Das Kastell Niederbieber ist ein ehemaliges römisches Grenzkastell des Obergermanischen Limes, der seit 2005 den Status eines UNESCO-Weltkulturerbes besitzt. Das frühere Auxiliarkastell liegt heute als Bodendenkmal in einem Wohngebiet von Niederbieber, einem Stadtteil von Neuwied in Rheinland-Pfalz. Das Kastell Niederbieber zählt zu den größten, bedeutendsten und besterforschten römischen Militärlagern am Obergermanischen Limes.
Das Kastell Niederbieber befindet sich topographisch auf einer flachen Geländeerhebung östlich eines Bogens, den die Wied bildet, unmittelbar nachdem sie den Bereich des Westerwaldes verlassen hat und in das Neuwieder Becken eingetreten ist. Nach Osten und Süden hin wird diese Erhebung durch den Aubach begrenzt.
In antiker Zeit lag es unmittelbar hinter dem in nur rund 150 m nordöstlich das Lager passierenden Limes an einer Stelle, an der mehrere Wege von Nordwesten und Norden her in das Neuwieder Becken eintraten. Der Kastellbesatzung oblag vermutlich die Überwachung dieser Verkehrswege sowie des Tales der Wied. Darüber hinaus wurden vermutlich die Mannschaften für die Wachtürme und Kleinkastelle des nördlichsten Limesbereichs bis hinauf zum Kleinkastell Rheinbrohl von hier abkommandiert.
Im heutigen Ortsbild wird die Lage des Kastells ungefähr durch das Geviert beschrieben, das von den Straßen Burgstraße, Am Limes, Melsbacher Straße und Ringmauerstraße gebildet wird. Die Ringmauerstraße befindet sich allerdings noch ein Stück weit innerhalb des Lagers, dessen Prätorialfront (Vorderfront) rund 60 Meter weiter südlich parallel zu ihr verläuft.
Forschungsgeschichte
Bereits aus dem 17. Jahrhundert stammen die ersten Berichte über Ruinen und Funde von Inschriftensteinenim Gebiet um das damalige Dorf Niederbieber, dessen alte Gewannnamen, wie „Auf der Altenburg“ und „Auf der Ringmauer“ auf das das Kastell hinwiesen und zum Teil noch in den modernen Straßennamen erhalten sind.
Im 18. Jahrhundert entstand im Neuwieder Schloss der Grundstock einer ersten Antikensammlung mit Funden aus dem Kastell- und Vicusbereich von Niederbieber und im Jahre 1791 begannen auf Veranlassung der altertumsbegeisterten Fürstin Luise Wilhelmine zu Wied und unter der Leitung des Ingenieurhauptmannes Christoph F. Hoffmann planmäßige Ausgrabungen, die sich mit einigen Unterbrechungen zunächst bis 1829 hinzogen. In dieser Zeit erschienen auch die ersten Publikationender Befunde und des umfangreichen Fundmaterials, dessen schönsten und wertvollsten Stücke Einzug in die fürstliche Sammlung hielten.
In den folgenden Jahrzehnten kam es immer wieder zu vereinzelten Untersuchungen, bis ab 1894 die systematischen archäologischen Ausgrabungen – zunächst unter der Leitung von Constantin Koenen, später unter der von Emil Ritterling – wieder aufgenommen wurden. Diese Forschungen dauerten bis zu ihrer Unterbrechung durch den Ersten Weltkrieg an. Noch im ersten Kriegsjahr erschien die wegweisende Publikation der Niederbieber Keramik durch Franz Oelmann, einem der nach Hans Dragendorff und neben Robert Knorr bedeutendsten Systematiker römischer Keramik seiner Zeit.
Weitere umfangreiche Ausgrabungen wurden bedingt durch den massiven Abbau der örtlichen Bimsvorkommen und eine rege Bautätigkeit in dieser Zeit in den 1960er und 1970er Jahren erforderlich. Hatte bei den Forschungen des 19. Jahrhunderts noch das Kastell selbst im Vordergrund gestanden, so bildete nun das zivile Lagerdorf den Schwerpunkt der Untersuchungen, die durch das damalige Staatliche Amt für Vor- und Frühgeschichte in den Regierungsbezirken Koblenz und Montabaur unter der örtlichen Leitung von Hans Eiden vorgenommen wurden.
Insgesamt kam es in den gut sechs Jahrzehnten seit dem Zweiten Weltkrieg bis in die jüngste Vergangenheit zu den größten Zerstörungen der antiken Befunde überhaupt. Von Archäologenseite wurde das in ihren Augen rücksichtslose Vorgehen der Bauherren und das mangelnde Verständnis der örtlichen Behörden für wissenschaftliche Belange heftig kritisiert.
Kastell
Das Militärlager von Niederbieber wurde zur Regierungszeit des Kaisers Commodus (180-192), vermutlich um oder kurz nach 185 zur Verstärkung des unter germanischen Offensivdruck geratenen Obergermanischen Limes etwa zeitgleich mit dem südwestlich von ihm, auf dem Gebiet des heutigen Rhein-Lahn-Kreises gelegenen Kastell Holzhausen errichtet. Es trat an die Stelle des nur wenige Kilometer rheinwärts gelegenen Kastells Heddesdorf und war in der folgenden Jahrzehnten das größte, am stärksten befestigte und bedeutendste Auxiliarkastell des nördlichen Limesabschnitts. Mit seinen Abmessungen von 265,25 mal 198,5 Meter bedeckte es eine Fläche von 5,25 Hektar.
Umwehrung
Geschützt wurde das Lager von einer im aufgehenden Bereich zwischen 1,50 m und 1,60 m mächtigen Wehrmauer mit abgerundeten Ecken, vor der nach einer 5,50 m bis 6,50 m breiten Berme ein 1,50 m tiefer und zwischen 6,00 m und 6,50 m breiter Spitzgraben verlief. Vor dem Graben konnten die Spuren von weiteren Annäherungshindernissen, wie kleineren Gräben, Palisaden und Astverhauen festgestellt werden. Diese befanden sich auf einem etwa 100 m bis 150 m breiten unbebauten Streifen, der die Fortifikation von der Zivilsiedlung, dem Vicus, abtrennte.
Die Mauer selbst, deren Fundamentsstickung eine Mächtigkeit von bis zu 2,40 m erreichte, war an der Außenseite mit Mörtel verputzt, dessen Kalkanstrich mit roten Linien auf weißem Grund ein Quadermauerwerk vortäuschte. An ihren Ecken war die Mauer mit wuchtigen, vorspringenden Türmen versehen. Daneben gab es mindestens zehn massiv gemauerte Zwischentürme, die bei einer Breite von 3,25 m ebenfalls deutlich nach außen hin vorsprangen. Das Vorspringen ermöglichte eine umfassende Beherrschung des gesamten Lagervorfeldes bis zum Fuße der Mauer. Die Größe und Wuchtigkeit der Türme spricht dafür, dass ihre Plattformen möglicherweise für die Aufstellung von Katapulten vorgesehen waren. Hinter der Wehrmauer befand sich eine drei Meter hohe Wallaufschüttung, die in ihrem unteren Bereich zur Kastellinnenseite hin mittels Palisaden und Trockenmauern verstärkt war. Auf dem Wall selbst befand sich der Wehrgang.
Unterbrochen wurden die Mauer und der Verlauf des Grabens durch die üblichen vier Tore, die von ebenfalls vorspringenden Türmen flankiert waren. Bis auf die Porta Decumana (rückwärtiges Lagertor), die bei einer Gesamtweite von 14,80 m nur einen einzigen Torweg von drei Metern Breite aufweist, handelte es sich hierbei um Doppeltore mit jeweils zwei Torwegen, deren lichte Weite sich auch auf drei Meter belief. Mit seiner Porta Praetoria (Haupt- oder Ausfalltor) war das Kastell dem Limes abgewandt nach Süden hin ausgerichtet.
Innenbauten
Nach Abzug der gesamten Umwehrungs- und Toranlagen verblieb im Lagerinneren eine Nutzfläche von immerhin noch rund 40.000 m². Diese wurde durch die Via Praetoria (Ausfallstraße) und die Via Decumana (rückwärtige Lagerhauptstraße) in eine westliche und eine östliche Lagerhälfte gegliedert. Das südliche Drittel, die Praetentura (vorderer Lagerteil), wurde von der in west-östliche Richtung verlaufenden, die Porta Principalis Dextra (rechtes Seitentor) und die Porta Principalis Sinistra (linkes Seitentor) miteinander verbindenden und dabei die Vorderseite der Principia passierenden Via Principalis (Lagerhauptstraße) abgetrennt. Die Retentura (rückwärtiger Lagerteil) war in Niederbieber zusätzlich noch von einer weiteren, parallel zur Via Principalis verlaufenden Straße in zwei Teile untergliedert.
Der sich so herausbildende Mittelbereich des Kastells wurde von der zentralen Principia beherrscht. Darüber hinaus waren hier logistischen Zwecken dienende Bauten, wie das Horreum (Magazin, Getreidespeicher) und die Fabrica (Werkstätten), sowie das repräsentative Wohnhaus des Kommandanten, das Praetorium, angesiedelt. Die mit einer Vorhalle versehene, annähernd quadratische Principia nahm mit ihren Seitenlängen von 53,30 m mal 52,00 m eine Grundfläche von knapp 2.800 m² in Anspruch. Sie ordnete sich mit zwei Seitenfluchten, in denen sich unter anderem die Armamentariae (Waffenkammern) befanden, und einer rückwärtigen Raumflucht um einen Säulenhof. Die rückwärtige Raumflucht bestand aus insgesamt neun Räumen, deren mittlerer das mit einer Apsis versehene Aedes oder Sacellum (Fahnenheiligtum) war. Die anderen acht Räume dienten als Schreibstuben. Für einen Teil dieser Räumlichkeiten konnte Ritterling bei seinen Ausgrabungen noch die spärlichen Reste von Hypokaustanlagen nachweisen.
Von besonderer Wichtigkeit waren auch die Funde aus der Principia, lieferten sie doch Hinweise auf die das Kastell belegenden Einheiten. Besonders augenfällig war der schon 1826 beschriebene Fund eines nahezu vollständigen menschlichen Skelettes in dem unmittelbar östlich an das Fahnenheiligtum angrenzenden Raum. Im Fundzusammenhang standen Reste eines Signums, ein eiserner, mit Bronzeblech eingefasster Helm und eine Silberplatte mit einem Inschriftenfragment. Die Inschrift wies das Skelett als das des Signifers der Cohors VII Raetorum („7. Raeterkohorte“) aus, die vermutlich während der Ereignisse des Jahres 260 aus dem nahe gelegenen Kastell Niederberg (im Gebiet des heutigen Koblenz) hier hin gelangt und gemeinsam mit der Besatzung von Niederbieber untergegangen war.
Flankiert wurde die Principia von einem Horreum auf der westlichen und einer Fabrica auf der östlichen Seite. Beide Gebäude wiesen eine Innenfläche von je gut 650 m² auf. Das Horreum besaß einen auf Pfosten schwebenden Holzboden, der gemeinsam mit in den Außenmauern angebrachten Lüftungsschlitzen für eine zur Lagerung von Getreide und Hülsenfrüchten notwendige Luftzirkulation sorgte. Zudem wurde durch die angehobene Position des Bodens Kleinnagern der Zugang zu den Lebensmittelvorräten erschwert. Das andere Gebäude wurde als Fabrica angesprochen; sein Boden lag ebenerdig und die Befunde wiesen eine große Menge an Holzkohle und Eisenschlacke auf. Es war vermutlich zunächst auch als Horreum erbaut, später aber in eine Fabrica umgewandelt worden.
Westlich des Horreums befand sich das repräsentative und komfortable Wohngebäude des Kommandanten, das so genannte Praetorium. Seine Zimmer besaßen Estrichfußböden, die verputzten Wände waren zum Teil bunt bemalt. Einige der Räumlichkeiten waren mit Fußboden- und Wandheizungen versehen, darunter das geräumige, mehrgliedrige Bad. Angrenzende Abfallgruben mit den Funden von hochwertigem Trinkgeschirr und großen Mengen Austernschalen weisen auf den Lebensstil der Lagerkommandanten hin.
