Hermann Ament die Ausgrabungen. 1965 und 1968/70 fanden weitere archäologische Untersuchungen unter der Leitung von Uta Wengenroth-Weimann statt. Nach einem Gesamtplan dieser Grabungskampagne und Rekonstruktionszeichnungen von Walter Sage fertigte Konrad Weidemann 1975 ein weiteres Modell der Kaiserpfalz Ingelheim an. Seit 1995 gibt es wieder aktuelle Grabungen im Pfalzgebiet. Diese Untersuchungen zielen auf eine erneute Erfassung, Beschreibung und Datierung der einzelnen Gebäudeteile und der Gesamttopographie ab und brachten schon einige Funde zutage. Es konnte zum Beispiel eine Goldmünze und eine Riemenzunge aus der Zeit Karls des Großen , sowie eine hochmittelalterliche Warmluftheizung geborgen werden. Zudem wurden die neuesten Grabungsergebnisse genutzt, um im letzten Jahr ein neues Rekonstruktionsmodell der Pfalz Ingelheim zu schaffen, in das aktuelle Erkenntnisse eingeflossen sind.
Entwicklung der Kaiserpfalz Ingelheim
Geschichte Frühmittelalter
Der Pfalzbezirk liegt in Nieder-Ingelheim im Bereich der Flur "Im Saal". Hier lagen in fränkischer Zeit acht Hofgruppen mit zugehörigen Gräberfeldern, die sich im 8. Jahrhundert weitgehend in königlichem Besitz befanden.
In den Schriftquellen hören wir von Ingelheim aus dem Jahre 742/43, dass König Karlmann die Remigiuskirche in Nieder-Ingelheim mit 25 anderen Kirchen und Kapellen dem neu gegründeten Bistum Würzburg geschenkt habe. Dies ist die erste Erwähnung der Ingelheimer Remigiuskirche in den Quellen. Ingelheim lag zu dieser Zeit in einem Kerngebiet der fränkischen Herrschaft. Das zur Kirche gehörende Hofgut war als Königsgut für den König wichtig, da es ganz in der Nähe der wichtigen Stadt Mainz lag. Die Anwesenheit Karls des Großen in Ingelheim ist erstmals für den September 774 belegt. Er machte dort kurz Station auf dem Rückweg von seinem ersten Italienzug über Speyer und Lorsch. Ende des Jahres 787 verweilte er erneut in Ingelheim, diesmal jedoch weitaus länger. Er verbrachte hier Weihnachten und blieb auch über den Winter ohne Unterbrechung bis zur Jahresmitte 788. In diese Zeit fiel auch die große Reichsversammlung vom Juni 788, auf der Herzog Tassilo III. von Bayern wegen Hochverrats zum Tode verurteilt wurde (er wurde letztendlich von Karl dem Großen zu Klosterhaft begnadigt). Die Länge und die Bedeutung des Aufenthaltes durch das Feiern des Weihnachts- und Osterfestes und der hier stattgefundenen Reichsversammlung setzten das Vorhandensein repräsentativer Pfalzgebäude und eine ausreichende Versorgung der umliegenden Höfe voraus. Aus den Schriftquellen wissen wir, dass Karl der Große tatsächlich eine Pfalz in Ingelheim erbauen ließ, denn der Bau einer solchen wird von Einhard in seiner „Vita Karoli Magni“ in die Reihe der wichtigsten Bauleistungen Karls des Großen gestellt. Einhards Ausdrucksweise lässt darauf schließen, dass die Baumaßnahmen nicht vor 814 fertig gestellt waren. Nach seinem langen Aufenthalt im Jahre 787/88 wurde die Pfalz Ingelheim jedoch nicht mehr als Winterquartier genutzt. Im August 807 versammelte Karl der Große aber noch einmal seinen Hoftag in Ingelheim .
Von Ludwig dem Frommen wurde Ingelheim zwischen 817 und 840 nachweislich zehnmal besucht, meist im Sommer. Unter seinen Besuchen gab es fünf Reichsversammlungen und vier Gesandtschaftsempfänge. Eine in Ingelheim vollzogene Reichsversammlung im Sommer 826 war ein Höhepunkt in der Regierungszeit Ludwigs. Bei dieser Veranstaltung war unter anderem der dänische König Harald anwesend, der sich bei diesem Anlass in St. Alban vor den Toren Mainz taufen ließ. Am 20. Juni 840 starb Ludwig der Fromme auf einer Ingelheim vorgelagerten Rheininsel.
Der aquitanische Mönch Ermoldus Nigellus beschreibt in einem seiner 826/828 abgefassten Lobgedicht über Ludwig den Frommen auch die Kaiserpfalz Ingelheim im Zusammenhang mit dem Bericht über die Taufe König Haralds 826. Ganz besonders ausführlich beschreibt er zwei Zyklen von Wandbildern der regia domus (Reichssaal) und einer aula dei (Kirche).
Die späten Karolinger sind insgesamt nur sieben Mal in der Ingelheimer Kaiserpfalz nachweisbar.
