Am Mittwoch, dem 23. Juni 1926, wurde das „Kunsthaus Heylshof“ als Nachlass von Freiherr Cornelius Wilhelm und Freifrau Sophie von Heyl zu Herrnsheim feierlich eröffnet und der Stadt Worms gestiftet.
Die Kunstsammlung gehört mit über hundert Gemälden sowie einer Vielzahl von Zeichnungen und Porzellan zu den vielseitigsten und gehaltvollsten Privatsammlungen Deutschlands. Als solche hat sie eine über das künstlerische Interesse hinausgehende, allgemeine Bedeutung. Sie gilt als ein stolzes Denkmal der einzigartigen Kultur, die das Bürgertum der deutschen Städte auch abseits von den großen Metropolen dokumentiert.
Das Museumgebäude, die frühere Villa Heyl in der Stephansgasse wurde 1881 bis 1884 auf dem Gelände des mittelalterlichen Bischofshofs bzw. der 1725 vollendeten und im Verlauf der Ereignisse im Gefolge der französischen Revolution zerstörten fürstbischöflichen Residenz erbaut. Architekt war der Semperschüler Alfred Friedrich Bluntschli. Das Museum wurde im Frühjahr 1945 teilzerstört und eingeschossig mit Walmdach wiederhergestellt. Seit 1961 ist es wieder öffentlich als „Kunsthaus Stiftung Heylshof“ zugänglich.
Die Stadtbibliothek Worms ist die öffentliche Bibliothek der Stadt Worms. Sie besitzt etwa 360.000 Medieneinheiten, von denen 50.000 den Altbeständen zugerechnet werden.
Die Stadbibliothek Worms gliedert sich in die Wissenschaftliche Stadtbibliothek mit etwa 300.000 im Magazin aufbewahrten Medien und in die Öffentliche Bücherei (einschließlich der Kinder- und Jugendbücherei) mit etwa 60.000 Medien in Freihandaufstellung.
Geschichte
Die Stadtbibliothek Worms entstand durch den Zusammenschluss mehrerer privater Vorläuferbibliotheken. Die Öffentliche Bücherei hat ihren Ausgangspunkt in der 1878 gegründeten Bücherei des Volksbibliotheksvereins Worms, die Wissenschaftliche Stadtbibliothek in der 1881 eingerichteten Paulusbibliothek des Altertumsvereins Worms, die von August Weckerling geleitet wurde.
1902 gründete die Stadt Worms aus dem Bestand des Volksbildungsvereins eine eigene Stadtbibliothek, deren Bestand 1906 durch die Schenkung der inzwischen 50.000 Bände umfassenden Paulusbibliothek deutlich vergrößert wurde. 1925 richtete die Stadtbibliothek Worms die erste Fahrbibliothek in Deutschland ein, die 52 Dörfer im rheinhessischen Umland versorgte. Bis zur Einstellung aus finanziellen Gründen im Jahr 1928 wurden über die Fahrbibliothek 32.600 Bücher ausgeliehen.
Während des Zweiten Weltkriegs wurden 110.000 der insgesamt 190.000 wissenschaftlichen Bände und die gesamte Volksbücherei bei Luftangriffen auf Worms zerstört, lediglich die ausgelagerten Titel blieben erhalten.
Die Öffentliche Bücherei wurde ab 1947 aus den Beständen der Kasino- und Musikgesellschaft Worms neu aufgebaut. Der erhaltene Bestand der Wissenschaftlichen Bibliothek wurde durch Ankäufe und Schenkungen aufgestockt, zu nennen sind unter anderem der Ankauf der Restbestände der Freiherrlich Heylschen Bibliothek in Schloss Herrnsheim im Jahr 1967, die Schenkung der Privatbibliothek Carl J. H. Villinger mit 10.000 Bänden und der Kauf der Bibliothek Wilhelm und Erna Salzer mit 5000 Bänden im Jahr 1968.
Bestände
Wichtige Sonderbestände der Stadtbibliothek Worms sind:
Exlibrissammlung mit 5500 Exemplaren
Historische Noten mit 6750 Exemplaren und 4000 Musikbücher
Inkunabelsammlung mit 165 Inkunabeln
Kant-Bibliothek mit 1100 Titeln (darunter nahezu alle Erstausgaben)
Luther-Bibliothek mit 666 Druckschriften der Reformationszeit
Nibelungenliedsammlung mit mehr als 800 Titeln vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart
NS-Literatur mit 3000 Titeln (unter anderem seltenen Verwaltungsvorschriften)
Wormatiensia (Regionalliteratur zu Worms und Umgebung) mit 5000 Titeln vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart
Das Backfischfest ist mit bis zu 700.000 Besuchern das, nach Angaben des Veranstalters, größte Volks- und Weinfest am Rhein. Es wird jährlich auf dem Festplatz „Kisselswiese“ der Nibelungenstadt Worms gefeiert und findet seit 1933 statt.
Im Mittelpunkt des Backfischfestes steht die älteste Zunft Deutschlands, die 1106 gegründete „Wormser Fischerzunft“.
Traditionell eröffnet wird das Backfischfest auf dem Marktplatz am Samstag vor dem letzten Sonntag im August, wo es eine Aufführung des historischen Wormser Gesellentanzes gibt. Der „Bojemääschter vun de Fischerwääd“ (Bürgermeister der Fischerweide) mit seiner Backfischbraut übernimmt symbolisch die Amtsgeschäfte im Rathaus während des Volksfestes am Rhein. Am ersten Sonntag schließt sich ein Festumzug durch Worms bis hin zum Festplatz an, bei dem die viele Vereine und zahlreiche Unternehmen teilnehmen. Während der Festwoche finden eine Reihe von Veranstaltungen wie die Fischerwääder Kerb statt. Seinen Abschluss findet das Fest am ersten Sonntag im September mit dem traditionsreichen Fischerstechen im Wormser Floßhafen und einem großen Feuerwerk am Rhein.
Zu den Attraktionen auf dem 2003 neu gestalteten und ca. 17.000 m² großen Festplatz gehören die zahlreichen Fahrgeschäfte, der Wonnegauer Weinkeller, ein Zelt, in dem mehr als 400 verschiedene rheinhessische Rot- und Weißweine sowie Winzersekt zur Verkostung angeboten werden und die Backfischbratereien, von denen das Fest seinen Namen haben soll. Als Ursprung des Namens kommt aber auch die Bezeichnung für junge Mädchen in Frage.
Backfisch
Backfisch ist eine – heute eher veraltete – Bezeichnung für Mädchen im Teenager-Alter.
Er stammt ursprünglich aus dem Fischfang und bezeichnete sehr junge Fische.
Bis in die 1950er Jahre war es eine Bezeichnung für junge Mädchen. So hießen Mädchenbücher früher auch „Backfischromane“ (Beispiel: Der Trotzkopf).
In den 1950er Jahren standen die Backfische den Halbstarken gegenüber, die in der Erwachsenenwelt provozieren wollten. Zu diesen gehörten nur wenige Mädchen, die Mädchenwelt war mehr eine „Kultur der vier Wände“, fand also in den Wohnräumen der Teenager statt, und befasste sich mit Mode, Musik (Schlager, zunehmend amerikanisiert) und Zeitschriften wie „Bravo“.
Liebfrauenmilch ist ein deutscher Qualitätswein (QbA), der aus Rheinhessen, dem Rheingau, der Pfalz oder von der Nahe kommt. Er wird vor allem exportiert.
Ihren Ursprung hat die Liebfrauenmilch in den Weinbergen der Liebfrauenkirche in Worms (Rheinhessen). Erstmals wurde die berühmte „Lieben Frauen Milch“ zu Worms 1744 erwähnt. Damals durfte diese Bezeichnung nur verwendet werden, wenn die Trauben in dem Bereich „soweit der Turm der Liebfrauenkirche seinen Schatten werfe“ wuchsen. Diese „echte“ Liebfrauenmilch ist heute als „Wormser Liebfrauenstift-Kirchenstück“ von den Winzern Gutzler, Schembs, Spohr und Valckenberg erhältlich.
Heute gilt Liebfrauenmilch eher als eine Marke für lieblichen Weißwein. Für Liebfrauenmilch dürfen nur bestimmte Rebsorten verwendet werden, die aber nicht auf dem Etikett genannt sind. Zu mind. 70 % muss der Wein aus den Rebsorten Riesling, Müller-Thurgau, Bacchus, Silvaner und/oder Kerner bestehen. Die Restsüße darf nicht unter 18 gr./l liegen.
Weil Liebfrauenmilch in den 1980er Jahren zu einem preiswerten Supermarktwein wurde, hat der bis dahin gute Ruf des deutschen Weißweins sehr gelitten. So findet sich Liebfrauenmilch abgefüllt in Großflaschen oder Getränkekartons beispielsweise in vielen britischen und russischen Supermärkten.