Die Mannschaften waren – wie die Pferde der teils berittenen Einheiten – in der Praetentura und im hintersten Drittel der Retentura untergebracht. Sie lebten zu jeweils acht Mann in einem zweiräumigen Contubernium (Stubengemeinschaft). Jeweils acht bis zehn solcher Contubernia befanden sich in den lang gestreckten Centuria, den in einfacher Fachwerkbauweise errichteten Mannschaftsbaracken. Die Hauptleute (Zenturionen oder Dekurionen) waren in etwas geräumigeren Unterkünften am Kopf der Baracke untergebracht. Im unmittelbaren Bereich der Mannschaftsbaracken lagen auch die Stabulum equile (Stallungen für die Pferde). Zwei der in Niederbieber freigelegten Gebäude wurden als Stallungen angesprochen, ein größeres für rund 80 Pferde und ein kleineres für etwa 30 bis 40 Tiere.
Kastellbad
In zweierlei Hinsicht eine Besonderheit stellt das große Kastellbad von Niederbieber dar. Es befand sich nicht – wie bei römischen Militärlagern eigentlich üblich - außerhalb des Lagers, sondern war in die Retentura integriert, innerhalb derer es sich unmittelbar östlich der Via Decumana und nördlich der Principia befand. Und es war besonders groß und aufwändig gestaltet. Es handelt sich bei dem Neubieberer Balineum um eine symmetrisch konzipierte Doppelanlage, die sich neben der west-östlichen Teilung über die Symmetrieachse noch in einen unbeheizten südlichen und einen beheizten nördlichen Teil gliederte. Über den im Süden gelegenen Eingangsbereich gelangte der Besucher zunächst in den unbeheizten Teil, der am ehesten einer Palaestra entsprach und der Ausübung gymnastischer und anderer sportlicher Aktivitäten diente. Erst daran schloss sich im Norden der eigentliche Badebereich an.
In diesen gelangte der Besucher über ein die Gesamtanlage scheinbar verjüngendes Apodyterium (Umkleideraum), auf das die üblichen Räumlichkeiten einer römisches Therme, Frigidarium (Kaltbaderaum), Tepidarium (Warmbaderaum) und Caldarium (Heißbaderaum) folgten, jeweils über die Symmetrieachse gespiegelt, doppelt vorhanden.
Beheizt wurde die Anlage mittels Hypokausten, die über insgesamt sieben Praefurnien (Feuerungsanlagen) an drei Seiten des eigentlichen Badekomplexes beheizt wurden. Die Wasserversorgung erfolgte vermutlich aus etwa 1,7 km nordöstlich entfernt liegenden, in der Nähe des nicht erhaltenen Limes-Wachturmes Wp 1/33 befindlichen Quellen. Von dieser Stelle aus, die sich rund 50 Höhenmeter oberhalb des Kastellniveaus befand, wurde das Trinkwasser über einen kleinen Durchbruch in der nördlichen Kastellmauer in das Lager geleitet. Spuren der ehemaligen Wasserleitungen konnten bei den Ausgrabungen von 1897 noch festgestellt werden. Die Entsorgung des Brauchwassers erfolgte über drei Kanäle, die schließlich zu einem Hauptkanal zusammengefasst das gesammelte Abwasser im Bereich der Porta Decumana aus dem Kastell leiteten.
Belegung und Geschichte
Das Kastell Niederbieber wurde, wie eingangs erwähnt, in der Regierungszeit des Commodus (180-192) zur Verstärkung des Obergermanischen Limes in seinem nördlichsten Abschnitt errichtet. Dieser war in den unruhigen außenpolitischen Jahrzehnten des Imperiums, die in der Regierungszeit des Mark Aurel (161-180) mit den Markomannenkriegen (166-180) ihren Anfang genommen hatten, mehr und mehr unter germanischen Druck geraten. Das Lager wurde vermutlich von Anfang an als gesonderte Kastellform für zwei Numeri („Einheiten“, Singular: Numerus) konzipiert, deren Mannschaftsstärke die der gewöhnlichen Numeri deutlich übertraf. Zwei in Niederbieber stationierte Einheiten sind durch Inschriftenfunde gesichert. Dabei handelt es sich um den Numerus Exploratorum Germanicorum Divitiensium („Germanische Aufklärungseinheit aus Deutz“) und einen Numerus Brittonum („Britische Einheit“).
Numeri der Brittonen kommen relativ häufig am Obergermanischen Limes vor. Sie wurden in ihrer britannischen Heimat aufgestellt und später in die Provinz Germania Superior abkommandiert, wo sie insbesondere im Bereich des Odenwaldlimes zum Einsatz kamen . Bei dem Numerus Exploratorum Germanicorum Divitiensium handelte es sich um eine teilberittene Spezialeinheit, die zu Aufklärungszwecken auch jenseits der Grenze eingesetzt wurde. Sie war möglicherweise zuerst im Raum Köln-Deutz stationiert gewesen oder von einer dort stationierten Truppe abgespalten und zu einer selbständigen Einheit gemacht worden. Ausweislich der Niedebieberer Befunde wurden beide Einheiten von einem gemeinsamen Kommandanten – vermutlich dem Praefectus der Exploratores – befehligt, blieben aber im Übrigen selbständige Truppenteile. Die gesamte Garnison dürfte vielfältige Aufgaben bei der Sicherung des nördlichen Limesabschnittes übernommen haben, die von der Gestellung der Mannschaften für die Limeswachtürme bis zur operativen Aufklärung des Limesvorlandes reichten. Die Kastellbesatzung erfüllte diese Aufgaben über einen Zeitraum von guten sieben Jahrzehnten, bevor sie entweder während einer fränkischen Offensive oder im Zusammenhang mit den Ereignisses um die Gründung des Gallischen Sonderreiches des Jahres 260 ein gewaltsames Ende fand.
Vicus
Rund um das Kastell befand sich der Vicus, die Zivilsiedlung, in der sich entlassene Militärs, Angehörige der Soldaten sowie Handwerker, Händler und Dienstleister niederließen. Der Vicus von Niederbieber begann im Anschluss an einen etwa 100 m bis 150 m breiten, unbebauten Streifen, der das gesamte Kastell umgab. Der weitläufigen Vicus erstreckte sich im Norden bis unmittelbar an den Limes heran und war sonst bis zu einer Tiefe von etwa 500 Metern gestaffelt. An seiner Nordost- und an seiner Südostseite war er von einem Umfassungsgraben begrenzt.
Innerhalb dieses Areals ließ sich keine systematische Anordnung der einzelnen Häuser ausmachen. Die Bauten waren nicht an Straßenzügen ausgerichtet, sondern standen in lockeren Baugruppen beieinander. Die lockere Bauweise spricht möglicherweise dafür, dass der Gartenbau für die Bewohner des Vicus eine gewisse Rolle spielte. Es dominierten die für einen Kastellvicus typischen Streifenhäuser mit ihrer langrechteckigen Form. Die vermutlich in Lehmfachwerkbauweise errichteten Gebäude waren zum Teil unterkellert, nur wenige waren mit einer Heizung versehen. Repräsentative Sakralbauten fehlten vollständig.
Limesverlauf zwischen dem Kastell Niederbieber und dem Kleinkastell Anhausen
Vom Kastellplatz Niederbieber bis zum nordöstlichen Rande des heutigen Ortes Oberbieber sind vom Limesverlauf im besiedelten oder landwirtschaftlich genutzten Gelände kaum noch Spuren wahrnehmbar. Erst ab dem Wingertsberg, auf dem sich die Rekonstruktion eines Wachturms befindet, bis zum Kleinkastell Anhausen, finden sich in überwiegend bewaldetem Terrain wieder einige Hinterlassenschaften des Limes.
Das Kastell Heddesdorf ist ein ehemaliges römisches Grenzkastell des Obergermanischen Limes, der seit 2005 den Status eines UNESCO-Weltkulturerbes besitzt. Das frühere Kohortenkastell liegt heute als Bodendenkmal in einem fast vollständig überbauten Bereich von Heddesdorf, einem Stadtteil von Neuwied im gleichnamigen Landkreis Neuwied in Rheinland-Pfalz.
Topographisch befindet sich das Kastellgelände auf dem Rücken eines flachen Hügels, der sich hier oberhalb einer Schleife der Wied erhebt und der zur Rheinseite, zur Wied und zum Westerwald hin abfällt, nach Südosten jedoch noch über etliche hundert Meter weiter ansteigt. Verkehrsgeographisch war dieser Punkt insofern von Bedeutung, als von ihm aus der parallel zum Wiedtal über eine römische Straße führende Verkehr von den Höhen des Westerwaldes zum Rhein überwacht werden konnte. Eine weitere römische Straßenverbindung führte vom Kastell aus in südöstliche Richtung zum nächsten benachbarten Militärplatz, dem Kastell Bendorf. Ferner war an dieser Stelle eine weit reichende Sicht über das Vorland des Westerwaldes vom Rhein bis zum Fuße des Gebirges gewährleistet. Noch in den Kriegen der Neuzeit wurde die herausragende strategische Position des Platzes militärisch genutzt. Von dem in nördlicher Richtung das Neuwieder Gebiet passierenden Limes und dem unmittelbar dort liegenden Kastell Niederbieber, welches das Heddesdorfer Lager ersetzte, ist die Garnison etwa 3,5 km entfernt.
Im heutigen Ortsbild wird die Lage des Kastells ungefähr durch das Geviert beschrieben, das von Beringstraße, Dierdorfer Straße, Tannenbergstraße und Wallstraße gebildet wird, wobei die Tannenbergstraße ein wenig weiter nordöstlich liegt als die ehemalige Prätorialfront (Vorderfront) des Lagers. Die Geschwister-Scholl-Straße entspricht zwischen Dierdorfer Straße und Wallstraße ziemlich exakt dem Verlauf der ehemaligen Via Principalis (das Kastell quer durchlaufende und die Principia (Kommandantur) passierende Lagerhauptstraße). Die Geschwister-Scholl-Schule liegt knapp außerhalb der Retentura (rückwärtiger Lagerteil) unmittelbar an der Stelle, an der sich einst das Kastellbad befunden hat.
Forschungsgeschichte
Durch die Häufung römischer Funde war Heddesdorf als wahrscheinlicher Standort einer römischen Ansiedlung schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts bekannt. Bereits zwischen 1791 und 1820 erfolgten dann die ersten Ausgrabungen, bei denen zahlreiche Mauerzüge freigelegt, sowie umfangreiches Fundmaterial geborgen werden konnte. Aufgrund des nahe gelegenen Kastells in Niederbieber schloss man die Existenz einer weiteren militärischen Präsenz in dieser Gegend aber zunächst aus und vermutete eher eine zivile Ansiedlung. Erst nachdem das Niederbieberer Militärlager auf die Zeit zwischen 185/190 und 260 datiert worden war wurde schließlich eine ältere Fortifikation in Heddesdorf für möglich gehalten und durch eine gezielte Grabung der Reichs-Limes-Kommission unter der örtlichen Leitung von Robert Bodewig im Sommer des Jahres 1898 auch definitiv nachgewiesen.
Weitere umfangreiche Ausgrabungen wurden bedingt durch eine rege Bautätigkeit in dieser Zeit in den 1960er und 1970er Jahren erforderlich. Hatte bei den Forschungen des 19. Jahrhunderts noch das Kastell selbst im Vordergrund gestanden, so bildete nun das zivile Lagerdorf den Schwerpunkt der Untersuchungen, die durch das damalige Staatliche Amt für Vor- und Frühgeschichte in den Regierungsbezirken Koblenz und Montabaur vorgenommen wurden.
Kastell
Bei dem Kastell Heddesdorf handelt es sich um ein Steinkastell mit den Seitenlängen von rund 160 mal 180 Meter, was einer Fläche von ungefähr 2,8 Hektar entspricht. Die Wehrmauer besaß die üblichen vier Tore, die von jeweils zwei Türmen flankiert waren. Die abgerundeten Ecken der Wehrmauer waren ebenfalls mit Wachtürmen versehen. Ferner gab es Zwischentürme, jeweils einen zwischen den Eck- und den Tortürmen, insgesamt also acht. Vor der Wehrmauer lag nach einer ein bis anderthalb Meter weiten Berme ein etwa acht Meter breiter und bis zu 2,65 Meter tiefer Graben als Annäherungshindernis. Mit seiner Prätorialfront war das Lager nach Nordosten, zum Limes hin ausgerichtet.
Im Inneren des Lagers konnten nur wenige Bereiche untersucht werden. Die wenigen hierbei festgestellten Befunde sind uneindeutig und lassen keine gesicherten Aussagen über die innere Struktur der Fortifikation zu.