Architektur
Die merowingerzeitlichen Hofgruppen des 7. Jahrhunderts wurden zugunsten des Baus der Pfalz im letzten Viertel des 8. Jahrhunderts abgerissen. Der Kernbezirk der Pfalz war 145 m x 110 m groß und wurde auf einer Hangterrasse in drei Kilometern Entfernung zum südlichen Rheinufer angelegt. Bereits in karolingischer Zeit waren eine Königshalle (Aula regia) nach dem Vorbild antiker Basiliken und ein Halbkreisbau (Exedra) kennzeichnend für den Gesamtgrundriss der Pfalz. Die Form und Anordnung der Gebäude lässt einen geschlossenen Bauplan erkennen, der nach dem Ergebnis der archäologischen Grabungen jedoch nicht vor dem 10. Jahrhundert vollendet worden ist. Die Aula regia war ein einschiffiger Apsidensaal von 40,5 m x 16,5 m Größe mit einem Narthex vor dem Hauptzugang auf der Nordseite und seitlichen Portalen an Ost- und Westseite. Am südlichen Saalende kann man noch heute die Mauerreste der Thronapsis sehen. Zu den Resten der Innenausstattung zählen 3000 Fragmente des verschiedenfarbig bemalten Wandputzes und Bodenplatten aus Marmor und Porphyr, die man teilweise im Besucherzentrum und Museum bei der Kaiserpfalz besichtigen kann. Über der linken Eckquaderung der Apsis ist ein Kämpferstein in Originallage erhalten, der den Fußpunkt eines Triumphbogens über der Apsis bildete. Damit lässt sich die Traufhöhe der Aula regia auf 13 m rekonstruieren und die Firsthöhe auf 19 m. Der Halbkreisbau besaß einen Durchmesser von 89 m, war mindestens zweigeschossig und wies auf der Außenseite sechs Rundtürme auf, die zum Teil komplexe wasserführende Einrichtungen enthielten. Die Türme hatten aber auch eine wichtige repräsentative Funktion: Vermutlich hatte man insbesondere zum Ziel, das Aussehen der Pfalz von dieser Seite groß und städtisch wirken zu lassen. Der Halbkreisbau umspannt die ganze Breite der Pfalzbebauung. In der Architektur des frühen Mittelalters ist Ingelheim gemeinsam mit Samoussy /Frankreich das einzige Beispiel für einen halbkreisförmig gebogenen Gebäuderiegel. Das Innere war durch radial verlaufende Mauern in sechs oder sieben Säle gegliedert, die von einem Säulengang aus zugänglich waren. Im Scheitelpunkt des Halbkreisbaus befand sich zu karolingischer Zeit eine Toröffnung, das so genannte „Heidesheimer Tor“. Die Öffnung wurde von zwei kleineren Durchgängen flankiert. Diese führten in gewölbte Gänge, die dann in den Außentürmen auf der Außenseite des Halbkreisbaus endeten. Die beiden Durchgänge und die sich anschließenden Gänge sind noch heute zu sehen. An einer der Öffnungen befindet sich noch ein Sandsteinsturz in Originallage. Die karolingischen Türöffnungen sind heute Bestandteil eines Stücks der Wehrmauer, die jedoch erst in staufischer Zeit errichtet wurde. In karolingischer Zeit war die Pfalz noch nicht befestigt.
Nach West schlossen sich ein Saalbau und der lang gestreckte Nordflügel mit Säulenhof an. Hier wurde im Jahre 2004 bei einer Ausgrabung im Innern der Kernbebauung, nördlich der Saalkirche die karolingische Pfalzkirche entdeckt. Vorher war es unklar, welche Kirche zu karolingischer Zeit als Kapelle genutzt wurde (siehe Sakraltopographie der Kaiserpfalz Ingelheim).
Die Architektur der karolingischen Kaiserpfalz in Ingelheim ist durch antike Vorbilder geprägt, was sich an der Form einiger Hauptgebäude wie Aula regia, Exedra oder Trikonchos ablesen lässt. Auch der geschlossene Gesamtgrundriss und die Lagebezogenheit der Bauteile zueinander ähneln dem römischen Palast- und Villenbau.
Geschichte Hochmittelalter
Unter ottonischer Herrschaft wird Ingelheim wieder bevorzugt aufgesucht. Otto I. ist beispielsweise mindestens zehnmal in Ingelheim nachweisbar – so oft wie in Aachen. Im Juni 948 kam es in Ingelheim zu einer wichtigen Synode, die das Schisma am erzbischöflichen Stuhl von Reims klären sollte; die Synode fand allerdings nicht im engeren Pfalzareal statt, sondern in der Remigiuskirche, die sich westlich des Pfalzgebiets befindet. Weitere Reichssynoden fanden 958, 972, 980, 993 und 996 statt. In die kurze Regierungszeit Ottos II. fallen zwei Osterfeste (977 und 980) sowie eine Reichssynode (980) die in Ingelheim abgehalten wurden. Otto III. ist am häufigsten in Ingelheim nachweisbar. Auffällig ist hierbei die zeitgleiche Anwesenheit der Kaiserinnen Theophanu und Adelheid, die in der Phase seiner unselbständigen Regentschaft die Regierungsgeschäfte für den Kindkönig Otto III. führten. Die Bevorzugung der Pfalz lag vermutlich darin begründet, dass im benachbarten Mainz der Erzbischof Willigis residierte, welcher gleichzeitig der Onkel Ottos III. war und dessen Autorität und politischer Einfluss ihn zu einem der mächtigsten Großen des Reiches gemacht hatte. Nach 994, als Otto III. vierzehn Jahre alt war, wurde zeitgleich mit der Übernahme der Regierungsgeschäfte Aachen zu seiner bevorzugten Pfalz. In ottonischer Zeit wurde die Kaiserpfalz außerdem zur bevorzugten Osterpfalz. Das Osterfest in der Pfalz war für damalige Herrscher besonders von Bedeutung, da sie an diesem hohen kirchlichen Festtag ihre Macht und ihren Reichtum durch eine symbolische Festkrönung jedes Jahr erneut nach außen tragen konnten.