Die Fachhochschule Worms (University of Applied Sciences) ist eine betriebswirtschaftlich-technische Fachhochschule im rheinland-pfälzischen Worms.
Rund 2.700 Studentinnen und Studenten werden in zehn betriebswirtschaftlichen und vier technischen Studiengängen von 61 Professoren und etwa 100 Lehrbeauftragten betreut. Die Bewerberzahl übersteigt die Zahl der Studienplätze regelmäßig um das Fünf- bis Zehnfache.
Die Fachhochschule ist westlich des Stadtzentrums auf einem kleinen Campus gelegen. Im Rahmen eines Konversionsprojektes kürzlich hinzugestoßene Flächen und Garnisonsgebäude der amerikanischen Streitkräfte ermöglichen eine Vergrößerung des Campus. Der Ausbau durch zwei Neubaukomplexe wurde abgeschlossen. Die Renovierung und Erneuerung der alten Gebäude startet demnächst.
Erziehungswissenschaftliche Hochschule
1949: Gründung als „Pädagogische Akademie“ 1960: Umbenennung in „Pädagogische Hochschule“ 1969: Umbenennung in „Erziehungswissenschaftliche Hochschule“ 1 977: Konzentration der rheinland-pfälzischen Lehrerausbildung in Landau und Koblenz
Fachhochschule
1978: Umwandlung in die Abteilung Ludwigshafen/Worms der Fachhochschule Rheinland-Pfalz. 1996: Fachhochschule Worms wird eigenständig.
Studentenzahl
1969: ca. 800 1982: ca. 1200 2006: ca. 2600
Studienangebot
Die Fachhochschule Worms bietet Studienangebote in drei Fachbereichen (Studiengänge siehe unten):
Zum Beispiel im Fachbereich Touristik / Verkehrswesen, einem der ältesten und renommiertesten in Deutschland, bestehen langjährige Partnerschaften ins Ausland. Im Wintersemester 2006/07 startet der neue Master-Studiengang „Master of Arts in Tourism and Travel Management“. Außerdem bietet der Fachbereich noch einen Bachelor-Studiengang sowie einen Diplom-Studiengang (nur noch für Wechsler nach dem Vordiplom) an.
Mit dem Studiengang „Steuerwesen“ wurde erstmalig im Hochschulbereich in Deutschland ein eigener Studiengang angeboten, der auf die qualifizierte Tätigkeit in Steuerberatenden Berufen und Steuerabteilungen von Unternehmen vorbereitet.
Im technischen Bereich stellt das Zentrum für Technologietransfer und Telekommunikation (ZTT), eine Ausgründung der FH Worms, Praxisbezüge in Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft her. Seine Forschungs- und Entwicklungsprogramme werden durch Mittel aus der Industrie sowie von der DFG und der Europäischen Union gefördert.
Studiengänge
Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
International Management (Bachelor, ab WS 2007/08 auch Master) International Management im Praxisverbund (Bachelor, ab WS 2007/08 auch Master) Handelsmanagement (Bachelor) Internationales Handelsmanagement im Praxisverbund (Bachelor) Internationale Betriebswirtschaft und Außenwirtschaft (ab WS 2008/09 Bachelor und Master) Steuerwesen (Diplom)
Fachbereich Touristik / Verkehrswesen
Tourism and Travel Management (Bachelor, Master)
Fachbereich Informatik
Informatik (Diplom, keine Einschreibung mehr möglich, läuft aus) Informatik (Bachelor, ab WS 2007/08) Kommunikationsinformatik (Bachelor, ab SS 2009 ist auch ein Master geplant) Wirtschaftsinformatik (Bachelor, ab WS 2007/08 auch Master)
Internationalisierung des Studienangebots
Eine Schwerpunkt der Fachhochschule Worms ist die Internationalisierung des Studienangebots. Vier betriebswirtschaftliche Studiengänge haben durch die Integration von Studienphasen an ausländischen Hochschulen, die in den Studienordnungen vorgeschrieben sind, internationale Züge:
Internationale Betriebswirtschaft und Außenwirtschaft (IBA) Touristik / Verkehrswesen International Management Internationales Handelsmanagement
Es bestehen Kooperationsvereinbarungen mit etwa 100 Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen des tertiären Sektors in allen Ländern der Europäischen Gemeinschaft, in den USA, Mittel- und Südamerika, Osteuropa, Asien sowie Australien. Circa 20 % der Regelstudierenden stammen aus dem Ausland. Diese Quote liegt um den Faktor 5 über dem Landesdurchschnitt von 4 %.
Hochschulleitung
Präsident Prof. Dr. rer. nat. habil. Joachim W. Herzig Vizepräsidentin Prof. Dr.-Ing. Jutta Binder-Hobbach Kanzlerin Erika Rudel
Kuratorium
In das die Fachhochschule beratende Kuratorium wurden folgende Personen berufen:
Katrin Anklam-Trapp, MdL SPD Monsheim Fabian Engelhorn (Stellvertretender Vorsitzender), Geschäftsführender Gesellschafter Engelhorn KGaA Mannheim Jens Guth, MdL SPD Worms Dr. Dipl. Ing. Burkard Kemmann, Geschäftsführender Gesellschafter B+B Unternehmensberatung GmbH & Co. KG Grünstadt Dr. Hans-Eberhard Koch, Geschäftsführer Witzenmann GmbH Remchingen/Singen Hans-Joachim Kosubek, Kreisvorsitzender CDU Worms Thomas Köhler (Vorsitzender), Isperto-Unternehmensberatung Limburgerhof Annegret Reinhardt-Lehmann, Leitung Marketing Fraport AG Frankfurt Airport Services Worldwide Frankfurt am Main Dr. Bernd Ruhland, Software Entwicklungsleiter für die Firmengruppe MCS Vaihingen Dr. Patrick Sinewe, Steuerberater-Rechtsanwalt-Fachanwalt für Steuerrecht, Senior European Consultant Bird & Bird Worms Dr. Achim Schloemer, Geschäftsführer Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH Koblenz Markus Tkotz, Geschäftsführer Zentrale Dienste Markant Handels Service GmbH Offenburg Ass. jur. Andrea Wensch, Geschäftsführerin IHK Rheinhessen Worms
Hochschulrat
In den Hochschulrat wurden folgende Personen berufen:
Hon. Prof. Stefan Feuerstein, Vorsitzender des Hochschulrates, Honorarprofessor im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der FH Worms Michael Suden, Stellvertretender Vorsitzender des Hochschulrates, Prokurist, Niederlassungsleiter, Fa. Fiege Worms Prof. Dr. Burkhard Strobel, Professur für Handelsbetriebslehre, Handelscontrolling und Kooperationsmanagement, FB Wirtschaftswissenschaften, Fachhochschule Worms Prof. Dr. Roland Conrady, Professur für ABWL, Spezielle BWL der Touristischen Leistungsträger und/oder Reiseveranstalter/-mittler sowie E-Business Touristik, FB Touristik/Verkehrswesen, Fachhochschule Worms Christian Gutland, Geschäftsführer SAT Sanierungstechnik GmbH, Worms Dr.-Ing. Joachim Korbach, Geschäftsführer QVF Engenineering GmbH, Mainz Franziska Lemke, Studentin im Studiengang IBA, Fachhochschule Worms Prof. Dr. Achim Oßwald, Fakultät für Informations- und Kommunikationswissenschaften Institut für Informationswissenschaft, Fachhochschule Köln Angela Petermöller, Rechenzentrum, Fachhochschule Worms Prof. Dr. Detlev Steinbinder, Professur für Softwareentwicklung und Business-Engineering, FB Informatik, Fachhochschule Worms Prof. Dr. Joachim Herzig, Präsident, Fachhochschule Worms (beratend)
Das Eleonoren-Gymnasium in Worms wurde als Höhere Mädchenschule im Jahre 1874 gegründet. Sie erhielt 1906 mit dem Umzug in das durch Großherzogin Eleonore von Hessen-Darmstadt eingeweihte Gebäude am Karlsplatz ihren Namen. Die Schulgebäude wurde mehrfach erweitert und modernisiert. Aufgrund ihrer architektonischen Schönheit und Besonderheit sind ein Großteil der Gebäude mittlerweile auch denkmalgeschützt.
Heute besuchen 688 Schülerinnen und 472 Schüler das Eleonoren-Gymnasium. Die Schule gehört somit zu einer der größten in Rheinland-Pfalz.