Errichtet worden ist das Kastell ausweislich der Funde wohl in den 80er oder 90er Jahren des ersten nachchristlichen Jahrhunderts. Es wurde zunächst von der Cohors XXVI voluntarium civium Romanorum („26. Kohorte Freiwilliger römischen Bürgerrechts“), anschließend von der Cohors II Hispanorum equitata pia fidelis („2. Teilberittene Spanierkohorte mit den Ehrennamen die Fromme, die Treue“) belegt, erst also von einem reinen Infanterie-, dann von einem gemischten Infanterie-/Kavallerieverband von jeweils etwa 500 Mann Stärke. Um 185/190 wurde die Garnison durch das Kastell Niederbieber ersetzt. Ob und wie lange es über den Errichtungszeitpunkt des Nachfolgekastells hinaus möglicherweise noch Bestand hatte ist zum gegenwärtigen Stand der Forschungen ungeklärt. Der antike Name des Heddesdorfer Garnisonsortes ist nicht überliefert.
Kastellbad
Unmittelbar seitlich des Lagers, nur wenige Meter südöstlich der Porta Principalis Dextra (rechtes Lagertor) befand sich das Balineum, die bei jedem römischen Kastell anzutreffende Badeanlage. Die Thermen wurden im Regelfall, wie auch hier in Heddesdorf, außerhalb des rein militärischen Kastellbereichs errichtet und standen auch der Zivilbevölkerung des Vicus gegen eine geringe Gebühr zur Verfügung. Bei der Heddesdorfer Therme handelt es sich um ein Bad vom so genannten Reihentyp, bei dem die einzelnen Stationen des Badeablaufs der Reihe nach begangen werden konnten.
Der Besucher betrat das Bad und gelangte über eine große Vorhalle (Basilica thermarum, in der Zeichnung mit „X“ gekennzeichnet) in das Apodyterium (Umkleideraum, in der Zeichnung „A“). Von dort aus konnte er entweder durch einen Gang („G“) das Sudatorium (Schwitzbad, in der Abbildung „H“) oder das Frigidarium (Kaltbad, „B“ in der Zeichnung) aufsuchen, das eine Piscina (Wasserbecken) besaß. Über zwei Tepidarien (Laubaderäume, „C“) gelangte er schließlich in ein dreigliedriges Caldarium (Heißbaderaum, „D“), dessen mittlere Teil mit zwei Apsiden versehen war.
Über zwei Praefurnien (Feuerungsstellen „p“ und Heizraum „K“), jeweils seitlich des Caldariums und des Sudatoriums, wurde die Anlage beheizt. Im Caldarium, im Sudatorium und in einem der Tepidarien konnten Fußbodenheizungen nachgewiesen werden. Auch das im Baukomplex relativ nahe den Feuerungsstellen liegende und von zwei Seiten an beheizte Räume grenzende Apodyterium dürfte noch von einer gewissen Restwärme profitiert haben.
Die Funktion von drei peripheren Räumen (in der Abbildung mit „E“, „X“ und „Y“ gekennzeichnet) ist bislang unklar. Spärliche Mauerfragmente des Kastellbades befinden sich heute in der Pausenhalle der an dieser Stelle errichteten Geschwister-Scholl-Schule.
Vicus und Gräberfeld
Unmittelbar vor dem Kastell befand sich der Vicus, die Zivilsiedlung, in der sich ehemalige Soldaten, Angehörige von Militärs, Gastwirte, Händler, Handwerker und Dienstleister niederließen. Der Vicus von Heddesdorf konnte insbesondere östlich, südlich und südwestlich des Lagers in einer Breite von 400 bis 500 Metern nachgewiesen werden. Hier konnten zahlreiche Fundamente von Häusern, die teilweise unterkellert waren und aus Fachwerkkonstruktionen bestanden hatten, sowie weitere Siedlungsspuren (Brunnen, Gräben, Gruben, etc.) festgestellt, sowie umfangreiches Fundmaterial geborgen werden.
Durchquert wurde der Vicus von einer Straße, die an der Porta Principalis Dextra ihren Anfang nahm und von dort aus zur nächsten römischen Garnison, dem Kastell Bendorf führte. Am Ende des Siedlungsstreifens begannen zu beiden Seiten der Straße die weitläufigen Gräberfelder.
Befundsicherung und Fundverbleib
Das Gebiet des ehemaligen Kohortenkastells und seines Vicus ist heute dicht bebaut. Die Befunde, sofern sie nicht im Zuge der Baumaßnahmen zerstört wurden, sind oberirdisch nicht mehr sichtbar. Eine Ausnahme bilden lediglich ein paar Mauerfragmente, die in der Pausenhalle der Geschwister-Scholl-Schule besichtigt werden können. Große Teile des Fundmaterials aus Heddesdorf fanden Aufnahme im Rheinischen Landesmuseum Bonn und im Landesmuseum Koblenz auf der Festung Ehrenbreitstein.
Wülfersberg ist der Name eines ehemaligen Klosters der Prämonstratenser in Rheinland-Pfalz im Neuwieder Stadtteil Gladbach. Es wurde um das Jahr 1140 erbaut. Geblieben ist die sehenswerte Wülfersberg-Kapelle.
Geschichte
Für die frühen Prämonstratenserstiftungen anfang des 12. Jahrhunderts war es typisch, dass die Klöster als Doppelkloster gegründet worden waren. Darunter verstand man zumeist einen weiblichen und einen männlichen Konvent, die beide räumlich streng voneinander geschieden waren, jedoch in rechtlicher, wirtschaftlicher und geistiger Gemeinschaft lebten.
Das Kloster Wülfersberg befand sich nur in einigen hundert Metern Entfernung zum Mutterkloster Rommersdorf, das sich im heutigen Stadtteil Heimbach-Weis von Neuwied befindet. Das Kloster Wülfersberg war spätestens um 1140 erbaut worden. 1179 wurde die Gütertrennung zwischen der Mutterabtei Rommersdorf und Wülfersberg vollzogen. Nach zahlreichen Schenkungen konnte das Kloster etwa zur Mitte des 13. Jahrhunderts eine wirtschaftliche Eigenständigkeit erlangen.
Die Kirche die im Volksmund oft nur Peterskirche genannt wurde, war neben dem Hl. Petrus auch der Hl. Jungfrau Maria und dem Erzengel Michael geweiht. Die kriegerischen Wirren des Mittelalters und die damit verbunden Kosten, die teilweise nur durch den Verkauf der Güter gedeckt werden konnten, die als Existenzgrundlage galten, führten letztlich dazu, dass das Kloster 1521 aufgelöst wurde. Die noch dort lebenden Ordensschwestern wurden in andere Klöster umgesiedelt.
Um 1655 kommt es zu umfangreichen Restaurierungsmaßnahmen, welche durch den damaligen Rommersdorfer Abt Petrus Dietrich (auch: Diederich) veranlasst worden waren. Die Kirche wurde im Oktober 1655 wieder rekonziliiert. Klösterliches Leben gab es fortan in Wülfersberg aber nicht mehr.
Im Zuge der Säkularisierung gab es im Jahr 1804 Bestrebungen der Gladbacher Gemeinde, die Steine der Kirche von Wülfersberg zur Erweiterung der zu klein gewordenen Dorfkapelle zu benutzen. Diesem Ansinnen wurde jedoch nicht zugestimmt, so dass die Kirche trotz Plünderungen, landwirtschaftlicher Nutzung und zeitlich bedingtem Verfall, nachdem die Stadt Neuwied das Gelände mit der Kirche erworben und die Kirche restauriert hat, heute wieder als Kapelle genutzt werden kann.
An markanter Stelle, nahe der Kante eines Hochplateaus ca. 50 Meter oberhalb der Rheinebene (104 m über N.N.), steht die spätromanische Feldkirche, die geografisch zum Stadtteil Feldkirchen der Stadt Neuwied gehört. Zu der historisch bedeutenden, am Mittelrhein einmaligen Anlage zählen:
die Kirche das Pfarrhaus mit Garten die Gerichtsstätte mit der alten Gerichtslinde (Naturdenkmal) der Friedhof
Kunstgeschichtlich ist die Kirche auch wegen ihrer abstrakten Bleiglasfenster von Georg Meistermann bedeutsam.
Vorzeit und Frühzeit
Ob an dieser exponierten Stelle bereits eine vorzeitliche Kultstätte gelegen hat, ist nicht nachgewiesen, jedoch vorstellbar, da in Gönnersdorf, nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernt, ein bedeutender eiszeitlicher Siedlungsplatz, datiert auf die Zeit um 10.000 v. Chr. ausgegraben wurde.
Siedlungsfunde in den Gemarkungen von Irlich und Wollendorf weisen eine kontinuierliche Besiedlung in der Umgebung ab etwa 2000 v. Chr. nach.
Im 2. Jhdt. n. Chr. führte nur wenige Meter von der heutigen Kirche entfernt eine wichtige römische Heerstraße (in Teilen die heutige Kreisstraße 111) vorbei, vom Römerkastell Niederbieber zur Fahrer Lände und weiter über den Rheinübergang nach Andernach (dem römischen Antunnacum). Die Reste des obergermanisch-raetischen Limes sind heute noch auf dem Höhenrücken oberhalb der Feldkirche auszumachen. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich in Feldkirchen bereits zur spätrömischen Zeit eine christliche Andachtsstätte (aediculas ritus christiani) befand. Gewöhnlich wurde dafür ein Ort ausgewählt, an dem bereits eine heidnische Opferstätte bestand.
Bereits zur Zeit der Völkerwanderung ist für die unmittelbare Umgebung (Irlich, Rodenbach, Gönnersdorf) eine relativ dichte Besiedlung durch Grabfunde nachgewiesen.
Frankenzeit
Die Siedlungsplätze Gönnersdorf, Hüllenberg, Wollendorf, Rodenbach, Fahr und Irlich bestanden bereits zur Zeit des Fränkischen Reiches. Sie sind mindestens seit dem 5. Jhdt. n. Chr. durch fränkische Bauernfriedhöfe archäologisch belegt.
Am Anfang der durch Grabungen nachgewiesenen Geschichte der Feldkirche steht ein merowingischer oder karolingischer Kirchenbau, der auf einem fränkischen Gräberfeld errichtet wurde. Der Fundzusammenhang eines fränkischen Tuffstein-Sarkophages aus der Zeit um 750 n. Chr., der beim Einbau der Heizung 1931 entdeckt wurde, weist dies nach. Der Sarg war im Fundament der romanischen Kirche vermauert. Bei anschließenden Sondierungen wurden drei weitere frühchristliche Gräber aus der gleichen Zeit im heutigen Chor freigelegt. Im Rahmen dieser Grabungen sind auch Reste eines Holzbaues aufgefunden worden, deren Befund nahe legt, dass sie bereits verfallen waren, als die Gräber angelegt wurden. Dies deutet auf den Bestand einer ersten, einfachen Holzpfostenkirche bereits zum 7. Jhdt. n. Chr. hin, deren Aussehen nicht mehr zu rekonstruieren ist.
Mittelalter
Die Sage berichtet von der Gründung der Feldkirche folgendes: Ursprünglich sei der Bau einer steinernen Kirche in Irlich beabsichtigt gewesen. Die Ochsen der ersten, mit Bruchsteinen beladenen Wagen hätten jedoch an der Stelle der heutigen Feldkirche den Dienst verweigert. Man habe dies dann als ein göttliches Zeichen angesehen, den Bau an dieser Stelle zu beginnen.
Die frühesten steinernen Mauerreste, die anlässlich von Restaurierungsarbeiten nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckt wurden, lassen sich auf das 10. Jahrhundert datieren. Zu diesem Zeitpunkt bestand ein einfacher Kirchenraum von etwa 10 x 6 Metern. Um 1100 wurde dieser Bau dann um einen rechteckigen Chor erweitert.
Die heutige Steinkirche wurde zwischen 1150 und 1200 errichtet und ist eine Stiftung des Augustinerinnenklosters St. Thomas bei Andernach, das über umfangreiche Ländereien auf der dem Kloster gegenüber liegenden Rheinseite in Fahr und Gönnersdorf verfügte. Sie ist ursprünglich als flach gedeckte Pfeilerbasilika ohne Querschiff erbaut worden und war St. Martin geweiht. Zu Anfang des 13. Jahrhunderts wurden Chor und Mittelschiff überwölbt.