Während des 11. und Anfang des 12. Jahrhunderts fanden nach Angabe der literarischen Quellen nur vereinzelte Herrscheraufenthalte statt.
Architektur
Aufgrund der archäologischen Untersuchung von Baubefunden lässt sich eine Renovierung und ein leichter Ausbau der Pfalzanlage im 10. Jh. vermuten. Anhand der Untersuchung von erhaltenen Gerüstbalken im Bereich der Königshalle (Dendrochronologie) konnte eine Renovierung derselben in die zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts datiert werden. Östlich neben der Aula regia wurde die Saalkirche errichtet, eine einschiffige Kreuzkirche, deren Name sich nicht von der architektonischen Bauform ableitet, sondern von ihrem Standort in der Flur „Im Saal“. Die Kirche ist weitaus größer als ihre Vorgängerbauten (s. Die Sakraltopographie der Kaiserpfalz Ingelheim). Anders als bei anderen Kirchenbauten dieser Zeit liegt ihre Apsis nicht genau im Osten, sondern im Nordosten. So fügt sie sich perfekt in den karolingischen Bauplan ein.
Obwohl die nachgewiesene Verstärkung von Mauerwerk und das Ausheben eines Grabens auf leichte Fortifikationsmaßnahmen schließen lassen, bleibt zu dieser Zeit die Struktur und Ausdehnung der karolingischen Pfalzanlage erhalten.
Geschichte Spätmittelalter
Die Stauferkaiser sind insgesamt nur viermal in Ingelheim nachweisbar, allerdings ohne besonderen politischen Zusammenhang.
Friedrich I.Barbarossa war nachweislich nur ein einziges Mal in Ingelheim, und zwar bei einem Zusammentreffen mit Hildegard von Bingen im Jahr 1163. Nach ihrer Wiederherstellung und Befestigung diente die Pfalz hauptsächlich der Territorialpolitik und –sicherung. Ihre Bedeutung als zentraler Ort der Reichsverwaltung hatte sie bereits im 11. Jh. verloren. Danach gibt es lange Zeit keine schriftlichen Überlieferungen zur Kaiserpfalz, bis sich Karl IV. 1354 als letzter Herrscher hier aufhält. Dieser Aufenthalt Karls IV. wird durch eine Urkunde zur Gründung eines Augustinerchorherrenstifts bezeugt. Die Kanoniker übernehmen nun die Pfalzgebäude. Somit verliert die Pfalz auch faktisch ihre Bedeutung als Herrscherwohnsitz. 1375 wurde das gesamte Reichsterritorium Ingelheim durch Karl IV. an Kurpfalz verpfändet. Das Pfalzgebiet stand ebenso wie der gesamte „Ingelheimer Grund“ bis zur Französischen Revolution unter kurpfälzischer Herrschaft.
Architektur
n der Quelle „Gesta Frederici“ von Rahewin heißt es, der zweite Stauferkaiser Friedrich I. Barbarossa hätte die Pfalz Ingelheim ausgebaut und „aufs angemessenste wieder hergestellt“. Sicher ist jedoch nur, dass die Pfalz zur Stauferzeit befestigt wurde. Diese baulichen Entwicklungen sind sicher nicht nur an einer Person festzumachen, sondern waren langwierige Prozesse, die auch noch in jüngerer Zeit stattfanden. Das Gebiet „Im Saal“ wurde zu einer burgartigen Befestigung ausgebaut und damit in das staufische Verteidigungssystem im Westen des Reiches einbezogen. Im Bereich des Heidesheimer Tors bedeutet dies, dass der aus der Karolingerzeit stammende Halbkreisbau im Osten mit dem Heidesheimer Tor fortifikatorisch ausgebaut wurde: Das ursprüngliche Tor wurde zugemauert und die oberen Mauerwerksbereiche ganz abgebrochen und durch eine Wehrmauer ersetzt. Der gesamte Aufriss des Heidesheimer Tores wurde als Wehrmauer mit Zinnen und Schießscharten ausgebaut. Innen zog man einen Wehrgang ein. Die Außentürme wurden abgetragen. Die Saalkirche wurde zu dieser Zeit renoviert und erhielt an Chor, Vierung und Außenbau romanischen Bauschmuck. Die ursprüngliche Gebäudeanordnung blieb im Wesentlichen erhalten, die Anlage wurde jedoch nach Süd in der Grundfläche verdoppelt und mit einer Wehrmauer umgeben. Nach dem heutigen Forschungsstand ist noch nicht zu erkennen, ob innerhalb dieser Befestigung neue repräsentative Gebäude errichtet wurden oder ein Siedlungsareal befestigt wurde.