Das Nibelungenlied ist ein mittelalterliches Heldenepos und das Nationalepos Deutschlands. Es entstand zu Beginn des 13. Jahrhunderts und wurde in der damaligen Volkssprache Mittelhochdeutsch aufgeschrieben. Der Titel, unter dem es seit seiner Wiederentdeckung Mitte des 18. Jahrhunderts bekannt ist, leitet sich von der Schlusszeile in einer der beiden Haupttextfassungen, *C, ab: hie hât daz mære ein ende: daz ist der Nibelunge liet („hier hat die Geschichte ein Ende: das ist das Lied von den Nibelungen‘“). Allerdings muss man beachten, dass „liet“ im Mittelhochdeutschen nicht als „Lied“ in unserem Sinne zu verstehen ist, sondern „Strophen“ oder „Epos“ bedeuten kann. Die dem (verlorenen) Original näher stehende Fassung *B (Haupthandschrift in St. Gallen) endet diz ist der Nibelunge NOT. Angehängt an das Nibelungenlied ist in den mittelalterlichen Handschriften eine formal eigenständige Erzählung, die das Geschehen fortzusetzen und zu rekapitulieren scheint, die „Klage“.
Der historische Kern
Das Nibelungenlied ist die wichtigste hochmittelalterliche deutsche Ausformung der Nibelungensage, deren Ursprünge bis in das heroische Zeitalter der germanischen Völkerwanderung zurückreichen. Ein historischer Kern der Sage ist die Zerschlagung des Burgunderreiches im Raum von Worms in der Spätantike (um 436) durch den römischen Heermeister Aëtius mit Hilfe hunnischer Hilfstruppen. Weitere historische Ereignisse, die hier vermutlich eine Rolle spielen, sind die Hochzeit zwischen Attila und der germanischen Fürstentochter Ildikó (453), sowie nach Meinung mancher auch der Streit im Haus der Merowinger zwischen Brunichild und Fredegunde
Form und Sprache
Das Nibelungenlied ist in sangbaren vierzeiligen Strophen gedichtet (heute als Nibelungenstrophe bezeichnet), deren Melodie sich jedoch nicht rekonstruieren lässt. Diese metrische Form ist ein Charakteristikum der Heldenepik (vgl. das Kudrun-Epos eines unbekannten Dichters und die Dietrichepik); tritt aber schon vor dem Nibelungenlied in der Lyrik auf, beim „Kürenberger“. Gesungene Strophenepik unterscheidet sich aufs deutlichste von der zeitgleichen höfischen Erzählliteratur, vor allem dem Antiken- und Artusroman, die fast ohne Ausnahme in (gesprochenen) Reimpaarversen gehalten ist. In dieser Hinsicht war das Nibelungenlied „archaischer“ als die „moderne“ Ritterliteratur eines Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach (der sich in seinem 'Titurel' allerdings auch in strophischer Epik versuchte) und Gottfried von Straßburg.
Die ca. 2.400 Strophen des Nibelungenlieds sind in 39 âventiuren (sprich: Aventüren) untergliedert, kapitelartige Erzähleinheiten von variabler Länge, die in den meisten Handschriften Überschriften tragen. Diese Überschriften und die Bezeichnung der Abschnitte als 'Aventüren' gehen jedoch nicht auf den Autor zurück, da jede Handschrift andere Titel setzt, diese also unabhängig von einander sind, und die dem Original am nächsten stehende St. Galler Handschrift nur Absätze zwischen den Abschnitten macht, ohne Titel.
An der Sprache und Erzählhaltung des Nibelungenliedes lässt sich ein zweifaches Dilemma ablesen: Nicht nur die Kluft zwischen mündlicher Improvisationstradition und Literarisierung (Mündlichkeit vs. Schriftlichkeit) wollte überbrückt sein; daneben war auch die auf völkerwanderungszeitliche (pseudo-)historische Sagenstoffe zurückgehende Tradition in ein christlich-hochadelig-höfisches Umfeld zu adaptieren. Der Kern der Nibelungensage muss 700 Jahre lang durch Epensänger mündlich tradiert worden sein. Dabei entstanden unzählige Varianten der Geschichte; verschiedene Sagenkreise wurden aneinandergeknüpft, Figuren wechselten ihre Rolle usw. Kein Wille eines Autors konnte den Stoff fixieren. Vor 1200 hatte man noch nie eine Umsetzung dieser Sage in eine buchliterarische Form versucht. So weist das Nibelungenlied – als Erstling einer neuen literarischen Tradition – sowohl (inhaltliche) Spuren seiner „autorlosen“ Vorgeschichte wie (sprachliche) Spuren der Dichtersprache der mündlichen Erzählkunst auf; aber zugleich zeigt es Züge des „großen“ antik-historischen Buchepos, an denen sich der Verschriftlichungsprozess sicherlich orientierte.
Die bekannte Eingangsstrophe ist ein wohl erst später, von der Fassung „C“, eingefügter einleitender Zusatz:
Uns ist in alten mæren wunders vil geseit von helden lobebæren, von grôzer arebeit, von freuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen, von küener recken strîten muget ir nu wunder hœren sagen.
Das Original begann sicher, wie die Handschrift „B“, mit der Vorstellung Kriemhilds:
Ez wuohs in Burgonden ein vil edel magedîn, daz in allen landen niht schoeners möhte sîn, Kriemhild geheizen. Si wart ein schoene wîp. dar umbe muosen degene vil verliesen den lîp.
'Es wuchs im Burgundenland eine Prinzessin (wörtlich: ein sehr adliges Mädchen) auf, so schön, dass es auf der ganzen Welt (wörtlich: in allen Landen) nichts Schöneres geben könnte, Kriemhild genannt. Sie wurde eine schöne Frau. Deswegen mussten viele Helden das Leben verlieren.'
Viele berühmte Szenen der Sage, wie der Drachenkampf Jung-Siegfrieds etwa, tauchen im Nibelungenlied nur in Form von Erwähnungen auf; die ganze Vorgeschichte wird entweder als bekannt vorausgesetzt oder, wahrscheinlicher, zu Gunsten Kriemhilds als Hauptfigur reduziert. Das Lied ist stilistisch von den Ansprüchen des mündlichen Vortrags geprägt, denn Alltagssprache und höfische Sprache mischen sich ebenso, wie bereits damals schon historisches Vokabular und zeitgenössische Begriffe des frühen dreizehnten Jahrhunderts. Kunstvoller literarischer Ton und komplizierte Konstruktionen wechseln mit formelhaften Formulierungen und einfachen, fast distanzierten Schilderungen durch den Erzähler, der sich selbst nur an wenigen Stellen des Werks erwähnt.
Sozialstruktur
Die literarische Version der Zeit um 1200 thematisiert anhand der Personen unterschiedliche Konzepte feudaler Gesellschaft: Siegfried verkörpert einen Herrschertyp, dessen Herrschaft auf körperlicher Stärke beruht, aber auch auf ererbtem königlichem Rang und der Akzeptanz der Gefolgsleute, die er sich durch weise Urteile verdient. König Gunther repräsentiert einen Herrscher, dessen Macht sich auf Familienangehörige und Ministeriale stützt, und der den Kampf um Herrschaft delegiert. Dietrich von Bern und Etzel wirken durch eine Autorität, die zum Teil auf dem Einsatz ihrer kräftigen Stimme beruht. Dazu kommt bei Dietrich, dass er nicht nur die Rechte des Herrn über die Gefolgschaft wahrnimmt, sondern bereit ist, seinen Leuten dafür auch Schutz angedeihen zu lassen, und aus der Wechselseitigkeit des Treueverhältnisses Ernst macht. Dietrich beweint den Tod seiner Leute, auch wenn sie ihn selbst verschuldeten, auch aus Mitleid mit ihnen und nicht nur als sein Unglück, dass er dadurch Gefolgsleute verlor (im Gegensatz zu Gunther, der nur erzürnt, dass man ihn der Gefolgsleute beraubt, wenn sie erschlagen werden, aber keine Trauer über ihren Tod zeigt). Bei Etzel kommt zur Autorität Toleranz hinzu (er duldet Christen und Heiden neben einander an seinem Hof) und die Bereitschaft, Vertriebenen aus vielen Ländern Gastfreundschaft zu gewähren. Der zentrale Konflikt ist der zwischen Vasallität, die Unterordnung und Gehorsam verlangt, und einer modernisierten Feudalherrschaft, die nicht mehr oder nur zum Teil auf dem Lehnswesen fußt. So sehen es jedenfalls derzeit viele Interpreten; da Begriffe wie „Vasallität“ und „Ministerialität“ im Nibelungenlied nicht genannt werden, sondern nur das Ergebnis von Interpretationen sind, ist diese Sichtweise stark umstritten. Der Begriff 'Vasall' wird in Deutschland im Hochmittelalter fast nie (mehr) gebraucht; er trifft eigentlich nur auf die Verhältnisse in Frankreich zu, von denen sich die deutschen auch um 1200 ziemlich stark unterscheiden. Während die Ministerialität um 1200 gerade nicht aus der Verwandtschaft der Herrscher kam, sind am Wormser Hof die bedeutendsten Positionen durch Verwandte der Könige besetzt (Hagen von Tronje, Dankwart, Ortwin von Metz). Die soziale Welt des Nibelungenliedes gibt sich, zumindest teilweise, archaisch. Vor allem in der Denkwelt Hagens ist ein zentraler Begriff 'mitfolgen', das heißt, der Gefolgsmann muss mit dem Herrn mitkommen (auf Reisen oder Kriegszüge), wenn dieser es befiehlt. Dem Namen nach ist also das alte Gefolgschaftswesen noch lebendig, wenn es sich auch inhaltlich stark vom sogenannten 'altgermanischen Gefolgschaftswesen' unterscheidet.