Die Kirchengemeinde "Veltkirgen" wird 1204 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Ein bedeutendes Schriftzeugnis ist der Rotulus von 1280, das Fragment eines Gerichtsprotokolles, in dem es um das Vorschlagsrecht des Pfarrers und damit verbunden die Pfründe an der damals offenbar recht wohlhabenden Kirchengemeinde Feldkirchen geht. Ansprüche meldeten sowohl die Lahnsteiner, als auch die Wiedischen und die Burgherrn von Hammerstein an.
Reformation bis Neuzeit
Die Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde beginnt mit dem Übertritt des Grafen Hermann von Wied, Kurfürst und Erzbischof von Köln, zur Reformation unter dem Einfluss des Straßburger Reformators Martin Butzer. Er berief Geistliche aus Sachsen, die am Rhein das reformierte Evangelium predigten. Nach seinem Tod auf Burg Altwied trat sein Neffe Johann IV. die Nachfolge in der Regierung der Grafschaft an, der als der eigentliche Reformator der Grafschaft Wied angesehen wird. Nach seinem Regierungsantritt bekannte er sich öffentlich zur Confessio Augustana und vollendete zwischen 1542 und 1546 – nicht ohne Konflikte mit den Erzbistümern Trier und Köln - die Reformation in seinem Herrschaftsbereich. Der erste evangelische Pfarrer in der Feldkirche, von dem wir wissen, dürfte ein "Ludwig Luitzgin, genannt von Northofen, Kirchherr zu Veltkirgen" gewesen sein, der in einer Gerichtsurkunde von 1552 erwähnt wird.
Obwohl über den Dreißigjährigen Krieg keine detaillierten Aufzeichnungen vorliegen, ist anzunehmen, dass diese Schreckenszeit auch an der Feldkirche nicht spurlos vorüberging. Um 1630 wurde das Dorf Irlich aus der Kirchengemeinde Feldkirchen herausgelöst, wieder katholisch und dem Erzbistum Trier einverleibt. In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges gingen die Kirchenbücher verloren, sodass im Jahre 1655 der regierende Graf Friedrich zu Wied die Führung neuer Register verordnete.
Aus dem späten 17. Jahrhundert belegen mehrere Rechnungen Bau- und Ausbesserungsarbeiten an der Kirche und dem Pfarrhaus, so zum Beispiel die Anschaffung von Kirchenbänken und einer Kanzel, die Erneuerung des Brunnens im Pfarrgarten und die Beseitigung von Schäden am Kirchendach. Es gibt schriftliche Anmerkungen, dass der Turm Ende des 17. Jahrhunderts für einige Zeit mit einer barocken Haube, anstelle des Rhombendaches, abgedeckt war. Das genaue Aussehen lässt sich heute jedoch nicht mehr nachvollziehen.
1707 wurde in der Residenzstadt Neuwied eine neue Kirchenordnung eingeführt, die die Pflichten der Seelsorger, des Presbyteriums und der Gemeindemitglieder detailliert regelte.
In der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden von baufreudigen Pfarrern mehrere, eher weniger fachgerechte "Restaurierungen", Um- und Anbauten an der Kirche vorgenommen, von denen inzwischen jedoch nichts mehr zu erkennen ist. Die Neuwieder Zeitung schrieb dazu am 22. Dezember 1934:
[Der mittelalterliche Bauzustand] war bei der Verwischung des ursprünglichen Raumes durch spätere Einbauten, Holzverschalungen, Zerstörung der Pfeilerbasen, Zuschmieren der ursprünglichen Kapitäle, dem Anwachsen von Bauschutt und den Ablagerungen rund um die Kirche nicht so ohne weiteres mehr klar zu erkennen. (Zitat nach Zeitz, Lit. 4)
Im Dezember 1944 zerstörte ein Bombentreffer den Chorraum und richtete Schäden am Dach und im Innenraum an. Bereits 1948 begann man mit der Bausicherung und umfassenden Außenrestaurierung, die 1952 abgeschlossen wurde. 1975 bis 1978 erfolgte dann die Innenrestaurierung und Ausmalung des Kirchenraumes nach Resten der Originalbemalung aus dem 13. Jahrhundert, die man noch unter mehreren Farbschichten erkennen konnte.
Baubeschreibung
Außen
Der Baukörper ist, wie bei alten Kirchen üblich, ost-west-orientiert. Im Osten befindet sich der mit einer halbrunden Apsis abgeschlossene Langchor, im Westen der massive 34 Meter hohe Turm. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war die Fassade von Kirche und Turm verputzt und weiß gekalkt. Heute ist an allen Außenwänden das Bruchsteinmauerwerk sichtbar, betont mit fein ausgearbeiteten Ecksteinen und Lisenen aus hellem Mendiger Tuffstein.
Chor und Apsis - nach den Schäden des Zweiten Weltkrieges vollständig rekonstruiert - bestehen aus sorgfältig behauenen Tuffsteinquadern. Das Mauerwerk ist mit Lisenen gegliedert und zum Dach hin mit verzierten Blendarkaden abgesetzt.
Der Haupteingang in der Nordfassade - er liegt heute etwa einen Meter unter dem Bodenniveau - wird von wuchtigen Tuffsteinpfeilern eingerahmt, in den Sturz ist ein romanisches Kreuz im Kleeblatt eingemeißelt. Gegenüber, in der Südfassade, gibt es einen weiteren Eingang, der jedoch schlichter gehalten ist.
Nach den Beschädigungen des Zweiten Weltkrieges hat man das Dach saniert und die Kirche mit Naturschiefer aus Mayen vollständig neu eingedeckt.
Innen
Der Innenraum der Kirche ist insgesamt 31 Meter lang, 15 Meter breit und in ein Mittelschiff mit zwei Jochen mit Kreuzrippengewölben sowie zwei nahezu gleich hohe Seitenschiffe gegliedert. Den Langchor deckt ebenfalls ein Kreuzrippengewölbe. Die Rippen sind als Rundstäbe ausgebildet und farbig betont, ebenso die Schlusssteine mit Zapfen. Das Mittelschiff wird von 6 massiven, quadratischen Pfeilern getragen. Jedem Joch des Mittelschiffes entsprechen zwei Joche der Seitenschiffe. Die Jochgrenze wird durch jeweils eine Lisene angezeigt. Das untere Geschoss der beiden Seitenschiffe wird mit je 4 Kreuzgratgewölben überdeckt. Die darüber befindliche Empore wurde um 1500 errichtet und wird von Kreuzrippengewölben abgeschlossen, deren reich verzierte Schlusssteine das wiedische Wappen, ein Marienbild sowie (möglicherweise) Stifter-Symbole zeigen. Die Seitenschiffemporen sind mit 4 kleineren, reich geschmückten und bemalten Rundbogen zum Mittelschiff hin geöffnet. Dies entspricht dem Bauzustand seit Beginn des 16. Jahrhunderts.
Der Fußboden aus den Nachkriegsjahren besteht im Chor aus polygonalen Schieferplatten und im Hauptraum aus quadratischen Basaltfliesen.
Als Altartisch dient heute die große, reich verzierte, barocke Basalt-Grabplatte des Schultheißen Mathias Kreckel, verstorben am 22. April 1664. In der Apsis findet der romanische Taufstein aus schwarzem Basalt Platz.
Turm
Der im Außenmaß 7,50 x 6,50 Meter messende Turm ist um 1200 an der Westseite an den Kirchenraum angebaut worden und mit einem Rhombendach aus Schiefer gedeckt. Er hat vier aus Bruchsteinen gemauerte Stockwerke, die durch Gesimse und nach oben hin kleiner werdende Blendbögen aus hellem Tuffstein abgegrenzt sind. In den fünfziger Jahren gesicherte Farbreste zeigen, dass zumindest die Ecken und Rundbögen ursprünglich farbig angelegt waren. In allen Geschossen befinden sich Fensteröffnungen unterschiedlicher Größe. Die Fenster der unteren Stockwerke sind lediglich Schlitzfenster. Die Fenster im 4. Stockwerk sowie die Schallöffnungen in den Giebeln sind Triforienfenster mit zwei Mittelsäulen aus schwarzem Basalt. 1934 wurde die zwei Meter dicke Ostwand des Turmes durchbrochen und das Untergeschoss in den Kirchensaal integriert. In der Glockenstube hängen zwei Bronzeglocken, die größere von 1589, dem Hl. Martin gewidmet, eine Stiftung der Grafen zu Wied und die kleinere von 1717, der Hl. Maria gewidmet, die offenbar später von einer katholischen Kirche angekauft wurde.
1894 wurde eine Turmuhr angebracht und 1959 durch eine elektrische Uhr ersetzt.
Klause
An der Südseite des Chores war ursprünglich eine frühgotische Klause aus dem 13. Jahrhundert angebaut, deren Mauerreste 1941 freigelegt wurden. Die Tragsteine für die Balkenauflage am Chor zeigen, dass die Klause einstmals zwei Stockwerke hoch war. Das weitere Aussehen ist nicht bekannt. Da sich Klausner und Klausnerinnen üblicherweise einmauern ließen, war neben dem Chorfenster eine Öffnung (heute nicht mehr vorhanden), die dazu diente, dass der Klausner am Gottesdienst teilnehmen konnte.
Die Meistermann-Fenster
Die Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg hatten auch zur Folge, dass die – kunsthistorisch nicht besonders wertvollen – Glasfenster der Kirche zerstört wurden. Im Rahmen der Restaurierung stand man daher vor der Frage, wie die Verglasung der 32 in ihren Maßen höchst unterschiedlichen Fensteröffnungen aussehen sollte. Nach langwierigen und kontroversen Diskussionen entschied man sich für abstrakte, nicht oder kaum gegenständliche Fensterflächen. Die Entwürfe stammen von Professor Georg Meistermann von der Kunsthochschule Düsseldorf, die Ausführung übernahm die Glasmalerwerkstatt Hans Bernhard Gossel in Schalkenmehren. Das Ergebnis ist ein einmaliger Zyklus von Bleiglasfenstern, nach Versen der Bibel gestaltet, die dem Innenraum Licht und Farbe verleihen. Das Zusammenspiel der modernen, abstrakten Fensterflächen mit dem uralten, romanischen Baukörper ist ungewöhnlich, mutig, aber äußerst gelungen. Da die Fenster in den Jahren von 1952 bis 1979 gefertigt wurden, geben sie einen umfassenden Überblick über die künstlerische Fortentwicklung von Georg Meistermann.
Pfarrhaus
Seit wann das Pfarrhaus besteht, ist nicht mehr nachweisbar. In einem Bericht über den Truchsessischen Krieg heißt es, dass das Pfarrhaus 1583 "in Grund und Boden" abgebrannt und das Eigentum des Pfarrers "gantz jemmerlich verbranndt" sei. Das Gebäude muss also Mitte des 16. Jahrhunderts bereits gestanden haben.
Über dem Eingang zum Gewölbekeller des heutigen Pfarrhauses ist die Jahreszahl 1605 eingemeißelt, das belegt, dass es einen Nachfolgebau gegeben hat. Nach Beck (siehe Lit. 1) war dieses Pfarrhaus aus mit Lehm verbundenen Bruchsteinen aufgesetzt. Zu der stattlichen Anlage gehörten ein mit Bruchsteinmauern und Schwarzdornhecken abgegrenzter großer Garten, ein gemauerter Ziehbrunnen, ein Kelterhaus, eine Backstube nebst Backofen, ein Holzschuppen, Stall und Scheune.
1853 wurde das Pfarrhaus bei einem Brand vollständig zerstört und anschließend abgebrochen, nur der Keller blieb erhalten. Der Neubau, er entspricht in wesentlichen Teilen dem heutigen Bestand, wurde in den Jahren 1854 bis 1856 erstellt.
Heute besteht die Anlage aus dem zweistöckigen Pfarrhaus und dem flachwinklig dazu stehenden Gemeindesaal, die durch einen eingeschossigen Zwischenbau verbunden sind. Die Gebäude sind aus Natursteinmauerwerk aufgeführt, mit roten Klappläden versehen und mit Schiefer gedeckt.
Derzeit werden die beiden Gebäude renoviert und umgebaut, ein neuer Gemeindesaal angebaut und auch der Zwischenbau komplett erneuert.