Die Sakraltopographie der Kaiserpfalz Ingelheim
Eine Pfalz setzte sich im Mittelalter aus Wirtschaftsgebäuden, Wohngebäuden und auch aus einer Pfalzkapelle zusammen. Christian Rauch, einer der ersten Ausgräber in Ingelheim, ging nach seinen Grabungen 1909-1914 davon aus, dass die Ingelheimer Saalkirche oder eine direkte Vorform dieser Kirche die karolingische Pfalzkirche darstellte. Seine Ergebnisse wurden bis in den Anfang der 1960er Jahre nicht angezweifelt. Doch bei neuerlichen Grabungen, unter anderem im Inneren der Saalkirche in den Jahren 1960/61 unter Walter Sage, wurden im untersten Fußboden der Kirche Scherben von so genannter Pingsdorfer Ware gefunden. So wird eine Keramikart bezeichnet, die erst ab ca. 900 hergestellt wurde. Somit mussten die Vermutungen Rauchs korrigiert werden: der Gründungsbau der Saalkirche konnte nicht in frühmittelalterlicher Zeit erbaut worden sein, sondern musste in das 10. Jh., die Zeit der Ottonen, datiert werden. Diese Ergebnisse warfen die Frage auf, wo denn nun tatsächlich der Standort des frühmittelalterlichen Sakralbaus der Pfalz zu suchen sei.
Im Zuge der Diskussion gab es auch Überlegungen, nach denen die Remigiuskirche die karolingische Pfalzkirche darstellen könnte. Aus Schriftquellen geht hervor, dass diese Kirche bereits im Jahr 742, zur Zeit der Karolinger, existierte. Jedoch liegt die Remigiuskirche nicht direkt im Pfalzgebiet, und die Lage einer Pfalzkapelle außerhalb des Hauptareals wäre für eine Pfalzarchitektur untypisch.
Im Jahr 2003/04 wurde unter der Leitung von Holger Grewe auf einer Freifläche nördlich der Saalkirche eine archäologische Ausgrabung durchgeführt, bei der letztendlich das Sakralzentrum der karolingischen Pfalz entdeckt wurde. Es wurden Reste von zwei Kirchen freigelegt, die dem Bau der Saalkirche im 10. Jh. vorausgingen.
Die touristische Erschließung der Kaiserpfalz Ingelheim
Das touristische Konzept
1998 wurde vom Stadtrat das mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe erarbeitete „Konzept zur Untersuchung, Erhaltung und touristischen Erschließung der Kaiserpfalz“ verabschiedet, welches seit 1999 umgesetzt wird. Es beinhaltet unter anderem die Repräsentation der drei Hauptperioden der Kaiserpfalz durch jeweils ein Bauteil: die „Pfalz der Karolinger“ durch die Aula regia, die „Pfalz der Ottonen“ durch die Saalkirche und die „Pfalz der Staufer“ durch das Heidesheimer Tor. Das Konzept verlangt zudem einen Verzicht auf bauliche Nachbauten und Rekonstruktionen, da diese Art der Maßnahmen aufgrund der Überlagerung verschiedener Phasen jahrhundertelanger Baugeschichte nicht möglich ist. Ein weiterer wichtiger Aspekt liegt in der dauerhaften Präsentation der Mauer- und Fundamentreste in Originallage die nach den fachlichen Vorgaben des Instituts für Steinkonservierung und der Generaldirektion Kulturelles Erbe vollzogen wird. Eine Kronenschicht zur dauerhaften Präsentation unter freiem Himmel wird durch ein Bleiband vom Originalmauerwerk abgesetzt. Um den Besuchern unterirdische Bauteile zugänglich zu machen, wird der rezente Stadtboden abgesenkt, so dass ein historisches Laufniveau erreicht werden kann. Treppen und Rampen werden in einem kontrastierenden Baumaterial zum Denkmal gewählt. Auch Informationsbereiche und –konsolen dürfen den Blick auf das Denkmal nicht verbauen und müssen sich durch Form und Platzierung abheben.
Die drei wichtigsten Denkmalbereiche
Der Präsentationsbereich der Aula regia ist der Schwerpunkt bei der Darstellung der karolingischen Pfalzanlage und wurde 2001 eröffnet. Die Baubefunde wurden freigelegt, konserviert und durch Informationstafeln denkmaltouristisch aufbereitet. In Vitrinen ist ausgewähltes Fundmaterial zu sehen, und an einer Informationswand befinden sich zwei Computerterminals, die neben weiterführenden Informationen auch eine virtuelle Rekonstruktion der karolingischen Thronhalle bieten. In der Saalkirche befindet sich die Dauerausstellung „Die Pfalz der Ottonen“. Auch hier kann sich der Besucher anhand von ausgestelltem Fundmaterial und zwei Computerterminals informieren. Von der Kirchendecke aus werden abwechselnd die Grundrisse der unterschiedlichen Sakralbauten der Kaiserpfalz auf den Kirchenboden projiziert. Im Jahr 2007 konnte ein weiterer Präsentationsbereich eröffnet werden: Anhand des Heidesheimer Tors wird die Pfalz zur Zeit der Staufer vorgestellt. Die Präsentation umfasst einen Außen- und einen Innenbereich. Außen wird den Besuchern durch vorherige Absenkung des Bodenniveaus auf historische Höhe und Konservierung der Befunde in ihrer Originallage das Denkmal ohne Rekonstruktionen näher gebracht. Im inneren Bereich, dem Präsentationshaus, werden historische Entwicklungen und Hintergründe erklärt.