Gender im Nibelungenlied
Auch die Geschlechterrollen werden problematisiert: Die Wormser Könige werden nicht als solche eingeführt, sondern in ihrer Eigenschaft als Vormunde ihrer Schwester Kriemhild, der Hauptfigur. Sie steht nach dem Tod des Vaters zunächst unter der Vormundschaft der Brüder, nach ihrer Verheiratung unter der des Gatten. Ihre Schwägerin Brünhild akzeptiert die Vorherrschaft des Mannes nur, wenn er sie besiegen kann, dann aber vollständig. Im Gegensatz dazu akzeptiert Kriemhild die Geschlechterrollen zunächst vollständig, obwohl sie mehrfach mit ihnen Schwierigkeiten hat: Als sie anlässlich ihrer Eheschließung verlangt, dass ihr, als einem von vier Kindern des verstorbenen Vaters, die Brüder einen Anteil am Erbe herausgeben, sind alle Männer dagegen, auch ihr Gatte Siegfried. Vor allem für Hagen ist es unvorstellbar, dass er in Zukunft Gefolgsmann einer Frau werden könnte. Es ist ererbte Verpflichtung seiner Familie, 'den Königen' zu dienen. Dass das einmal eine Frau sein könnte, ist für ihn undenkbar. Er fühlt sich durch dieses Ansinnen von Kriemhild schwer beleidigt. Trotzdem ordnet Kriemhild sich zunächst unter; sogar das Züchtigungsrecht des Gatten akzeptiert sie (als Siegfried sie zur Strafe verprügelt, weil sie Brünhild beleidigte). Erst als ihr nicht nur der Gatte ermordet wird, sondern dann auch noch ihr Vermögen, durch fortgesetzten gemeinen Betrug, geraubt, und die Brüder in diesem Konflikt immer mehr zu Hagen halten, aus Treue zum Gefolgsmann, die sie höher werten als die Treue zur Schwester, wächst sie aus dieser Rolle heraus: „Wenn ich ein Ritter wäre“, wünscht sie sich (Strophe 1413 der Fassung „B“). Als sie schließlich ganz die Rolle der Frau verlässt und selbst zum rächenden Schwert greift, mit dem sie Hagen den Kopf abschlägt, kann das die Männerwelt nicht ertragen: Obwohl Hildebrand selbst Hagen zu erschlagen versucht hatte, ist es für ihn undenkbar, dass ein Held durch die Hand einer Frau stirbt, und er erschlägt sie dafür. Mit dem vollständigen Verlassen der von ihr zunächst gelebten Rolle der Frau ist auch ihr Leben beendet.
So werden drei Frauenbilder vorgestellt:
das moderne höfische, das zunächst das Kriemhilds ist, das Freude der Gesellschaft und Liebe für den Einzelnen und die Möglichkeit individueller Wahl des Partners durch die Frau mit Unterordnung unter die patriarchale Herrschaftsordnung zu vereinen versucht (was aber misslingt)
als Gegenkonzept das archaisch-mythische Brünhilds, die die Herrschaft des Mannes nur akzeptiert, wenn er die Frau zu besiegen vermag. Ihr entspricht auch die Einstellung Siegfrieds, der seinem Kampf im Bett gegen Brünhild gesellschaftsrelevante, gleichsam mythische Dimensionen gibt (Strophe 670 in Hs. B): „O weh“, dachte der Held, „wenn ich jetzt durch eine Jungfrau das Leben verliere, dann dürfen alle Frauen von jetzt an in alle Zukunft gegen ihren Mann übermütig sein, auch eine, die es sonst nie tun würde.“
unauffällig im Hintergrund das Frauenbild von Kriemhilds Mutter Ute, die ihr eigenes Leben als glücklich empfindet und aus dem Schutz durch die männlichen Verwandten Sicherheit schöpft. Dieses Frauenbild einer alten Generation wird durch das neue, zum Scheitern verurteilte Konzept individueller höfischer Liebe und gesellschaftlicher Freude bedroht.
Die Rolle des Mannes wird von Siegfried, Dietrich, Rüdiger von Bechelaren und Etzel unterschiedlich, und in jedem Fall abweichend von der Sichtweise des Wormser Hofes gesehen, an dem eine ziemlich einheitliche Sichtweise von richtig männlichem Verhalten herrscht: Über alles geht die Treue zum Kriegerkameraden; auch wenn er sich ins Unrecht gesetzt hat, ist er bedingungslos gegen seine Gegner zu unterstützen. Das höchste Ziel des Kriegers wird am deutlichsten ausgesprochen von Wolfhart, einem jungen Heißsporn unter den Leuten Dietrichs von Bern: der Nachruhm nach einem Heldentod. Das gewährt ihm das Nibelungenlied auch: Wolfhart erhält von einem König, Giselher, eine tödliche Wunde, ist aber nicht sofort tot. Da er weiß, dass er gleich sterben wird, ist Verteidigung sinnlos. Er kann daher den Schild wegwerfen und mit beiden Händen das Schwert packen und so fest auf Giselhers Haupt schlagen, dass dessen Helm bricht. Giselher ist sofort tot. Wolfhart kann im Sterben noch sehen, dass ein würdiger Gegner ihn fällte, er selbst sich dafür rächen konnte und außerdem sein Oheim Hildebrand anwesend ist, der den Nachruhm Wolfharts verbreiten kann. Er stirbt glücklich (Strophe 2299 in Hs. B). Dagegen beweint Dietrich Wolfharts Tod: dieses Heldenideal gilt nicht für alle.
Die Handlung
Das Nibelungenlied besteht aus zwei Teilen: Im ersten Teil steht Kriemhilds erste Ehe mit Siegfried und Siegfrieds Tod, im zweiten ihre Rache im Mittelpunkt. Das räumliche Umfeld ist das Burgundenreich am Rhein, sowie (im zweiten Teil) Südostdeutschland und das Donaugebiet des heutigen Österreichs und Ungarns.