Gerichtsstätte
Die alte Gerichtsstätte vor dem heutigen Eingang zur Kirche wird abgegrenzt von einer im Dreiviertelkreis angelegten Bruchsteinmauer, die auch die stattliche Gerichtslinde umfasst. Am Eingang sind zwei 1,5 m hohe Stelen aus schwarzem Basalt aufgestellt, die rechte trägt das Wappen der Grafen zu Wied, den Pfau. In der Umfriedung befindet sich ein achteckiger Basalttisch mit drei im Boden verankerten steinernen Bänken, ebenfalls aus schwarzem Basalt. Das Alter der baulichen Anlage ist nicht bekannt, sie dürfte mindestens aus dem 16. Jhdt. stammen. Beschattet wird sie von einem über 400 Jahre alten Lindenbaum, der heute als Naturdenkmal ausgewiesen ist.
Das Gericht als Institution ist jedoch wesentlich älter. Es wird 1316 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Schriftzeugnisse des Hals- oder Hochgerichtes an der Feldkirche sind aus dem 14. und 15. Jahrhundert mehrfach erhalten. Gerichtsherrn waren die Grafen zu Wied.
Nur wenige hundert Meter von der Gerichtslinde entfernt, im Flurstück "Auf dem Ebenfeld" in Irlich, befand sich die Wiedische Hinrichtungsstätte. In alten Flurkarten ist der aus Feldkirchen kommende Weg von der Römerstraße zur Hinrichtungsstätte noch als „Galgenpfad“ eingezeichnet. Der Galgen hat nach alten Urkunden mindestens noch bis 1789 bestanden.
An der Gerichtslinde tagt seit 1840 alljährlich am ersten Samstag im September das Märkergericht, die Hauptversammlung der Märkerschaft Feldkirchen. Die Märkerschaft ist eine Waldbau treibende Bürgergemeinschaft, die 1494 zum ersten Mal im Märkerweistum, einer Art Satzung, dokumentiert ist. Nach dem Text der Urkunde zu schließen, ist die Gemeinschaft jedoch wesentlich älter, vieles spricht dafür, dass sie bereits im 13./14. Jahrhundert bestand, möglicherweise geht sie sogar zurück auf die Zeit der fränkischen Landnahme im Frühmittelalter.
Friedhof
Der Friedhof geht, wie Funde fränkischer Reihengräber belegen, auf einen Begräbnisplatz des 7. Jahrhunderts zurück. Ein Sarkophag aus dieser Fundstelle ist im Garten des Kreismuseums Neuwied ausgestellt. Aus nachfolgender Zeit ist das Bruchstück einer mit Bandornamenten verzierten Grabplatte aus rotem Sandstein erhalten, die auf das 10. Jhdt. n. Chr. datiert wird. Grabsteine aus Basalt und Lahnmarmor vom 16. Jahrhundert an sind heute an den Außenmauern der Feldkirche befestigt. Unter dem Kirchenboden wurde 1898 ein gemauertes Grabgewölbe freigelegt, dessen genaues Alter nicht bekannt ist, vermutlich stammt es aus dem 17. Jahrhundert. Es ist daher anzunehmen, dass der Kirchhof seit dem Frühmittelalter kontinuierlich genutzt wurde.
Zunächst wurde die nähere Umgebung der Kirche, die mit einer Bruchsteinmauer umfriedet ist, als Begräbnisplatz genutzt, der mit der Zeit jedoch nicht mehr ausreichte. Dieser Bereich ist heute mit einer Rasenfläche abgedeckt. 1815 erfolgte eine deutliche Vergrößerung nach Süden, auf ein kirchliches Grundstück im Renzental. Auch das genügte bald nicht mehr, sodass mehrfache Erweiterungen im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts notwendig wurden. Der Friedhof ist heute Eigentum der Stadt Neuwied.
Sehenswert ist die Anlage wegen ihrer unter Naturschutz stehenden, alten Lindenalleen.
Auf dem jüngeren Teil des Friedhofes liegen die Gräber von
August Bungert (*14. März 1845 in Mülheim an der Ruhr; †26. Oktober 1915 in Leutesdorf), Komponist Hugo Weischet (*24. September 1884; †24. April 1976), Kunstmaler Otto Buhr (*1928; †2003), Maler und Architekt Martha von Laffert (*4. Juli 1883 in Lennep; †11. Juni 1966 in Leutesdorf), Kunstmalerin Karl Theodor Reck (*19. März 1815; †31. Juli 1873 in Feldkirchen), Dichter des "Moselliedes" und Pfarrer in Feldkirchen
Sonstiges
Nach der Feldkirche ist die politische Gemeinde Feldkirchen benannt, ein Zusammenschluss der ehemals eigenständigen Dörfer Fahr, Hüllenberg, Gönnersdorf, Rockenfeld und Wollendorf, seit der Gemeindereform 1970 Stadtteil von Neuwied.
In den achtziger Jahren war beabsichtigt, die unterhalb der Kirche gelegene Firma Lohmann zu erweitern und Fabrikgebäude auf der landwirtschaftlichen Fläche unmittelbar neben der Kirche zu errichten. Nach zahlreichen Protesten wurden diese Pläne jedoch nicht weiter verfolgt und die Firma siedelte sich in Andernach an.
Zur Zeit baut die Kirchengemeinde das Pfarrhaus aus. Im Rahmen dieser Maßnahme wird auch der Anbau eines modernen Gemeindesaales auf dem Gelände des jetzigen Pfarrgartens errichtet. Es bleibt zu hoffen, dass die neuzeitlichen Bauten das einmalige Ensemble nicht nachhaltig stören. Die Bauarbeiten laufen seit Sommer 2007.
Esoteriker glauben, dass die Kirche auf einer sogenannten Ley-Linie liegt und messen dem Ort außergewöhnliche Eigenschaften bei.
Die Marktkirche in Neuwied wurde in der Zeit von 1881 bis 1884 nach Plänen von August Hartel, Leipzig, erbaut. Die Evangelische Kirche gehört zu Kirchenkreis Wied in der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Geschichte
Nach der Gründung der Stadt Neuwied durch den protestantischen Grafen Friedrich III. von Wied im Jahr 1653 wurde in den Jahren von 1684 bis 1687 die erste Kirche der Reformierten Gemeinde am Marktplatz gebaut. Die zweite Kirche wurde 1789 an der Friedrichstraße von der Lutherische Gemeinde gebaut, 1876 brannte diese Kirche ab.
Dieses Unglück veranlasste die Reformierte und die Lutherische Gemeinde sich im Jahr 1877 zu einer Evangelischen Gemeinde zusammen zu schließen. Die Kirche am Marktplatz war für die neue Gemeinde zu klein geworden und auch baufällig. So wurde diese Kirche 1880 abgerissen und 1881 an der gleichen Stelle mit einem Neubau einer neugotischen Hallenkirche begonnen, der zur Kirche gehörende Friedhof wurde dabei überbaut. Der Bau der neuen Marktkirche wurde nach Plänen des Architekten August Hartel ausgeführt.
Im Ersten Weltkrieg verlor sie ihr bronzenes Glockengeläut. Das jährliche wiederkehrende Hochwasser des Rheins, setzte der Marktkirche ebenfalls erheblich zu. Erst 1931, mit dem Bau des Hochwasserschutzdeiches durch Bürgermeister Robert Krups hörten die Wasserschäden auf.
Während des Zweiten Weltkriegs verlor sie 1944, durch Bombenangriffe, ihren hohen schlanken Turmhelm. Dieser wurde zum Kriegsende durch eine andere, flachere Bedachung ersetzt. In ihrem verwüsteten Kirchenschiff bahrte man die Leichen der Bombardierungen auf.
Im Jahre 1958 erfolgte eine Renovierung. Dazu wurde fast die komplette Dekoration der Kirche entfernt. Die Baldachine über dem Chorgestühl sowie der hölzerne Schalldeckel über der Kanzel gingen verloren.
Nach einer letzten Innenrenovierung im Jahr 1990, erhielt die Kirche wieder ihren alten Glanz von 1884.
Bau und Ausstattung
Die Kirche zeichnet eine große gewölbte Emporenhalle aus Bruchstein in frühgotischen Formen mit Querhaus in quadratischem, durch Ecktürmchen bereichertem Westturm aus. Die westliche Achse mit der Empore wird durch Zwerchgiebel betont.
Im Querschiff sind heute noch Reste der alten Fresken erkennbar.
Die Orgel wurde 1967 von der Bielefelder Firma Kleuker gebaut. Sie hat fast 2.700 Pfeifen und 38 Register.
Kirchenkonzerte
Seit vielen Jahren finden regelmäßig Orgelkonzerte und andere musikalische Veranstaltungen statt. Das Angebot umfasst u.a. Kammermusik, Chor-Konzerte, Gospel-Konzerte.
Die Pfarrkirche St. Matthias in der Innenstadt von Neuwied in Rheinland-Pfalz wurde 1901 vom Kölner Baumeister Heinrich Krings in spätgotischen Formen errichtet. Die Katholische Kirche gehört zum Dekanat Rhein-Wied im Bistum Trier.
Geschichte
Für die Entwicklung der 1653 gegründeten Stadt Neuwieds war das von Graf Friedrich III. von Wied im Jahr 1662 erlassene freiheitliche Stadtrecht von Bedeutung, das Anhängern sämtlicher Konfessionen erlaubte, sich in der Stadt der protestantischen Grafen niederzulassen. Die erste Kirche war die im Jahr 1684 erbaute Lutherische Kirche am Neuwieder Marktplatz.
Die Katholiken bildeten damals eine Minderheit, ihre Gottesdienste hielten sie im benachbarten Irlich ab, welches unter Kurtrierischer Hoheit stand und Katholisch war. Im Jahr 1682 erteilte der Graf von Wied den Katholiken die Erlaubnis, auf eigene Kosten eine Kirche und eine Schule zu errichten, sobald sie 130 Bürger zählten und 65 Häuser in der Stadt errichtet hätten. Auf einem Grundstück außerhalb der damals bebauten Stadt (heute obere Marktstraße) begannen sie 1701 mit dem Bau ihrer ersten Kirche, ein schlichtes Gotteshaus mit einem Satteldach und drei Spitzbogenfenstern auf jeder Seite.
Im Jahr 1843 kam der Wunsch nach einem Kirchenneubau auf, in Neuwied lebten zu der Zeit 2.300 Katholiken, die Stadt zählte insgesamt rund 7.000 Einwohner. Aus Kostengründen ließen sich die ersten Pläne nicht realisieren, stattdessen wurde 1852 nach einer Spendensammlung die alte Kirche auf ihre doppelte Länge vergrößert. Für einen Neubau wurde 1888 an der Heddesdorfer Straße ein Grundstück erworben, 1897 kam es zur Ausschreibung eines Bauwettbewerbs, die neue Kirche sollte ausreichend Platz für 6.500 Gläubige haben. Den Auftrag erhielt der Kölner Regierungsbaumeister Heinrich Krings.
Der Grundstein für die neue Kirche wurde am 5. November 1898 gelegt. Wegen der zunehmenden Baufälligkeit der alten Kirche wurde diese abgerissen und die neue Pfarrkirche St. Matthias am 15 September 1901 vorzeitig eingesegnet. Die Konsekration wurde am 24. April 1904 durch den Trierer Weihbischof Karl Ernst Schrod vollzogen.
Im Zweiten Weltkrieg nahm die Matthiaskirche bei Luftangriffen auf Neuwied im September 1944 und späterem Bombardement und Artilleriebeschuss größeren Schaden. Dieser führte zum weitgehenden Verlust des Maßwerks und der Fenster und hinterließ Schäden im Inneren des Baus, am Turmhelm und am Dach.
In den 1950er Jahren wurde die Kirche renoviert. Eine zweite umfassende Restaurierung und Neugestaltung des Kirchenraumes zwischen 1977 und 1979 stand im Zeichen einer Re-Historisierung.
Baubeschreibung
Die Pfarrkirche St. Matthias in Neuwied ist eine dreischiffige, spätgotische Formen aufgreifende Hallenkirche mit kurzen, polygonal abschließenden Querschiffarmen und einer basilikal gestalteten Choranlage.
Der im Sinne des Späthistorismus malerisch empfundene Außenbau aus Tuff und Sandstein wird beherrscht von einem 68 Meter hohen Glockenturm, der als Eckpfeiler an der angrenzenden Straßenkreuzung steht. Die rötlichen Eckquaderungen kontrastieren mit dem hellen Tuffstein des Mauerwerks. Durch das Gesims wird dem Turm eine horizontale Gliederung gegeben. Der Turm begrenzt die der Heddesdorfer Straße zugewandte asymmetrische Hauptfassade an ihrer linken Seite. Die rechte Begrenzung der Fassade bildet ein rundes Treppentürmchen. Der Eingang ist in Form einer dreiachsigen Portalanlage mit Altan gestaltet. Darüber hinaus zieren zahlreiche Details den sich insgesamt durch seine Asymmetrie und Differenziertheit auszeichnenden Baukörper.