Weitere Angebote für Besucher
Im April 2004 wurde in Ingelheim das neu eingerichtete Museum bei der Kaiserpfalz mit Besucherzentrum eröffnet. Neben der Goldmünze und der Riemenzunge die in Ingelheim gefunden wurden, kann man hier außerdem auch Marmor- und Porphyrreste betrachten, die einst die Mauern der karolingischen Kaiserpfalz schmückten.
Seit 2006 wird hier auch ein neues Modell der Kaiserpfalz ausgestellt, in das aktuelle Grabungsergebnisse eingeflossen sind.
Anhand eines computergestützten Informationssystems kann sich der Besucher vertiefend zur Kaiserpfalz informieren.
Ein weiteres Angebot für Besucher ist der beschilderte Rundweg, der zu den teils versteckt im Saalgebiet gelegenen Überresten der Pfalz führt. Ausgangspunkt ist entweder die Informationsstele am Beginn der Straße "Im Saal" östlich des Alten Rathauses oder das Besucherzentrum und Museum bei der Kaiserpfalz in der Alten Feuerwache. Die denkmalgerechte Erschließung der Kaiserpfalz wird durch 18 Rundweg-Stationen gewährleistet, an denen Besucher einzelne Informationstafeln anfinden können, die im Jahre 2006 runderneuert wurden. Ein Lageplan mit Standortmarkierung ist an jeder einzelnen Station wieder zu finden. Seit Mitte 2005 ist im Besucherzentrum außerdem eine ausführliche Informationsbroschüre zum "Historischen Rundweg" erhältlich, die gegen eine Schutzgebühr von 2,- Euro erworben werden kann.
Ein weiterer wichtiger Schritt in Bezug auf die touristische Erschließung der Kaiserpfalz Ingelheim konnte im April 2007 mit dem eGuide gemacht werden. Dies ist ein Informationssystem, das auf PDAs läuft, die sich der Besucher im Besucherzentrum und Museum vor Ort ausleihen kann. Die kleinen Computer sind GPS-fähig, so dass man sich im ehemaligen Pfalzgebiet entlang der Route des beschilderten Rundwegs orientieren kann und sowohl visuelle als auch auditive Informationen über den PDA zu den einzelnen Stationen abrufen kann.
Die Goldmünze mit dem Bildnis Karls des Großen ist bisher ein Unikat. Bei Ausgrabungen im Jahr 1996 wurde in Ingelheim diese Münze gefunden, die laut der umlaufenden Schrift Karl den Großen zeigt.
Sie wiegt 4,18 g, ihr Durchmesser beträgt 19,5 mm. Aufgrund des Gewichts der Goldmünze kann man auf einen Goldgehalt von ca. 91 % schließen. Auf der Vorderseite der Münze befindet sich zwar ein Kratzer, insgesamt wurde sie jedoch in einem sehr guten Zustand geborgen. Auf der Rückseite zeigt die Münze ein Stadttor mit der Aufschrift „Arelato“, was auf die französische Stadt Arles als Prägeort hinweist.
Die Vorderseite zeigt ein Herrscherporträt mit Lorbeerkranz und Kaisermantel , den Herrschaftszeichen der römischen Kaiserzeit. Die Titulatur (ergänzt: D(ominus) N(oster) KARLUS IMP(erator) AUG(ustus) REX F(rancorum) ET L(angobardum)) lässt auf die Identität Karls des Großen bei der dargestellten Figur schließen. Karl der Große wird als König der Franken und Langobarden und als Kaiser tituliert, was darauf hindeutet, dass die Münze nach Karls Kaiserkrönung im Jahre 800, aber vor dessen Tod 814 geprägt wurde.
Ob die Münze als Zahlungsmittel oder als Medaille verwandt wurde, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, doch scheint die Absicht der Darstellung Karls des Großen auf der Münze klar: Das Bild lässt die Figur mit Kaisertitulatur und Herrschaftszeichen wie einen römischen Kaiser erscheinen, weshalb man die Goldmünze in der Literatur auch als „Solidus“ bezeichnet. Die Ingelheimer Münze ist die einzige bekannte Goldmünze, die Karl den Großen als Kaiser zeigt. Man hätte in der Fachwelt auch nicht damit gerechnet, dass man überhaupt einmal eine Goldprägung aus dieser Zeit finden würde, da eine Münzreform durch Karl des Großen im Jahre 794 eine monometallische Silberwährung begründete. Der neue Reichsdenar aus Silber wurde zur einzigen Verkehrsmünze.
Deshalb ist die in Ingelheim gefundene Goldmünze auch Grund für Diskussionen, da es sie nach der Geldreform Karls des Großen gar nicht geben dürfte. In der Fachwelt wurden deshalb u.a. die Fragen aufgeworfen, ob die Goldmünze eine Fälschung ist oder ob sie posthum, also nachträglich geprägt sein könnte
Möglich wäre aber auch, dass Karl der Große mit der eigenen Geldreform brach, um von dem Exklusivrecht der Kaiser Gebrauch zu machen, Goldmünzen zu prägen. Denn die Prägung von Goldmünzen war ein aus der Antike überliefertes kaiserliches Vorrecht und zugleich ein Herrschaftszeichen.