Am Königshof in Worms lebt Kriemhild zusammen mit ihren drei Brüdern Gunther, Gernot und Giselher, die ihre Vormunde sind, und ihrer Mutter Ute. Wichtige Gefolgsleute der Könige sind Hagen von Tronje, ein Verwandter der Könige, Hagens Bruder Dankwart und aus deren Verwandtschaft weiterhin Ortwin von Metz; sowie unter den Hofbeamten der Küchenmeister Rumold. Kriemhild träumt, dass sie einen Falken aufzieht, den zwei Adler zerfleischen. Ihre Mutter deutet den Traum: der Falke bedeutet einen edlen Mann, und Kriemhild läuft Gefahr, ihn zu verlieren, wenn Gott ihn nicht beschützt. Kriemhild weist den Gedanken an Mann und Liebe von sich; sie will bis an ihren Tod jungfräulich bleiben, weil die Liebe schon vielen Frauen Leid brachte. Die Mutter versucht, sie zu beruhigen und weder den Traum noch die Liebe, die den Menschen glücklich mache, als gefährlich darzustellen. Trotzdem wird Kriemhild lange Zeit die Liebe ablehnen. Parallel dazu wird Siegfried vorgestellt, der Sohn König Siegmunds und Königin Sieglindes von Xanten am Niederrhein. Siegfried hat wunderbare Anlagen und wird von weisen Erziehern zu einem in jeder Hinsicht vorbildlichen zukünftigen Herrscher erzogen. Wichtigstes im Detail geschildertes Ereignis in Siegfrieds Jugend: seine Schwertleite (Ritterschlag); das erste der Feste im Nibelungenlied und das einzige, auf dem alle nur Freude und niemand Leid empfindet. Obwohl die Fürsten seines Reiches Siegfried gerne als Herrscher sähen, respektiert er seine Eltern und will sie nicht zum Abdanken bringen, sondern zieht aus, sich ein eigenes Reich zu erwerben und um die alle Werber ablehnende Kriemhild zu werben, obwohl seine Eltern einwenden, dass das mächtige Wormser Königreich nicht eine Prinzessin an das kleinere Xantener Reich verheiraten würde. Trotzdem zieht Siegfried mit nur zwölf Gefährten aus und ist sich sicher, dass er Kriemhild - notfalls mit Gewalt - für sich gewinnen kann. Als er in Worms ankommt, ahnt Hagen, dass der Ankömmling nur Siegfried sein kann, und erzählt dem Hof dessen Geschichte: Siegfried hat den wunderbaren Hort des verstorbenen Königs Nibelung erworben, indem er dessen Söhne erschlug, die bei der Erbteilung in Streit gekommen waren, daraufhin Siegfried baten, ihnen den Hort zu teilen, aber auch mit seinem Teilungsvorschlag nicht einverstanden waren und zornig auf ihn losgingen. Vorausschauend hatte Siegfried im voraus als Lohn für die Erbteilung das Schwert des Nibelung, Balmung, verlangt, und erschlug damit sie und ihr riesisches Gefolge. Dem Zwergen Alberich, der den Hort in einem unsichtbar machenden Tarnmantel, genannt tarnkappe (Tarnkappe), bewachte, konnte er diese abnehmen und ihn dann fesseln. Alberich musste hinfort als Kämmerer den Hort für Siegfried bewachen. Außerdem, setzt Hagen fort, erschlug Siegfried einmal einen Drachen und badete in dessen Blut, so dass er seither eine unverletzliche Hornhaut besitzt. Wir sehen: das erste, was Hagen von Siegfried berichtet, ist die Erwerbung des Hortes. Vor allem Hagens Gedanken sind immer wieder auf dessen Besitz fixiert. Gunther geht daraufhin Siegfried entgegen (was ehrenvoll ist und die Anerkennung von Gleichrangigkeit bedeutet), aber Siegfried fordert zur Überraschung aller Gunther zum Zweikampf heraus, und dem Sieger sollten die Erbe beider gehören. Der Wormser Hof geht darauf nicht ein: das Burgundenreich ist ein Erbreich; man hat es weder nötig, jemandem sein Reich mit Gewalt abzunehmen, noch will man es gegen Gewalt abtreten. Daraufhin entschließt sich Siegfried, die freundschaftlichen Angebote der Wormser anzunehmen und als Gast zu bleiben. Dass sein eigentlicher Zweck die Werbung um Kriemhild ist, erwähnt er nicht, denn das niederrheinische Reich um Xanten ist nicht so bedeutend wie das Burgundenreich am Oberrhein um Worms; man würde die Prinzessin wohl nicht dorthin verheiraten. Er bleibt ein Jahr, in dem es ihm gelingt, sich den Wormsern unentbehrlich zu machen. Insbesondere hilft er ihnen, als die Sachsen und Dänen mit einem übermächtigen Heer das Wormser Reich erobern wollen. Siegfried leitet umsichtig den Kriegszug und besiegt außerdem persönlich die beiden feindlichen Könige im Zweikampf und nimmt sie gefangen. Beim Siegesfest versucht man, ihn mit Kriemhild zu ködern, um weiterhin seiner Hilfe sicher zu sein, da man erkannt hat, was ihn zur Hilfeleistung motiviert. Kriemhild und Siegfried tauschen liebevolle Blicke. Trotzdem will Siegfried erst werben, wenn er auch Gunther zu einer Braut verholfen hat. Gunther hat sich Brünhild in den Kopf gesetzt, die Königin von Island, wovon Siegfried abrät. Siegfried war schon an Brünhilds Hof und kennt sich dort gut aus. Brünhild verlangt von den Werbern, sie in einem Dreikampf zu besiegen; ansonsten verlieren sie das Leben. Gunther könnte ihre magischen Kräfte nie besiegen, die sie ihrer Jungfräulichkeit verdankt. Hagen rät, Siegfried möge Gunther zu ihr verhelfen. Siegfried verspricht es, wenn Gunther ihm dafür Kriemhild zur Frau gibt. Auf märchenhafte Weise segeln Gunther, Siegfried, Hagen und Dankwart nur zu viert in einem kleinen Schifflein nach Island. Brünhild erwartet zunächst, Siegfried wolle um sie werben. Um nicht Brünhilds Verdacht zu erregen, warum er mitkommt, wenn Gunther wirbt, gibt Siegfried sich als Gefolgsmann Gunthers aus. Um diese Täuschung zu vervollkommnen, leistet Siegfried für Gunther den Stratordienst: er führt Gunthers Pferd vor aller Augen am Zügel. Durch die Tarnkappe unsichtbar gemacht, besiegt Siegfried Brünhild so, dass sie glaubt, Gunther habe es geleistet. Um die Ehe (damit auch die politische Einheit Gunther-Brünhild) nicht zu gefährden, darf sie nicht erfahren, dass sie einem Betrug aufgesessen ist. In Worms wird Siegfried zu ihrer Verwunderung genau so königlich behandelt wie Gunther. Es gibt eine Doppelhochzeit: Gunther – Brünhild und Siegfried – Kriemhild. Siegfrieds Vermählung mit ihrer Schwägerin Kriemhild erscheint Brünhild als eine Mesalliance (franz. Missheirat). Brünhild weint an der Hochzeitstafel und verlangt von Gunther Aufklärung. In der Hochzeitsnacht (in Worms) fesselt Brünhild Gunther mit ihrem Gürtel und hängt ihn an einen Nagel an der Wand, weil er ihr nicht verrät, warum seine Schwester Kriemhild nicht zu gut als Frau für Siegfried ist, obwohl Siegfried als Gatte für Brünhild nicht ebenbürtig wäre. Erst Siegfried bezwingt Brünhild in der zweiten Nacht – wieder mit Hilfe der Tarnkappe. Dabei entwendet er ihren Ring und ihren Gürtel, die klassischen Zeichen für eine erfolgreiche Defloration, obwohl ausdrücklich betont wird, dass Gunther seine Frau selbst entjungfert. Es ist keine Vergewaltigung, sondern nachdem der vermeintliche Gatte sie niedergerungen und ihr dadurch seine Stärke bewiesen hat, ergibt sie sich freiwillig. Erst durch den Verlust der Jungfräulichkeit ist sie nicht mehr stärker als eine normale Frau.
Noch neun Jahre später bewegt Brünhild immer wieder die Frage nach einer eventuellen Vasallität Siegfrieds, beziehungsweise vor allem, dass Kriemhild in ihrer Ehe glücklich ist, obwohl Siegfried auf Island gesagt hatte, dass er nicht um Brünhild werbe, weil er nur Gefolgsmann Gunthers sei. Nach der Ankunft in Worms war plötzlich alles anders, und weder Siegfried noch Kriemhild leisteten irgendwelche Dienste für Gunther, nun schon neun Jahre lang. Brünhild ist sich sicher, dass sie irgendwie betrogen wurde, aber sie ahnt nicht, wie und warum. Sie will die Wahrheit wissen und lässt ihre Überredungskünste spielen, bis Gunther auf ihre Bitten Siegfried und Kriemhild zu Besuch nach Worms einlädt. Siegfried und Kriemhild leben teils im Reich seines Vaters, um Xanten, teils im Nibelungenland, das in Norwegen gedacht ist. Hagen denkt auch bei dieser Gelegenheit wieder an Siegfrieds Reichtum und den Nibelungenhort. In Worms geraten die Frauen über die Frage nach dem Rang ihrer Männer in Streit: Auf ein überschwängliches Lob, das Kriemhild über ihren Gatten Siegfried ausspricht, als er sich im Turnier hervortut, erklärt Brünhild, dass sie selbst gehört habe, wie Siegfried sagte, dass Gunther sein Herr sei. Daher, überspitzt Brünhild, halte sie ihn für einen Eigenmann (einen Unfreien), und Kriemhild sei durch die Heirat zu einer Dienstmagd geworden – so weit waren Siegfrieds Äußerungen und Handlungen auf Island nicht gegangen (und den Steigbügeldienst als Symbol der Unterordnung hatte auch Papst Hadrian IV. von Kaiser Friedrich I. Barbarossa verlangt – für das Publikum des Nibelungenliedes hat die Frage, wie tief man sich durch den Stratordienst erniedrigt, also eine hochpolitische Komponente). Kriemhild gerät ebenfalls in Zorn. Beide wollen den Streit in der Öffentlichkeit austragen, um zu sehen, ob die Gemahlin Gunthers oder die Gemahlin Siegfrieds als ranghöher gilt: welche der beiden zur Abendmesse zuerst das Münster betreten darf, soll die Entscheidung bringen. Kriemhild bereitet sich für diesen Auftritt entsprechend vor: Als Brünhild vor dem Eintritt ins Münster Kriemhild befiehlt, stillzustehen, und sie als eigen diu ('leibeigene Dienstmagd') beschimpft, weist Kriemhild Ring und Gürtel von Brünhild vor (die ihr Siegfried geschenkt hatte, als Beweis, wo er in der Nacht gewesen war – Kriemhild hatte ihn natürlich danach gefragt) und nennt sie eigen mannes kebse ('die Kebse eines leibeigenen Mannes'). Der Streit (den Streit in den altnordischen Parallelüberlieferungen bezeichnet man mit dem altnordischen Wort „Senna“), dessen letzter Teil öffentlich, vor dem Münster, ausgetragen wird, endet mit Tränen Brünhilds. Daraufhin schlägt Hagen Gunther im „Mordrat“ die Ermordung Siegfrieds vor.