Im Inneren ist St. Matthias eine dreischiffige, leicht gestaffelte Hallenkirche von 57 m Länge und 23 m Breite. Das Gewölbe weist über dem Mittelschiff eine Höhe von 19,50 m auf. Der Wandaufbau ist zweigeschossig. Die sparsame neugotische Ausmahlung wurde im Jahr 1979 durch die Restauratorin Gisela Heinrich-Schreyögg neu geschaffen.
Ausstattung
Der Chor nimmt das wichtigste Ausstattungsstück auf, den neugotischen Hochaltar. Dieser, die beiden Nebenaltäre und die hölzerne Kanzel wurden 1903 gefertigt. Das Retabel des Hauptaltars steht auf einer durch sechs dunkle Säulen mit hellen Basen und Blattkapitellen gegliederten Mensa, die in der Mitte die Figur des Pelikans zeigt, der seine Jungen mit seinem eigenen Brustfleisch nährt (Symbol der Aufopferung Christi). Auf der hölzernen Predella zeigen sich von links nach rechts die vier Kirchenväter Ambrosius, Hieronymus, Augustinus und Gregor als Halbfiguren. Die schlichteren Nebenaltäre der Seitenkapellen sind Maria (Nordseite) und Josef (Südseite) geweiht. Die geschnitzte neugotische Kanzel verfügte über einen hohen Schalldeckel und einen Korb mit Darstellungen der vier Evangelisten. Eine aus der alten Pfarrkirche stammende hölzerne Madonna auf der Mondsichel ist aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Die Pfarrkirche St. Martin im Neuwieder Stadtteil Engers in Rheinland-Pfalz wurde 1896 in neospätromanischen Formen errichtet. Die Katholische Kirche gehört zum Dekanat Rhein-Wied im Bistum Trier. Seit dem 21. November 2003 steht sie unter Denkmalschutz.
Geschichte
Die ursprüngliche Martinskirche war eine königliche Gründung aus fränkischer Zeit. Engers wurde bereits im Jahr 906 unter Erzbischof Radbod von Trier Mutterpfarrei eines Dekanats. Im 14. Jahrhundert wird von dem Bau einer gotischen Pfarrkirche St. Martin in Engers berichtet, welche um 1600 in einem Kupferstich von Merian abgebildet ist. Beim großen Stadtbrand von Engers im Jahr 1778 brennt die Kirche bis auf Reste des Chores nieder. Als flach gedeckte Hallenkirche im barocken Stil wird sie 1783 wieder errichtet, der verbliebene gotische Chor wird in den Neubau einbezogen. Diese Kirche wird 1896 abgerissen, weil diese für die angewachsene Gemeinde inzwischen zu klein war.
Die heutige Kirche St. Martin wurde von Josef Moritz aus Cochem nach Plänen des Düsseldorfer Architekten Busch in neospätromanische Formen gebaut. Der Grundstein für den Neubau der Kirche wurde im Juni 1897 gelegt, im September 1998 wurde sie von der Gemeinde zu Gottesdiensten in Gebrauch genommen und am 21. Juni 1900 vom Trierer Bischof Michael Felix Korum konsekriert.
Die Orgel wurde 1909 fertiggestellt und 1924 wurden vier Bronzeglocken eingebaut, welche 1942 zu Kriegszwecken eingeschmolzen wurden.
Baubeschreibung
Die dreischiffige, geräumige Säulenbasilika mit Querhaus und quadratischem, rhombendachbekröntem Westturm in neospätromanischen Formen wirkt in ihrem Äußeren aufgrund der dunklen Wandflächen und sich hiervon gut absetzenden hellen Architekturgliederungen rheinischer Prägung aus Backstein und Tuff eindrucksvoll. Der Innenraum ist gratgewölbt im gebundenen System.
Ausstattung
Besondere Erwähnung verdienen eine gotische Madonna mit Kind, eine Pieta sowie eine barocke Strahlenmadonna.
Die Evangelische Pfarrkirche im Neuwieder Stadtteil Engers in Rheinland-Pfalz wurde 1900 in neospätromanischen Formen errichtet. Die Kirche gehört zu Kirchenkreis Wied in der Evangelischen Kirche im Rheinland und trägt den Namen des Theologen und Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer. Seit 2003 steht sie unter Denkmalschutz.
Geschichte
Engers gehörte seit Mitte des 14. Jahrhunderts zu Kurtrier und war bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts katholisch. Nachdem 1815 das Rheinland preußisch wurde, wurden verschiedene preußische Verwaltungsbehörden in Koblenz und in der Umgebung ansässig, die von Preußen hierhin abgeordneten Beamten waren in der Regel protestantisch. Die ersten evangelischen Christen in Engers wurden ab 1819 von der Kirchengemeinde Bendorf betreut. Nachdem im Jahr 1862 in Schloss Engers die „Königliche Kriegsschule“ eingerichtet wurde, betreute der Militärpfarrer die Gemeinde. Am 01. Juni 1900 erhielt Engers die Rechte einer selbstständigen Kirchengemeinde, die jedoch mit der Gemeinde Bendorf unter einem Pfarramt verbunden blieb.
Auf Initiative des Georg von Viebahn, Kommandeur der Kriegsschule, wurde 1900 mit dem Bau der Kirche begonnen. Die Kirche wurde von Carl Grieß aus Bendorf nach Plänen des Koblenzer Architekten Erhard Müller in neospätromanische Formen gebaut. Der Grundstein wurde im November 1901 gelegt, am 2. Februar 1902 fand die feierliche Weihe in Anwesenheit hoher geistlicher und politischer Prominenz statt.
Baubeschreibung
Die Emporenkirche erhebt sich auf annähernd kreuzförmigem Grundriss, wobei jedoch der Kreuzesarm auf der Südostseite nur durch einen etwas vorstehenden Giebel angedeutet ist. Über diesem ist das Dach wie auch bei den übrigen Giebeln auf der Ost- und Westseite abgewalmt. Lediglich der nordwestliche Giebel reicht bis zum Dachfirst und wird von einer Kreuzblume geschmückt. Die Kirche wird überragt von einem Turm mit spitzen Pyramidendach. Von den weißen Wandflächen sticht die in rotem Sandstein ausgebildete Architekturgliederung ab.
Ausstattung
Die Ausstattung ist spartanisch und entbehrt bis auf vier Steinreliefs, die Evangelisten darstellend, bauzeitliche Stücke. Die hohen Maßwerkfenster bestimmen den Charakter des Raums.
Die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt im Neuwieder Stadtteil Gladbach in Rheinland-Pfalz wurde 1914 in nachgotischen Formen errichtet. Die Katholische Kirche gehört zum Dekanat Rhein-Wied im Bistum Trier. Seit dem 21. November 2003 steht sie unter Denkmalschutz.
Geschichte
Das Dorf Gladbach im alten Kirchspiel Heimbach hatte zumindest seit 1764 eine Kapelle gehabt. Dies geht aus einer im Jahr 1804 von der Gemeinde an den Fürsten zu Nassau-Usingen gerichteten Gesuch „um Überlassung der zum Herrschaftlichen Hof Wülfersberg gehörenden Kapelle, damit sie die Baumaterialien zur Erweiterung ihrer Kapelle gebrauchen können“. Als Begründung wird ausgeführt, dass die 1764 erbaute Kapelle der Gemeinde die Einwohner des Ortes nicht mehr fasse und diese genötigt sind, in die Rommersdorfer Abtei-Kirche zu gehen. Wegen der „eingetretenen Veränderungen“ könne das nicht mehr geschehen, zum Ausbau der eigenen Kapelle fehlten die Mittel. Mit den „eingetretenen Veränderungen“ war die Auflösung des Klosters Rommersdorf nach der Säkularisation gemeint. Der Antrag zum Abriss der Wülfersberger Kapelle wurde abgelehnt.
Die heutige Kirche Maria Himmelfahrt wurde nach Plänen der Neuwieder Architekten Theodor und Heinrich Hermann im nachgotischen Stil gebaut. Die Grundsteinlegung erfolgte 1913, schon 1914 wurde die Kirche eingesegnet und 1916 konsekriert.
Baubeschreibung
Die Kirche ist ausgeführt als zweischiffige gewölbte Stufenhalle mit nachgotischen Formen mit eingezogenem 5/8-Chor und einem Flankenturm mit einer barock anmutenden Zwiebelhaube westlich des Seitenschiffs. Der im Wesentlichen aus Schwemmstein errichtete Putzbau wird durch Werksteineinfassungen und Maßwerk aus rotem Sandstein sowie einem Bruchsteinsockel aufgelockert.
Ausstattung
Der Seitenaltar stammt aus der früheren Kapelle (um 1730). Unter den zahlreichen Figuren der Kirche ist eine spätgotische Madonna (um 1460) aus dem ehemaligen Kloster Wülfersberg besonders erwähnenswert. Es ist nicht auszuschließen, dass es sich um eine „überschnitzte“ Figur handelt. Die übrigen Figuren und Reliefs wurden in den 1930er-Jahren geschafften. Die Orgel wurde 1964 gebaut.
Die Pfarrkirche St. Margareta im Neuwieder Stadtteil Heimbach-Weis in Rheinland-Pfalz wurde von 1771 bis 1772 in gotischen Formen errichtet. Diese Kirche ersetzte einen um 1569 gebauten Vorgängerbau, der auf Ursprünge im Mittelalter schließen lässt. Die Katholische Kirche gehört zum Dekanat Rhein-Wied im Bistum Trier.
Geschichte
Die Existenz einer Pfarrei wird um 1200 mit der Erwähnung eines Kirchspiels Heimbach, mit den Dörfern Weis und Gladbach, bezeugt. Wann die erste Kirche in Heimbach gebaut wurde ist unbekannt. Gestiftet wurde die Heimbacher Kirche, wie auch die 1117 gegründete Abtei Rommersdorf, von den Herren zu Rumerdorp, die sich wenig später von Isenburg nennen. Das Patronat lag bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts bei den Herren von Isenburg. Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Trierer Kurfürsten Balduin und Gerlach von Isenburg wurde Heimbach und die Kirche zerstört. Unter dem Druck des Erzbischofs Balduin, gab Gerlach von Isenburg 1351 das Patronat der Pfarrei Heimbach an die Abtei Rommersdorf ab. Das Patronatsrecht ging 1570 an Kurtrier.
Nach einem großen Brand im Jahr 1569, bei dem fast ganz Heimbach abbrannte und in der Kirche „alle Glocken schmolzen“, wurde eine „neue Kirche“ ungefähr an der Stelle der abgebrannten errichtet. Diese Kirche war nach über 200 Jahren, um 1770, zu klein für die Gemeinde und wohl beschädigt. In einem Dokument der Abtei Rommersdorf davon berichtet, dass nur noch die Hälfte der 1564 Seelen darin Platz fand und die Kirche „ganz offen für Regen und Wind war“. Vom Trierer Erzbischof Johann Philipp von Walderdorff wurde genehmigt, die alte Kirche niederzulegen und eine neue zu errichten. Dabei blieben die Mauern des Kirchturms erhalten und wurden in den Neubau einbezogen. Das alte Langhaus wurde durch einen neuen Saalbau ersetzt. Die Kirche wurde 1771 fertiggestellt und am 5. Januar 1772 durch Abt Werner Diepram von Rommersdorf eingeweiht.
Bereits 1820 dachte man an eine Erweiterung der Kirche, weil die Kirchengemeinde auf 2000 Seelen angewachsen war. Erst 1891 konnte mit dem Anbau der beiden Seitenschiffe begonnen und 1896 beendet werden.
Nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde das Kircheninnere 1963 flach eingedeckt.
Baubeschreibung
Überragt wird die Kirche von einen gotischen, aus dem Mittelalter stammenden quadratischen Turm mit drei ungegliederten Geschossen. Die ungewöhnlich starken, bis zu zwei Meter dicken, Hausteinmauern lassen an die Weiterverwendung eines ursprünglichen Bergfriedes denken. Der Turm trägt einen steilen, achtseitigen, leicht geschraubten Helm. Die drei Glocken wurden 1575 vom Kölner Glockengießer Dietrich gegossen. In der größten Glocke, die St. Margaretha geweiht ist und 1581 neu gegossen werden musste, ist in einer umfangreichen Inschrift die Geschichte des Neubaus der Kirche beschrieben. Der Saalbau einem mit 5/8 Choranbau wurde nach einem Entwurf von Johannes Seiz 1772 errichtet. In die Seitenschiffe aus 1891 und das Mittelschiff wurden 1963 Flachdecken eingezogen.