Diese Besonderheiten machen die Münze zum bislang wichtigsten Fundstück aus der Kaiserpfalz Ingelheim.
Die Münze ist heute eine Dauerleihgabe des Landes Rheinland-Pfalz an das Museum bei der Kaiserpfalz in Ingelheim und kann dort besichtigt werden.
Die vorromanische evangelische Saalkirche ist die zweit- oder drittälteste Kirche in Ingelheim am Rhein.
Der Name leitet sich nicht von der Tatsache her, dass es sich um eine Saalkirche handelt, sondern vielmehr aus dem Standort der Kirche im „Saal“ genannten Gebiet des Stadtteiles Nieder-Ingelheim, in dem früher die Ingelheimer Kaiserpfalz stand.
Architektur
Die Kirche ist ein einschiffiger Bau in der Form eines lateinischen Kreuzes. Die Apsis wird im Norden und Süden flankiert von zwei schmalen Türmen. Der heutige Hauptturm entstand erst 1861. Die Kirche ist heute außen zweifarbig verputzt. Mit rotem Putz wird hierbei Baumasse aus ottonischer Zeit besonders hervorgehoben.
Durch die vergleichsweise hoch über dem Boden ansetzenden Rundbogenfenster, sowie die insgesamt leicht gedrungene Bauweise, vermittelt der Bau einen trutzigen Eindruck und deutet damit bereits die aufkommende romanische Bauweise an.
Bemerkenswert ist die Darstellung eines von einem Löwen geschlagenen Lammes am Kämpfer an der Südseite der Apsis.
Auffallend im Inneren sind die monumentalen Vierungsbögen. die die Vierung deutlich von Langhaus, Querhaus und Apsis absetzen.
Die drei Fenster der Apsis wurden 1963 durch Heinz Hindorf geschaffen. Sie zeigen von links nach rechts: Moses mit den Gesetzestafeln, Christus als Auferstandenen sowie Johannes den Täufer.
Geschichte
Die Ingelheimer Kaiserpfalz verfügte zwar über eine kleine Palastkapelle unter dem Patrozinium des heiligen Petrus, geistliches Zentrum war jedoch - zumal für hohe Feiertage oder die Synode von 948 - die nahegelegene Remigiuskirche.
Für lange Zeit wurde die heutige Kirche als identisch mit der zur Kaiserpfalz gehörenden Kapelle St. Peter betrachtet. Durch Funde von Pingsdorfer Keramik im Fußboden konnten Sage/Wengenroth-Weimann/Ament jedoch nachweisen, dass der heutige Bau nach 900, also unter ottonischer Herrschaft, entstanden sein muss.
Neueren Forschungen zufolge war der eigentliche Grund für den Bau einer repräsentativen Kirche im Gebiet der Kaiserpfalz die Ausprägung der so genannten Festkrönungen im 10. Jahrhundert. Für diese Veranstaltung wurden zwei Sakralbauten benötigt, woraus sich die Notwendigkeit eines Neubaus zwingend ergab.
Ihre heutige Form erhielt die Kirche in der Mitter des 12. Jahrhunderts unter Barbarossa.
Die Kaiserpfalz hatte den Zenit ihrer politischen Bedeutung bereits lange überschritten, als Karl IV. am 14. Januar 1345 im Saal das Karlsmünster genannte Augstiner-Chorherrenstift gründet, dessen Teil die Kirche ein Teil fortan ist. Diese Tatsache bewahrt die Kirche zunächst davor das Schicksal der umliegenden Gebäude zu teilen und als Steinbruch für die 1402 beginnende Besiedlung des Saals zu dienen. Im Zuge der Reformation wird jedoch 1576 das Stift aufgehoben und die Kirche als Gottesdienstraum aufgegeben. In einem Bericht aus dem Jahre 1638 heißt es, dass die Kirche bis auf den Chor und die Mauern des Querschiffs eingestürzt sei.
Nach dem Ende des pfälzischen Erbfolgekrieges wird 1705 der reformierten Gemeinde die Saalkirche als Gottesdienstraum zugewiesen, die sie ab 1707 wieder nutzt. Dem sich bis 1792 hinziehenden Wiederaufbau war jedoch kein Glück beschieden. Bereits 1794 wurde die Kirche von französischen Revolutionstruppen beschlagnahmt und diente als Pferdestall, Hospital und Gefängnis. Erst 1803 kann erneut mit der Renovierung begonnen werden und am 26. August 1804 fand der erste Gottesdienst nach den Wirren der Revolution statt.
Die vollständige Rekonstruktion der Kirche in ihren historischen Maßen - insbesondere die Wiedererrichtung des Langhauses - wurde erst 1965 vollbracht.
Orgel
Die Hauptorgel der Kirche wurde 1853 von Dreymann geschaffen. Umbauten erfolgten 1969 durch Kemper und 1985 durch Förster und Nikolaus. Der Spieltisch befindet sich in der Mitte des Hauptwerkes, so dass der Organist dem Gottesdienstraum den Rücken zuwendet.
Die katholische Pfarrkirche St. Remigius in Ingelheim reicht in ihren Anfängen bis in das 8. Jahrhundert zurück. Im Jahre 741/43 das erste Mal urkundlich erwähnt. Vermutlich besteht sie jedoch schon länger als Teil eines fränkischen Königshofes. Der Bau steht unter dem Schutz der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten.