Hagen von Tronje hält Siegfried für eine Bedrohung des Hofes von Worms. Hagen überzeugt Gunther davon, dass es ihm nützt, wenn man Siegfried ermordet. Zögernd gibt Gunther nach. Hagen gelingt es, Kriemhild das Geheimnis zu entlocken, dass eine Stelle von Siegfrieds Rücken, die beim Bad im Drachenblut von einem Lindenblatt bedeckt wurde, verwundbar blieb. Hagen tötet Siegfried mit einer Lanze, als dieser sich zu trinken über eine Quelle beugt. Er hatte Siegfrieds verwundbare Stelle von Kriemhild auf der Kleidung markieren lassen unter dem Vorwand, gerade diese Stelle besonders beschützen zu wollen.
Kriemhild bleibt nach dem Tod Siegfrieds in Worms und lehnt das Angebot Siegmunds ab, mit ihm nach Xanten zu kommen. Besonders Ute und Giselher überreden sie dazu, weil die Blutsverwandten ihr besseren Schutz geben könnten als die Verwandten des ermordeten Gatten. Kriemhild verbringt Jahre mit Trauer und Gebet. Brünhild herrscht dagegen stolz und unangefochten, mit übermüete ('Hochmut'). Das Weinen Kriemhilds ist ihr gleichgültig. Hagen bringt die Könige dazu, Kriemhild zu überreden, den Nibelungenhort nach Worms kommen zu lassen. Sie benutzt aber den Schatz (ihre Morgengabe, daher ihr Eigentum), um fremde Recken an sich zu binden, indem sie ihnen Geschenke macht, aus denen sie eine Verpflichtung herleiten kann. Hagen ahnt, dass sie damit Freunde gewinnen könnte, die den Mord rächen und Hagen gefährlich werden könnten. Als Hagen das bemerkt, unterrichtet er Gunther von der Bedrohung. Während die Könige eine „Reise“ unternehmen, nimmt Hagen den Schatz an sich und versteckt ihn im Rhein. Die Reise dient der Rechtfertigung der Könige, die so vorgeben können, nichts gewusst zu haben. Kriemhilds Klagen bei ihren Brüdern bleiben fruchtlos, sie weisen die Verantwortung von sich; Hagen zieht sich für eine Weile vom Hof zurück. Damit endet der erste Teil.
Kriemhilds Rachepläne erhalten eine Chance zur Umsetzung, als der Hunnenkönig Etzel sie heiraten will. Schon im Vorfeld sichert sie sich die unbedingte Gefolgschaft des Werbers, Rüdigers von Bechelaren (Pöchlarn an der Donau). Hagen versucht, die Ehe zu verhindern; er erkennt, dass Kriemhild ihre Macht benutzen wird, um Siegfried zu rächen. Die Könige, besonders Giselher, hoffen aber, sie mit dieser Heirat, die ihr Ehre und Ansehen zurückgeben wird, zu „ergetzen“, d. h. die Schuld (Siegfrieds Tod) zu sühnen. Kriemhild zieht mit großem Gefolge ins Land der Hunnen und wird dort zu einer mächtigen Monarchin.
Jahre später lädt sie ihre Brüder und Hagen, dem sie den Mord an Siegfried und den Raub des Nibelungenschatzes niemals verziehen hat, ins Land der Hunnen (Ungarn) zu einem Hoffest ein. Die Eingeladenen vermuten eine Falle. Zu den Warnern gehören der Küchenmeister Rumold, dessen humorvolle Worte berühmt sind ('Rumolds Rat'), sowie die alte Ute. Gerade wegen der Warnungen, um nicht als Feigling zu gelten, befürwortet Hagen nun die Reise, obwohl er zunächst als erster vor ihr gewarnt hatte. Die Burgunden begeben sich schließlich auf die Reise entlang der Donau, weil sie der Meinung sind, durch die Mitnahme von 1000 Kriegern (mit 9000 Knechten) genug gegen Rachepläne Kriemhilds oder Herrschaftspläne Etzels geschützt zu sein. Zum Abschied hält Gunther noch einmal das Beilager mit Brünhild. Das ist ihr letztes Auftreten im Nibelungenlied. Während der Reise an Etzels Hof wird Hagen von weissagenden Wasserfrauen gewarnt, allen stehe der Untergang bevor, nur der Kaplan werde lebend nach Worms zurückkehren. Hagen will diesen sogleich töten, damit die Prophezeiung sich nicht erfülle, und wirft ihn, der nicht schwimmen kann, während der Überfahrt mitten in die Hochwasser führende Donau; aber der Kaplan kann sich durch ein Wunder Gottes ans Ufer retten. Damit weiß Hagen: die Prophezeiung ist wahr. Bis zum Ende tut er daher alles, um das Schicksal herauszufordern, und verhöhnt gleich nach der Ankunft in Ungarn Kriemhild offen. Die Burgunden weigern sich, am Hof Etzels die Waffen abzulegen: im Feudalismus eine offene Kampfansage und schwere Beleidigung des Gastgebers. Doch Etzel gibt nach und lässt den Gästen die Waffen. Er ahnt nichts von den Racheplänen seiner Frau. Kriemhild versucht mit Hilfe von Etzels Bruder Blödel, Hagen töten zu lassen. Das misslingt jedoch. Ebenso kann Kriemhild ihre beiden Brüder Gernot und Giselher nicht zur Abkehr von Hagen bewegen. Etzel ist den Gästen freundlich gesinnt und will den sechsjährigen Sohn Kriemhilds und Etzels, Ortlieb, den sie hatte christlich taufen lassen, als Bindeglied zwischen beiden Reichen den Burgunden zur Erziehung nach Worms mitgeben. Hagen prophezeit daraufhin den Tod des Kindes; er ahnt in diesem anscheinend guten Angebot einen Vormachtsanspruch Etzels. Zugleich bringt Kriemhild es durch ihr Intrigenspiel dazu, dass Etzels Bruder Blödel den Bruder Hagens, Dankwart, der die Knechte beaufsichtigt, zum Zweikampf herausfordert. Dankwart erschlägt Blödel sofort; daraufhin erschlägt eine Schar von Hunnen die wehrlosen Knechte der Burgunden. Dankwart kann sich durch die Hunnen eine blutige Gasse zum Rittersaal bahnen und Hagen den Vorfall berichten. Daraufhin tötet Hagen Ortlieb und fordert die Burgunden auf, die Hunnen zu erschlagen. Es kommt zum Blutbad. Im Laufe der Kämpfe gehen die Helden beider Seiten zugrunde; von den Burgunden leben nur mehr Gunther und Hagen. Dietrich von Bern bezwingt Hagen und Gunther und liefert sie gefesselt Kriemhild aus, verlangt aber, dass sie ihnen das Leben lassen soll, falls sie zu Genugtuung für das ihr angetane Leid bereit sind. Dietrich vertritt den Standpunkt, dass auch für einen Mord Geldbuße geleistet werden kann. Daraufhin fordert Kriemhild von Hagen Genugtuung, um Dietrichs Bedingung zu erfüllen – allerdings ohne zu erwarten, dass Hagen sie leisten wird. Hagen erklärt, so lange einer der drei Könige lebt, nicht zu verraten, wo sich der Hort befindet. Daraufhin lässt sie Gunther das Leben nehmen. Als sie mit dem Haupt ihres Bruders vor Hagen tritt, erklärt dieser, nun wüssten nur Gott und er den Aufenthalt des Hortes. Provokant hat er das Schwert Siegfrieds, das er widerrechtlich, durch Leichenraub, sich nach dem Mord angeeignet hatte, an den Etzelshof mitgenommen. Dieses ergreift nun Kriemhild und, nachdem es den von ihr dazu angestifteten Männern nicht gelungen war, sie zu rächen, schlägt sie Hagen eigenhändig mit Siegfrieds Schwert den Kopf ab. Die Männer sind entsetzt, auch Etzel; nicht über den Tod Hagens, den er selbst wünschte, sondern dass der größte Held durch die Hand einer Frau starb. Zur Rache dafür erschlägt Hildebrand, der alte Waffenmeister Dietrichs, Kriemhild. Am Ende stehen Dietrich von Bern, Hildebrand, Etzel und die ritterliche Gesellschaft weinend vor der Bilanz unsagbaren Elends, und auch der Erzähler nimmt trauernd Abschied. Die Worte der unerfahrenen Kriemhild aus der Eingangsaventüre, „Es hat sich