Ausstattung
Der Hochaltaraufsatz stammt aus neuerer Zeit (1896) und ist mit Figuren vom ehemaligen Aufsatz und verschiedenster Herkunft geschmückt. Eine Büste der Hl. Margaretha stammt aus dem 18. Jahrhundert.
Die Orgel wurde 1744 vom Orgelbauer Stumm für die Abtei Rommersdorf geschaffen. Nach der Auflösung der Abtei Rommersdorf aufgrund der Säkularisation kam die Orgel 1809 in die Pfarrkirche Heimbach.
Die Pfarrkirche St. Peter und Paul im Neuwieder Stadtteil Irlich in Rheinland-Pfalz wurde von 1831 bis 1835 in Formen des späten Klassizismus errichtet. Diese Kirche ersetzte die bereits um das Jahr 1200 erwähnte St.-Georgs-Kapelle. Die Katholische Kirche gehört zum Dekanat Rhein-Wied im Bistum Trier.
Geschichte
St.-Georgs-Kapelle
Das erste Gotteshaus in Irlich geht in die Zeit zurück, in der Irlich zum Besitz des Erzbistums Bamberg (bis 1422) gehörte. Die St.-Georgs-Kapelle wurde vermutlich um das Jahr 1200 gebaut, die erste urkundliche Erwähnung der Kapelle stammt aus dem 14. Jahrhundert. Der Name des Schutzpatrons dieser Kapelle, St. Georg, deutet darauf hin, dass die Kapelle vom Erzbistum Bamberg gestiftet wurde, St. Georg ist einer der beiden Schutzpatrone des Bamberger Doms. Im Jahr 1422 kam Irlich zum Erzbistum Trier. Die Kapelle wurde erst 1662 unter dem Trierer Erzbischof von der Leyen zur Pfarrkirche erhoben. Bis dahin unterstand Irlich der Pfarrei Feldkirchen.
Die Pfarrgemeinde bat im Jahre 1775 die Grafen von Wied-Neuwied und Wied-Runkel als Hauptzehntherren ein neues Gotteshaus zu errichten. Die Kapelle, die sich nun zwar Kirche nannte und auch mehrfach erneuert und erweitert wurde, war baufällig und zu klein für die inzwischen 670 Gläubigen geworden. Die Grafen sahen sich nicht zuständig, weil Irlich Kurtrierischer Besitz war. Kurtrier wiederum war der Ansicht, dass die Zehntherren zum Bau und zur Reparatur des Schiffes der Pfarrkirchen in der erzbischöflichen Diözese gehalten seien. Im Jahr 1790 klagte die Gemeinde Irlich beim erzbischöflichen geistlichen Gericht in Ehrenbreitstein wegen dem Neubau und der Zuständigkeit für die Übernahme der Baukosten. Der Rechtsstreit wurde erst 1832 beigelegt, nachdem das Rheinland preußisch geworden war. Den Fürsten wurde auferlegt die Hauptkosten des Neubaus zu tragen, dem Fürsten zu Wied-Neuwied wurde die Standesherrschaft über das Fürstentum Wied, unter Einbeziehung Irlichs, zugesprochen.
Die seit 1836 leer stehende St.-Georgs-Kirche wurde 1894 abgebrochen.
Hier ein paar Anmerkungen: Die Grafen von Wied-Neuwied, und damit auch die Einwohner der Grafschaft, gehörten seit über 200 Jahren dem evangelischen Glauben an. Irlich als Kurtrierischer Besitz und in einer von der Grafschaft umschlossenen Enklave liegend, war in der Zeit der Reformation katholisch geblieben. Die Residenz des Grafen lag keine halbe Wegstunde von Irlich entfernt. Im Jahr 1784 wurden die Grafen von Wied zum Fürsten erhoben.
Pfarrkirche St. Peter und Paul
Die Planung und der Bau der neuen Kirche wurde durch den fürstlich wiedische Bauinspektor Johann Heinrich Hartmann in überzeugend klaren Formen des späten Klassizismus durchgeführt. Der Grundstein wurde 1833 gelegt, bis 1835 war der Rohbau fertig, 1836 wurde die Kirche eingesegnet und am 3. Oktober 1843 vom Trierer Bischof Arnoldi geweiht. Schutzpatrone der neuen Kirche sind die Apostel Petrus und Paulus.
Der Glockenturm wurde erst 1915 fertiggestellt. Während des Turmbaus wurde der vorläufige Dachreiter vom Blitz getroffen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche 1944 und 1945 durch Bombenangriffe schwer getroffen, das Dach war vollständig zerstört, das Mauerwerk des Schiffs und des Turms beschädigt. Erste Reparaturen erfolgten 1949, die Beseitigung der Kriegsschäden wurde 1966 abgeschlossen. In den Jahren 2003 bis 2006 wurde die Kirche und der Turm umfassend renoviert und restauriert.
Baubeschreibung
Der weiträumige langgestreckte Saalbau mit Chor über gestelztem Halbkreis wurde in überzeugend klaren Formen des Klassizismus errichtet. An der Stirnseite eine verhältnismäßig kleine Tür mit rechteckiger Steinumrahmung, darüber ein hohes Fenster mit halbrundem Abschluss, an den Seiten zwei gleich großen Nischen. Den Abschluss bildet ein flacher Dreiecksgiebel. Die Chorseite wird betont durch das Haupt- und Gurtgesims, das Halbrund der Fensterbogen und das Halbkegeldach. Das Ganze wird überragt von dem Giebeldreieck des Langhausdachs. Die Langseiten sind einfach gehalten und mit hohen Fenstern versehen. Der neben der Kirche stehende Glockenturm zeigt im Glockengeschoss je drei dorische Säulen zwischen Eckpfeilern.
Das innere der Kirche ist einfach gehalten und wird durch das Haupt- und Gurtgesims geprägt, unter der Flachdecke ein Kranzgesims. Die Orgelempore steht auf einer Doppelreihe dorischer Säulen.
Ausstattung
Die Altäre, die Kanzel, die Kommunionbank und vier Bildwerke an den Langwänden stammen aus dem ehemaligen Minoritenkloster in Ratingen. Der Hochaltar ist aus der Zeit von 1680 bis 1700, die Seitenaltäre sind Arbeiten aus dem 18. Jahrhundert. Kanzel und Kommunionbank, die im Stil zueinander passen, sind in der gleichen Zeit geschaffen worden wie der Hochaltar. Nur die Bänke im Hauptschiff und das Kruzifix über dem Hochaltar sind ein der Bauzeit der Kirche geschaffen worden.
Die erste Orgel stammt aus dem Jahre 1840 und wurde von dem Neuwieder Orgelbaumeister Weil gebaut, sie wurde 1944 bei einem Bombenangriff zerstört. Die heutige Orgel wurde 1953 durch die Firma Gerhard & Söhne, Boppard, errichtet.
Erwähnenswert ist die Heiligenfigur der Anna selbdritt, eine mittelrheinische Arbeit aus dem Anfang des 16. Jahrhundert.
Der Bahnhof Engers (auch: Bahnhof Neuwied-Engers) ist ein Haltepunkt und ehemaliger Eisenbahnknotenpunkt im Ortsteil Engers der rheinland-pfälzischen Stadt Neuwied. Er liegt an der Rechten Rheinstrecke und war ehemals auch Anfangspunkt einer Bahnstrecke nach Au (Sieg) sowie ein Güterbahnhof.
Geschichte
Der Bahnhof wurde in den 1860er-Jahren gleichzeitig mit der Rechten Rheinstrecke erbaut. Die Inbetriebnahme erfolgte am 27. Oktober 1869, als die Strecke, welche Köln entlang des rechten Rheinufers mit Wiesbaden verband, um den Teilabschnitt von Niederlahnstein nach Neuwied erweitert wurde.
Anfangs hatte der Engerser Bahnhof verkehrstechnisch nur eine geringe Bedeutung und beschäftigte nur ein paar Bahnbedienstete. Dies änderte sich jedoch im Laufe der nächsten zwei Jahrzehnte, in denen zuerst die gesamte Rechte Rheinstrecke durchgehend in Betrieb genommen wurde sowie schließlich im Mai 1884 eine Abzweigung von ihr – die durch den Westerwald führende Bahnstrecke Engers–Au – fertiggestellt wurde. Der Bahnhof wurde somit zu einem Schienenverkehrsknotenpunkt, was auch dazu führte, dass rund um ihn ein Bahnbetriebswerk mit einem Ringlokschuppen entstand.
Ende des 19. sowie noch weit bis ins 20. Jahrhundert hinein gab es nahe dem Personenbahnhof in Engers auch einen größeren Bahnhof für den Güterverkehr, der unter anderem als Umladeplatz für hier geförderte Rohstoffe (u. a. Ton, Bims) und landwirtschaftliche Erzeugnisse genutzt wurde. 1912 wurden am Personenbahnhof Engers, der damals der Preußischen Staatsbahn gehörte, im Laufe des Jahres rund 150.000 Fahrkarten verkauft.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bahnhof Engers sowie die dazugehörenden Werkstätten, aber auch größere Teile der Rheinstrecken, bei Artilleriebeschüssen der Alliierten im März 1945 stark beschädigt. Der Zugverkehr konnte im August des gleichen Jahres provisorisch wiederaufgenommen werden. Allerdings verlor der Bahnhof in der Nachkriegszeit zunehmend seine einstige Bedeutung: Ab 1954 fuhren die meisten Güter- und Personenzüge auf der Rechten Rheinstrecke über die neu entstandene Urmitzer Eisenbahnbrücke, und der Güterumschlagsplatz in Engers wurde in den 1970er-Jahren aufgegeben. Schließlich verlor der Bahnhof 1989 mit der Stilllegung der Strecke in den Westerwald endgültig seine Bedeutung als Knotenpunkt.
Heutige Nutzung
Das alte Empfangsgebäude des Bahnhofs ist bis heute erhalten, wird jedoch nicht mehr als solches genutzt, da es von der Deutschen Bahn inzwischen an Privat veräußert wurde. Für den Personenzugverkehr stehen zwei Gleise an zwei Bahnsteigen zur Verfügung, die über eine Fußgängerunterführung miteinander verbunden sind. Heute hält in Engers stündlich der Rhein-Erft-Express von Koblenz über Köln nach Mönchengladbach, außerdem wird der Bahnhof von drei Buslinien des Verkehrsverbunds Rhein-Mosel angefahren.
Der Zoo Neuwied ist ein Tierpark in der Stadt Neuwied in Rheinland-Pfalz. Im Jahr 2006 hatte der Zoo über 220.000 Besucher.
Er hält rund 1200 Tiere aus 155 Arten. Die Gesamtfläche beträgt rund 13,5 Hektar. Im Zoo gibt es unter anderem die größte Herde der Grauen Riesenkängurus außerhalb Australiens in einer etwa 3,5 Hektar großen Anlage. Außerdem lebt seit 2004 ein kleines Zuchtrudel der in freier Wildbahn ausgestorbenen Berberlöwen im Zoo Neuwied, das bis Mitte 2007 fünf Welpen zur Welt brachte. Im neuen, großen Affenhaus leben fünf Schimpansen und drei verschiedene Krallenaffenarten, eine großen Anzahl Geparden vergrößert die Gruppe der Raubkatzen.
Geschichte
Der Zoo Neuwied wurde 1970 zum ersten Mal für die Besucher geöffnet. Damals waren die australischen Tiere stark vertreten. Die Hauptattraktionen waren Beutelteufel, Schnabeligel, Dingos, Nacktnasenwombats, Kakadus, Tüpfelbeutelmarder, Trauerschwäne und die große Herde Kängurus. Der Zoo Neuwied hatte schon früh große Zuchterfolge, darunter die deutsche Erstnachzucht bei den südafrikanischen Buntbocks und die Welterstnachzucht bei verschiedenen Papageienarten.
1980 wurde das Gelände von einem Tierhändler gepachtet, der dort aufgekaufte Tiere zur Schau zu stellen und dann weiterverkaufen wollte. Zeitweise waren so auch Elefanten, Gorillas und Flusspferde im Zoo untergebracht. Da es aber zu Problemen mit dem Artenschutz kam, musste der Tierhändler das Gelände 1985 aufgeben. Der Zoo Neuwied wurde damals fast geschlossen.