Architektur
Das gesamte Grundstück ist bereits seit 1387 durch eine Mauer umfasst. Eine Gedenktafel am südlichen Eingang erinnert an Sebastian Münster, der 1489 unweit der Kirche im damaligen Heilig-Geist-Spital geboren wurde. Die heutige Kirche ist ein einschiffiger Saalbau aus dem Jahre 1739.
Turm
Der fünfgeschossige Turm wurde zwischen 1155 und 1160 durch Kaiser Barbarossa erbaut. Über dem Eingang befindet sich ein romanischer Türsturz, der ein Lamm Gottes zeigt. Dieser Türsturz ist, wie an den abgeschnittenen Kreuzen zu erkennen, ursprünglich nicht für diesen Platz gedacht gewesen. Von einem zweitern Turm ist lediglich das Fundament erhalten und es ist nicht anzunehmen, dass er jemals erbaut wurde.
Langhaus
Nördlich des Turmes schließt sich das 1739 durch Kaspar Valerius aus Heidelberg errichtete einschiffige Langhaus an. Die Längsseiten sind durch vier Rundbogenfenster unterbrochen und außen durch Pilasterlisenen gegliedert. An der Westseite spenden zwei Ellipsenfenster Licht für die Orgelempore. Auf dem Bogen am Übergang zum Chor ist die Jahreszahl 1739 sowie darüber in einem Medaillon eine Darstellung des hl. Remigiuszu sehen.
Der fünfeckige Chor ist zwei Stufen über das Langhaus erhoben und teilweise durch Überreste der alten Kommunionbank von diesem abgetrennt. An der Nordseite des Chores befindet sich ein Fresko mit Abendmahlsszene sowie eine Figur des heiligen Remigius von Reims. Gegenüber auf der Südseite findet sich ein weiteres Fresko mit dem Opfer Abrahams, eine Figur des heiligen Kilian sowie das Epitaph des Pfarrers Franz Joseph Förschter. Die Decke ist mit einer Dreifaltigkeitsdarstellung ausgestaltet.
Der 1775 durch Johann Jakob Junker geschaffene Hochaltar aus dem Rokoko zeigt in Sandstein eine Kreuzigungsszene. Links und rechts wird das Kreuz flankiert von Figuren der Maria sowie des Johannes. Zwischen Marienfigur und Kreuz eine kniende Maria Magdalena. Unter dem Kreuz ein Schädelrelief.
Aus dem gleichen Material wie der Hochaltar ist der 1721 geschaffenen Taufstein in Kelchform mit Kandelaberfuß.
Am nördlichen und südlichen Chorgenick befindet sich jeweils ein um 1745 entstandener Seitenaltar:
Im Norden ein frühbarocker Mutter-Gottes-Altar mit dem Relief einer Verkündigungsszene im Giebel sowie im Süden ein dem heiligen Nepomuk geweihter Seitenaltar mit Tabernakel und Relief einer Brückensturzszene im Giebel.
An die Tätigkeit der Jesuiten, die in der Nähe der Kirche ein Missionsgut unterhielten, erinnern die Figuren des hl. Franz Xaver sowie des hl. Aloysius unter der Orgelempore. Auf die Zugehörigkeit des gesamten Ingelheimer Gebietes zur Kurpfalz weist heute noch das kurpfälzische Wappen über der Südtür hin.
Anfang der 90er Jahre wurde das Innenschiff renoviert; die Deckengemälde folgten 2003.
Geschichte
Bereits zu fränkischer Zeit stand am Ort der heutigen Kirche ein erstes, dem heiligen Remigius geweihtes, Gotteshaus.
Die erste urkundliche Erwähnung der Kirche findet sich in einer Urkunde Kaiser Ludwigs aus dem Jahre 822. Hierin bestätigt er eine Schenkung Karlmanns aus dem Jahre 741 in der bestimmte Kirchen dem neu gegründeten Bistum Würzburg zugeschlagen werden. (…,et ecclesiam in villa Hengilonheim in honore sancti Remegii,…). In der Folge erhält die Kirche ein Patrozinium des Würzburger Bistumsheiligen Kilian.
Im Zuge der Errichtung der Kaiserpfalz wird die Kirche als Palastkapelle verwendet.
Im Juni 948 tagt in ecclesia beati Remigii die Universalsynode von Ingelheim unter Vorsitz des päpstlichen Kardinallegaten Marinus von Bomarzo, an der auch König Otto und Ludwig von Frankreich teilnehmen.
In den Jahrhunderten vor der Reformation bestand der Sprengel der Nieder-Ingelheimer Kirche aus der Kirche St. Nikolaus in Frei-Weinheim, der Kirche St. Margaretha in Sporkenheim sowie der Kapelle des 1535 aufgehobenen Klosters Ingelheimerhausen.
Laut Saalwächter gab es In der Pfarrkirche in diesem Zeitraum drei Altäre:
gelegen im Heilig-Geist-Spital, dem Geburtsort Sebastian Münsters, das von 1316 bis zu seiner Versteigerung am 14. August 1835 existierte.