an vielen Frauen gezeigt, dass Liebe am Schluss mit Leid lohnen kann“, werden vom Erzähler in der vorletzten Strophe variiert zu: „wie die Liebe am Schluss immer Leid gibt“. Dieses Leid betrifft aber nicht nur die Liebeshandlung, sondern die ganze höfische Gesellschaft mit ihrem Streben nach Freude, sowohl kollektiver Freude, die im Fest verwirklicht werden soll, als auch nach individueller Freude. Um Freude empfinden zu können, braucht das höfische Individuum vor allem zweierlei: individuelles Liebesglück mit einem selbst gewählten Partner (im Gegensatz zur vorhöfischen Gesellschaft, in der man glücklich wurde, wenn man gut verheiratet wurde, wie Kriemhilds Mutter Ute in Str. B 14 formuliert) und außerdem Ehre, das ist das Ansehen, das man bei den anderen genießt. Dem Mann wird Ehre vor allem für heldenhaften Kampf zuteil. Dieses Streben des Individuums und der höfischen Gesellschaft nach Freude ist am Ende gescheitert. Alte Photographie eines Bühnenschauspielers, der Siegfried am Amboss mimt Alte Photographie eines Bühnenschauspielers, der Siegfried am Amboss mimt
Überlieferung
Der Text des Nibelungenlieds ist in ca. 35 (großteils nur fragmentarisch erhaltenen) deutschen Handschriften und einer niederländischen Umarbeitung erhalten (darunter zwei Handschriften, die nur die „Klage“ enthalten und ein Aventiurenverzeichnis). Die Handschriften wurden vorwiegend im südlichen Teil des deutschen Sprachgebietes (Schweiz, Vorarlberg, Tirol) gefunden. Die drei ältesten Textzeugen (Haupthandschriften) bezeichnete Karl Lachmann mit Buchstaben (Siglen) folgendermaßen:
A = Hohenems-Münchener Handschrift (letztes Viertel 13. Jh.), in der Bayerischen Staatsbibliothek B = St. Galler Handschrift (Mitte 13. Jh. oder etwas früher), in der Stiftsbibliothek St. Gallen C = Hohenems-Laßbergische / Donaueschinger Handschrift (2. Viertel 13. Jh.), seit 2001 in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, vgl.
Diese drei Manuskripte gelten gleichzeitig als Hauptvertreter dreier verschiedener Textfassungen, deren Verhältnis zueinander bis heute weitgehend ungeklärt ist. Die autornächste Fassung ist zweifellos B. Neben den drei Hauptüberlieferungssträngen (A, B und C) wird man auch von einer breiten mündlichen Tradition ausgehen müssen, deren Rückwirkung auf die schriftlichen Fassungen jedoch schwer einzuschätzen ist.
Weiterhin gruppiert man die Handschriften bzw. ihre Textfassungen nach dem letzten Vers des Textes. So enden Handschrift A und B mit dem Text: „daz ist der Nibelunge not“ („das ist der Untergang der Nibelungen“). Diese Texte werden darum als Not-Fassung bezeichnet. Handschrift C allerdings endet auf „daz ist der Nibelunge liet“ („das ist das Lied/Epos von den Nibelungen“). Dieser Text wird darum „Lied-Fassung“ genannt. Der C-Text ist eine Bearbeitung mit Rücksicht auf das Publikum und mildert vor allem die Tragik. Dadurch wurde er beliebter, obwohl, zumindest für heutiges ästhetisches Empfinden, der B-Text die größere künstlerische Leistung darstellt.
Nibelungenkenntnis im Mittelalter
Der Stoff der Nibelungensage war im deutschen, nordischen und englischen Sprachraum das ganze Mittelalter hindurch sehr bekannt und verbreitet. Dichter und Geschichtsschreiber erwähnen gelegentlich Figuren oder Konstellationen der Sage; dabei kann man jedoch nicht immer entscheiden, ob die Kenntnis auf das Nibelungenlied (bzw. eine seiner Vorstufen) zurückgeht oder auf eine der zahlreichen anderen Fassungen (Teilversionen) dieses Stoffes.
So erzählt im 10. Jahrhundert ein süddeutscher (vermutlich bairischer) Mönch in dem lateinischen Schulepos Waltharius Hagens und Gunthers Vorgeschichte, die im Nibelungenlied in der 28. Aventiure und in der 39. Aventiure mehrmals anklingt. Im 'Waltharius' sind Gunther und Hagen Franken, in Worms am Rhein, aber nicht Burgunden wie im Nibelungenlied. Auch dort ist Gunther schatzgierig und raubt mit Hagens Hilfe in einem feigen Überfall in den Vogesen einen Schatz, aber weder Siegfried noch ein anderer Drachentöter kommt vor, sondern die beiden berauben Walther von Aquitanien, der mit seiner Braut Hildegund von Attilas Hof (in Ungarn) floh, dabei Attilas Schatzkiste mitnahm und bei Worms den Rhein überquerte. Dem lateinischen Ruodlieb des 11. Jahrhunderts hat man nachgesagt, dass er von Siegfrieds Biographie angeregt gewesen sein könnte. Um 1165–1175 erwähnt der Kleriker Metellus von Tegernsee (Ode 30), dass ein bei den Teutones berühmtes Lied von den Taten des Roger (Rüdiger) und Tetrix (Dietrich) an der Erlaf (heute Erlauf; Fluss, der bei Pöchlarn in die Donau mündet) handelt. Etwa zur selben Zeit muss sich der Bischof Gunther von Bamberg von seinem Domscholaster Meinhart dafür rügen lassen, dass er sich immer nur mit Attila und den Amelungen (Dietrich von Bern) beschäftigt – damit ist die Heldenepik insgesamt angesprochen. Der Spruchdichter Herger (2. Hälfte des 12. Jahrhunderts) vergleicht Wernhart von Steinsberg (bei Sinsheim) mit Rüedeger von Bechelaeren (26,2). Damals war also am Mittel-/Oberrhein in Adelskreisen der Nibelungenstoff gut bekannt. Der dänische Geschichtsschreiber Saxo Grammaticus berichtet um 1200, freilich anekdotenhaft, dass ein deutscher Sänger den 1131 ermordeten schleswigschen Herzog Knut habe warnen wollen, indem er speciosissimi carminis contextu notissimam Grimilde erga fratres perfidiam de industria memorare adorsus ('indem er absichtlich begann, im Kontext eines ausgezeichneten Gedichtes den allseits bekannten Verrat Kriemhilds an ihren Brüdern vorzutragen'). Auch die Versenkung des Nibelungenhorts im Rhein war sprichwörtlich. Der Minnesänger Otto von Botenlauben spielt in einem seiner Lieder darauf an (ze loche in dem rine). Literarisch bedeutsame Querbeziehungen hat das Nibelungenlied insbesondere mit dem vermutlich nahezu gleichzeitig entstandenen Parzival-Roman Wolframs von Eschenbach.
Mitte des 13. Jahrhunderts erwähnt der gelehrte Wanderdichter Marner Kriemhilds Verrat an ihren Brüdern, Siegfrieds Tod und den Nibelungenhort als Publikumsrenner, die er jedoch selbst nicht im Programm habe. Hugo von Trimberg spricht in seiner höfischen Lehrschrift Renner in einer ähnlichen Aufzählung von gern gehörten Erzählstoffen von Kriemhilds „mort“, von Siegfrieds Drachen und vom Nibelungenhort (V. 16183ff.).
In Schweden und Norwegen waren Teile der Nibelungensage schon um 1000 bekannt. In England erscheint sie schon im Beowulf (spätestens 10. Jh.), doch in ganz anderer Ausformung: der Drachentöter heißt dort Sigmund (im Nibelungenlied: Siegfrieds Vater), und er tötet den Drachen erst, als er schon einen erwachsenen Sohn hat. Auch in Skandinavien, wo die dem deutschen 'Siegfried' entsprechende Figur 'Sigurd' heißt, ist die Geschichte von dessen Vater Sigmund ausführlich erzählt und vielleicht älter als die Sigurdsage. Der Sohn Sigmunds, der im Beowulf genannt wird, ist im Norden Halbbruder Sigurds.