Noch 1984 gründeten einige engagierte Bürger einen Förderverein, der sich hauptsächlich durch Spenden, den Erlös aus Tierverkäufen und den Einnahmen aus Eintrittsgeldern finanzierte. Seit der Übernahme durch den Förderverein hat sich der Zoo Neuwied merklich verändert. Unter anderem wurden ein Exotarium und Vogelvolieren gebaut, das Raubtierhaus vergrößert und eine Seehundanlage errichtet. Im Jahr 2000 wurde ein neues Lemurenhaus gebaut, 2003 die neue Löwenanlage fertiggestellt und 2004 eine Pinguinanlage, auf der 14 Humboldtpinguine eingezogen sind. Im Jahr 2005 konnten zehn Nasenbären im Zoo auf einer neuen Anlage einziehen und im Jahr 2006 wurde das neue Menschenaffenhaus fertiggestellt.
Auch heute hat der Zoo Neuwied noch viele Zuchterfolge. Der größte Erfolg war, als an einem Tag zehn Gepardenbabys geboren wurden, von denen acht großgezogen wurden.
Der Zoo Neuwied legt besonderen Wert auf die Betreuung von Kindern und bietet im Rahmen eines eigenen pädagogischen Konzepts ein entsprechendes Angebot für Schulen, aber auch die Veranstaltung von Kinderfeiern, an. Ein Streichelzoo, Baum- und Naturlehrpfad sind hierzu Teil bzw. Ergänzung.
Das Rhein-Wied-Gymnasium (RWG) ist ein staatliches Gymnasium in Neuwied im nördlichen Rheinland-Pfalz. Die Schule geht zurück auf eine private Einrichtung aus dem Jahr 1869 und wurde im Jahr 1876 von der Stadt Neuwied als „Städtische Höhere Mädchenschule“ übernommen. Das Gymnasium wird heute von rund 1150 Schülern besucht, die von über 80 Lehrkräften unterrichtet werden.
Privatschule
Im Jahr 1869 wurde von Neuwieder Bürgern beschlossen, eine öffentliche Schule für Mädchen zu gründen – paritätisch und ohne Standesschranken –, die möglichst bald in städtische Hand übergehen sollte. Im Gründungsjahr wurden bereits 83 Schülerinnen unterrichtet, die Schulleitung hatte Clemens Nohl. Schon vorher existierte in Neuwied eine private Töchterschule, die neben der Zinzendorf-Schule der Herrnhuter Brüdergemeine für eine über das Allgemeinwissen hinausgehende Mädchenbildung in Neuwied sorgte.
Staatliche Höhere Mädchenschule
Bereits wenige Jahre danach übernahm 1876 die Stadt Neuwied die Schirmherrschaft über diese Schule und sicherte dadurch rechtlich und finanziell die Existenz ihrer Höheren Mädchenschule. Das Jahr 1876 wird als das eigentliche Gründungsjahr angesehen. Im selben Jahr bezog die Schule zusammen mit der Stadtverwaltung in ein 1863 erbautes städtisches Gebäude, das heutige „Alte Rathaus“ in der Pfarrstrasse. Im Jahr 1905 besuchten 280 Mädchen und 1910 bereits 360 Mädchen die Schule.
Im Jahr 1908 wurde unter dem neuen Direktor Ernst Wasserzieher die Mädchenschule in ein „Lyzeum mit Oberlyzeum und Seminarklasse“ umgewandelt. Nach weiteren, in der ersten Hälfte der 1920er Jahre durchgeführten Schulreformen war die Schule ab 1924 zu einem Oberlyzeum ernannt worden. Dadurch war es den Schülerinnen erstmals möglich, auch eine Hochschulzulassung zu erlangen, 1925 fanden die ersten Abiturprüfungen statt.
Wegen der weiter steigenden Zahl der Schülerinnen, wurde 1912 am heutigen Standort am oberen Ende der Herrmannstraße ein neues Schulgebäude errichtet. Während des ersten Weltkriegs wurde das Schulgebäude von Dienststellen der Wehrmacht und anderen Behörden in Anspruch genommen.
Lehrerinnenbildungsanstalt
Schon kurz nach der Gründung wird 1879 ein Teil der Schule in eine Lehrerinnenbildungsanstalt umgewandelt. Die Schülerinnen konnten nach einer sechsjährigen Ausbildung zwei weitere Jahre die Schule besuchen und danach eine Lehramtsprüfung ablegen. Entsprechend der preußischen Schulreform wurde 1893 die Lehrerinnenausbildung zu einem dreijähriges Seminar erweitert. Bis 1925 wurden hier über 600 Lehrerinnen ausgebildet.
Frauenschule
In den Jahren von 1933 bis 1945 erfolgten wiederum Änderungen in der Ausbildung und der Bezeichnung. Aus dem Oberlyzeum wurde 1936 eine „Frauenschule“, in der dreijährigen Oberstufe wurden hauswirtschaftliche Fächer unterrichtet. Ab 1938 wurde wieder ein sprachlicher eingerichtet, so dass der Schulabschluss wieder den Besuch einer Universität ermöglichte.
Im September 1944 wurde das Schulgebäude von einer Bombe stark beschädigt, der Schulunterricht wurde eingestellt. Im März 1945 besetzten US-Truppen Neuwied und nutzten das Schulgebäude für eigene Zwecke. Bereits im Oktober 1945 konnte der Schulbetrieb in zehn Räumen im Hauptgebäude wieder aufgenommen. Nach Kriegsende gehörte Neuwied zur französischen Besatzungszone, Französisch wurde erste Fremdsprache, statt der Notengebung wurde das französische Punktesystem sowie ein Zentralabitur eingeführt. Beides wurde 1951 wieder abgeschafft.
Gymnasium
Nach der ersten Schulreform in den 1950er Jahren wurde 1960 aus dem bisherigen Oberlyzeum ein „Staatliches Neusprachliches Gymnasium für Mädchen“ mit der Sprachenfolge Französisch, Latein, Englisch, 1964 wurde die Sprachenfolge in Englisch, Latein, Französisch geändert. Im Jahr 1975 wurde die Mainzer Studienstufe eingeführt.
Im Jahr 1960 wird die Schulträgerschaft vom Land Rheinland-Pfalz übernommen, der Baulastträger bleibt die Stadt Neuwied, die auch in den Jahren 1965 bis 1967 für den mehrflügeligen Erweiterungsbau aufkommt.
Ab dem Jahr 1971 konnte das Mädchengymnasium, zunächst nur in den 5. und 11. Klassen, auch von Jungen besucht werden. Die Koedukation wurde 1977 abgeschlossen.
Schulpartnerschaften
Seit April 1986 besteht eine Partnerschaft mit dem „Institut Notre-Dame", einer 1947 gegründeten konfessionellen Schule [2] in Heusy-Verviers in Belgien. An einem Schüleraustausch können die Schüler ab der 9. Klasse teilnehmen, um ihre Kenntnisse in der Französischen Sprache zu vertiefen.
Seit 1992 besteht eine Partnerschaft mit dem Collège ACEJ Karama in Mushubati, Gitarama in Ruanda. Es handelt sich um eine weiterführende staatliche Schule mit ca. 600 Schülern, dem ein Internat angeschlossen ist. Die Partnerschule wird regelmäßig finanziell und materiell unterstützt.
Seit Oktober 2005 besteht auch eine Patenschaft mit der 1997 eröffneten SOS-Hermann-Gmeiner-Grundschule im SOS-Kinderdorf in Byumba im Norden von Ruanda. Diese Schule wird von rund 400 Kindern besucht von denen etwa ein Drittel im Kinderdorf leben.
Die heutige Landesschule für Blinde und Sehbehinderte wurde 1899 als evangelische Provinzial-Blindenanstalt der Rheinprovinz unter maßgeblicher Beteiligung des Fürstenhauses zu Wied in Neuwied gegründet und liegt im Stadtteil Feldkirchen. Sie war in der Zeit das am modernsten eingerichtete Schulgebäude dieser Art in Deutschland und ist heute die einzige Blindenschule in Rheinland-Pfalz.
Geschichte
Die Schule diente der Entlastung der Provinzial-Blindenanstalt in Düren (gegründet 1845), die nun den katholischen Blinden vorbehalten blieb. Die Schule war zunächst für 80 Schüler konzipiert. Kaiserin Auguste Viktoria übernahm das Protektorat über das Institut und lieh ihm ihren Namen: Auguste-Viktoria-Haus. Sie legte im April 1919 ihr Protektorat nieder. Mehr als die Kaiserin war Königin Elisabeth von Rumänien (Prinzessin zu Wied, bekannt unter dem Namen Carmen Sylva) mit der Schule verbunden. So besuchte sie mehrfach die Schule bei ihren Aufenthalten in Neuwied. Nach dem Vorbild der Neuwieder Schule wurde von ihr in Bukarest die erste Blindenschule Rumäniens erbaut.
Bereits 1906 wurden Klassenzüge eingerichtet, die einen mit einer Mittelschule vergleichbaren Lehrplan zugrunde legten. Früh begann man damit, auch die Berufsausbildung der Schulentlassenen und der späterblindeten Umschüler einzubeziehen. Bis dahin wurde die Schülern, neben der normalen schulischen Bildung, Fertigkeiten in der Blindenschrift und in der Herstellung von Bürsten, Besen und Körben vermittelt.
Ein Grundsatz war: „Arbeit statt Almosen.“ Die Provinzialblindenanstalten unterstanden bis 1947 (Kontrollratsgesetz Nr. 46) dem Rheinischen Provinziallandtag bzw. ihrem Landeshauptmann. Den Vorstand der Anstalt bildete der Vaterländische Frauenverein zur Krankenpflege und Beschäftigung armer Arbeitsloser zu Neuwied. Dieser beauftragte Diakonissen aus Kaiserswerth mit der Pflege und dem gewerblichen Unterricht der Mädchen. Die älteren männlichen Zöglinge waren der Pflege und Ausbildung des Schulleiters anvertraut. Die ersten 35 Schüler kamen aus Düren. Erst 1911 wurde in Preußen die Schulpflicht für blinde Kinder eingeführt, was zur Erhöhung der Schülerzahlen in Neuwied beitrug. Bis 1912 hatten Blinde sog. Freistellen in den meisten Blindeninternaten. Seit dem 1. April 1912 hatten die Angehörigen bzw. die jeweilige Kommune für die Kinder ein Pflegegeld zu zahlen.
Im ersten Weltkrieg wurde in der Anstalt ein Reservelazarett eingerichtet, in dem sich die Diakonissen als Krankenschwestern engagierten. Die Schüler, die anfänglich nach Hause entlassen worden waren, kamen 1915 nach Düren ebenso die nicht vom Kriegsdienst betroffenen Lehrer. Die Bürstenmacherei konnte aufrecht erhalten werden. Die Lehr- und Lernmittel sowie der Direktor blieben in Neuwied. Mit dem Rückmarsch der Deutschen Truppen von der Westfront wurde auch die Dürener Anstalt für Einquartierungen benötigt. Die Blinden mussten daher im Oktober 1918 entlassen werden. Da das Neuwieder Anstaltsgebäude bis zum 20. August 1919 amerikanisches Hauptquartier war, konnte der Unterricht erst nach Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten im November wieder beginnen. Zeitweise waren noch die Taubstummen in der Blindenanstalt untergebracht, weil amerikanische Besatzungstruppen deren Gebäude als Quartier beanspruchten.
Ab 1926 kamen Fertigkeiten für Büroberufe hinzu: Schreibmaschinenunterricht und eine eigens entwickelte Blindenstenografi. Wenn es der Bildungsstand der Schüler zuließ, wurden sie für die höhere Blindenschule in Marburg, wo sie ihr Abitur machen und sich auf ein Studium vorbereiten konnten, ausgebildet. Erst 1970 wurde eine unterrichtliche Trennung von Blinden und Sehbehinderten vorgenommen.
Die Schule heute
Die Landesschule für Blinde und Sehbehinderte ist eine staatliche Einrichtung des Landes Rheinland-Pfalz. Heute werden hier über 200 Schüler mit vielfältigen Behinderungen unterrichtet in diversen Förderschwerpunkten und Bildungsgängen. Über die Hälfte der Schüler wohnen im angeschlossenen Internat bzw. in vier Ganzjahreswohngruppen. Eine Berufs- und eine Berufsfachschule sowie ein Kindergarten sind angegliedert.