Michaelskapelle ab 1336
In unmittelbarer Nähe zur Kirche gelegen und über dem Beinhaus der Kirche errichtet
Peterskapelle im Saal
Nicht zu verwechseln mit der alten Palastkapelle der Kaiserpfalz
Kreuzkapelle oder Kreuzkirche
Von 1497 bis 1565. Einige Teile aus der Abrissmasse wurden wahrscheinlich 1739 für den Bau der neuen Remigiuskirche verwendet.
Die letzte urkundliche Erwähnung des Kilianspatroziniums datiert aus dem Jahre 1486:
II viertel ackers am heydeßheimer wege gefor Schußhen und zu gibt ein halp punt olys der kirchen sant Kylian
Cujus regio, ejus religio
Im Zuge der Reformation wurde die Kilianskirche zwischen 1556 und 1565 von lutherischen Pfarrern betreut. Seit im Jahre 1565 durch Friedrich III. der reformierte Glaube eingeführt wurde, musste der lutherische Pfarrer einem reformierten weichen.
Im dreißigjährigen Krieg wurde den Katholiken 1626 erneut ihre alte Kirche übergeben, jedoch mussten bereits 1630, als schwedische Truppen das Gebiet besetzten, die katholischen Lehrer und Priester den Ort verlassen.
1705 wurden mit der kurfürstlichen Düsseldorfer Religionsdeklaration alle drei christlichen Bekenntnisse im Gebiet der Kurpfalz zugelassen. In der Folge erhielt die katholische Gemeinde die damalige St. Kilianskirche zurück, während die reformierte Gemeinde in den Besitz der heutigen Saalkirche kam.
Neubau
Als im Laufe der Jahrhunderte die Bedeutung Nieder-Ingelheims zurückgeht, wird auch die Kirche immer weiter vernachlässigt. Das Taufbuch vermerkt am 5. März 1739: Die Kirche war eine Ruine und mußte abgerissen werden. Bei diesem Abriss werden am 18. März zwei Arbeiter von einstürzenden Trümmern erschlagen. Bereits ein Jahr später, 1740, war die neue Kirche fertiggestellt und wurde dem heiligen Remigius geweiht. Die Weihe der neuen Kirche fand jedoch erst im Oktober 1767 durch den damaligen Mainzer Weihbischof Christoph Nebel statt. Der Mainzer Bischof Ludwig Maria Hugo gestattete den hl. Kilian als zweites Patrozinium.
Pfarrer seit 1300
1320 N.N. 1336 Diethmar von Herborn 1330-1355 Arnold von Ba(o?)benhausen sowie Nikolaus von Frankfurt als Geselle des vorgenannten pfarrers 1391-1398 Kraft von Eltville 1418-1427 N.N. 1438-1451 Johann Kannengießer 1457 Gerlach Frankenberg 1473-1474 Goar 1476-1479 Johann Beyerling/Beynling 1488-1518 Wiegand Pistor
In den Zeiten der Reformation waren zuerst lutherische, dann reformierte Pfarrer an der Kirche
1565 D. Petrus (luth.) 30. Juni 1565- Josias Stingel (ref.)
1521-1527 Philipp Malsenberg 1531-1536 Johann Bytzel 1540 Nicolaus Acker 1627-1628 Petrus Cuttolinus/Cutelinus vor 1693 Deppes/Doppes 1693-1702 Heinrich Dippel 1707-1718 C. W. Fischer (Landechant seit 1702) 1719 Caspar Croll 1724-1737 Erwin Johann Fabricius 1737-1740 Andreas Hammer († 18. Juli 1740), Erbauer der heutigen Kirche. 1740-1765 Johann Friedrich Franz Förschter 1765 Philipp Adam Graus 1776 Ludwig Riester 1803-1805 Heinrich Graf 1805-1820 Johann Adam Baumgarten, O.S.B. 1820-1833 Peter Anton Greipp 1833-1858 Adam Wagner bis 1898 Karl Alexander Cloßmann 1898-1901 Michael Jäger 1901-1914 Friedrich Waller 1914-1929 Franz Helbig 1929 Wilhelm Carl Weil
Gräber
innerhalb der Kirche
Andreas Hammer († 18. Juli 1740), Pfarrer. Erbauer der heutigen Kirche. Johann Friedrich Franz Förschter († 9. April 1765), Pfarrer. Anton Otto von Cloß
Die ungekennzeichneten Gräber dieser befinden sich im Chorraum.
Gerhard von Schrieck Maria Anna von D'Elvaz, Witwe des Gerhard von Schrieck Johann Leopold von Lorang, zweiter Ehemann der Maria Anna von D'Elvaz
außerhalb der Kirche
Pfr. Johann Erwin Fabricius († 1737), Erbauer der Kreuzigungsgruppe. Pfr. Karl Alexander Cloßmann (*1828 † 1898) Pfr. Friedrich Waller (* 26. Juni 1853 † 29. Oktober 1922) Pfr. Franz Helbig (*1873 † 1929) Pfr. Wilhelm Karl Weil (*1883 † 1962) Pfr. Heinrich Schuster (*1913 † 1980) Freiherr Heinrich Joseph du Mont von Monten, geb. Heinrich Joseph Dumont († 9. Dezember 1813), KuK-Oberst
Sehenswert
Kreuzigungsgruppe auf dem Kirchhof. Rest des spätgotischen Lettners mit Fischblasen-Maßwerk aus der 1739 abgerissenen Kirche. Eingelassen in die Ostmauer gegenüber dem Pfarrhaus