Der Nibelungenstoff im Spätmittelalter
Aus dem 15. Jahrhundert stammen Fassungen des Nibelungenlieds, die es im Grunde zu neuen Texten umarbeiten. Generell besteht in der handschriftlichen Überlieferung die Tendenz zur Integration des Stoffes in das Leben des Dietrich von Bern. In diesen Fassungen werden beispielsweise der erste Teil stark reduziert (z. B. Handschrift n) oder neue motivliche Anbindungen gesucht (z. B. Heldenbuch-Prosa um 1480: Burgundenuntergang als Kriemhilds Rache an Dietrich für den Mord an Siegfried im Rosengarten zu Worms).
Im 16. und 17. Jahrhundert wird das strophische Lied vom Hürnen Seyfried (Vom verhornten Siegfried) gedruckt, das in Details wohl auf das 13. Jahrhundert zurückgeht und manche Züge aufweist, die sonst nur die nordische Überlieferung kennt. Der Vater Kriemhilds heißt hier Gybich (nord. Gjuki); Günther, Hagen und Gyrnot sind Brüder.
1557 dramatisiert Hans Sachs in seiner „Tragedj mit 17 personen: Der Huernen Sewfrid“ das Lied. Im 17. bis 19. Jahrhundert blieb der Stoff populär, wie an den mehrfachen Auflagen des Volksbuchs mit dem Titel Eine Wunderschöne Historie von dem gehörnten Siegfried abzulesen ist. Der älteste bekannte (jedoch nicht erhaltene) Druck dieser Prosa-Umarbeitung erschien 1657 in Hamburg. Dem Zeitgeschmack entsprechend heißt Kriemhild hier Florimunda (Florigunda?).
Rezeptionsgeschichte
Nach der Wiederentdeckung der Handschriften des Nibelungenlieds durch Jacob Hermann Obereit (1755) und der ersten vollständigen Ausgabe in einem Sammelband von Christoph Heinrich Myller (1782) wusste die Aufklärung zunächst wenig mit mittelalterlicher Dichtung anzufangen. Schuld daran trägt allerdings nicht nur die 'aufklärerische' Haltung der Leser, sondern auch, dass die Myller'sche Ausgabe so fehlerhaft ist, dass man den Sinn der Dichtungen sehr oft nicht versteht. Am 22. Februar 1784 schrieb Friedrich der Große an Myller, der seine Sammlung von deutschen Dichtungen des Mittelalters (die unter anderem das Nibelungenlied und Wolframs Parzival enthielt) dem König gewidmet hatte, folgendes:
Hochgelahrter, lieber Getreuer! Ihr urtheilt viel zu vorteilhafft von denen Gedichten aus dem 12., 13. und 14. Seculo, deren Druck Ihr befördert habet, und zur Bereicherung der Teutschen Sprache so brauchbar haltet. Meiner Einsicht nach sind solche nicht einen Schuss Pulver werth; und verdienten nicht aus dem Staube der Vergessenheit gezogen zu werden. In meiner Bücher-Sammlung wenigstens würde Ich dergleichen elendes Zeug nicht dulten; sondern herausschmeißen. Das Mir davon eingesandte Exemplar mag dahero sein Schicksal in der dortigen großen Bibliothek abwarten. Viele Nachfrage verspricht aber solchem nicht, Euer sonst gnädiger König Frch.
Goethe las den Weimarer Damen in einer Folge mehrerer Abende das ganze Nibelungenlied vor (aus der Ausgabe von der Hagens) und machte mehrere detaillierte Bemerkungen dazu (dass sich nach seinem Tod in seiner Bibliothek ein unaufgeschnittenes, d.h. nicht gelesenes, Exemplar der Myller'schen Ausgabe fand, bedeutet also nicht, dass er das Nibelungenlied nicht gelesen hätte). Erst nach Goethes freundlichem Urteil über das „köstliche Werk“ und seiner Forderung, das Heldenlied in eine epische Form zu bringen, setzen in der Romantik zahlreiche Bemühungen um eine dramatischen Neuformung ein. Seitdem wurden zwei Wege eingeschlagen: Teilweise wurde der Stoff des Nibelungenlieds bearbeitet, teilweise griffen die Autoren auf die Sigurd-Brünhild-Version zurück, die in der Mitte des 13. Jahrhunderts entstandenen Wölsungensaga, beziehungsweise in einigen Liedern der Edda gestaltet ist.
Von den zahlreichen Bearbeitungen des neunzehnten Jahrhunderts sind heute nur noch drei Werke von Interesse, die Trilogie „Der Held des Nordens“, eine dramatische Bearbeitung von Friedrich de la Motte Fouqué, Hebbels Drama und Wagners „Der Ring des Nibelungen“.
Friedrich de la Motte Fouqués dramatisches Gedicht folgt im ersten Teil „Sigurd, der Schlangentödter“ der nordischen Tradition: Sigurd befreit Brynhild aus der Waberlohe, heiratet aber nach einem Vergessenstrank Gunnars Schwester Gudrun, hilft Gunnar bei der Werbung um Brynhild, die nach seiner Ermordung durch einen Bruder Gunnars Selbstmord begeht. Im zweiten Teil „Sigurd's Rache“ heiratet Gudrun – erneut unter dem Einfluss eines Zaubertranks ihrer Mutter – den Hunnenkönig Atli. Er will sich in den Besitz des Horts bringen und lädt die Brüder in sein Land ein. Nach deren Ermordung tötet Gudrun ihre eigenen Kinder und setzt sie Atli als Speise vor. Schließlich wird Atli ermordet, und Gudrun wählt wie Brynhild den Freitod. Der dritte Teil „Aslauga“ erzählt, angelehnt an ein Bruchstück aus der Edda, das Geschick der Tochter Sigurds und Brynhilds: Sie wächst bei Hirten als Hütemädchen auf, wird aber wegen ihrer Schönheit vom König von Dänemark geheiratet, worauf die üblichen Verwicklungen folgen. Die Geschichte geht aber gut aus.
Fouqué hatte mit dem Werk beim Publikum großen Erfolg und erhielt auch von anderen Dichtern der Zeit wie Jean Paul, Adelbert von Chamisso und Rahel Varnhagen großes Lob. Heinrich Heine dagegen bemängelte die fehlende Charakterisierung der Personen und das Fehlen der dramatischen Spannung. Diese Meinung hat sich durchgesetzt, und seit fast 100 Jahren gibt es keine Ausgabe des Werkes mehr. Wichtiger als das Werk selbst ist aus heutiger Sicht seine Wirkung auf Richard Wagner, der im „Ring des Nibelungen“ viel von Fouqué übernommen hat, ja sogar bezüglich des Versbaus und des Sprachrhythmus als Fouqués Schüler betrachtet werden kann.
Friedrich Hebbel hält sich im Gegensatz zu Fouqué im Handlungsverlauf seiner Trilogie an das Nibelungenlied und blendet den mythologischen Hintergrund der Vorgeschichte weitgehend aus. Seine Figuren sind in unterschiedlicher Ausprägung Typen und Individuen zugleich und dadurch ohne durchgängige Motivation. Brunhild wird zum Ding, zum Tauschobjekt erniedrigt, Kriemhild am Ende wie im Nibelungenlied quasi kommentarlos erschlagen. Wegen der Schlussworte wurde in das Stück mitunter ein geschichtsphilosophisches Anliegen hineininterpretiert (Ablösung der mythischen Welt der Riesen durch das Christentum), aber in Hebbels Äußerungen lassen sich dafür keine Hinweise finden. Hebbels Stück fand auf dem Theater eine günstige Aufnahme und verdrängte die anderen dramatischen Bearbeitungen fast vollständig von den deutschen Bühnen – auch die Fassung von Emanuel Geibel, der den Stoff zu einem bürgerlichen Trauerspiel umformte.
Im Gegensatz zu Goethe äußerte sich Heinrich Heine (1797–1856) zwar fasziniert, aber gleichzeitig auch befremdet über den Ton des Nibelungenlieds: „Es ist eine Sprache von Stein, und die Verse sind gleichsam gereimte Quadern. Hie und da, aus den Spalten, quellen rote Blumen hervor wie Blutstropfen oder zieht sich der lange Epheu herunter wie grüne Tränen.“ Friedrich Hebbel „Die Nibelungen“ (Schulausgabe um Trotz Heines Kritik erlangte der Stoff im 19. Jahrhundert den Rang eines deutschen Nationalepos. Zusätzlich zu den Theaterfassungen entstanden viele z. T. illustrierte Ausgaben (z. B. von Alfred Rethel, 1840, und von Julius Schnorr von Carolsfeld, 1843).
In der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts diente das Nibelungenlied mehreren Romanen mit nationalistischer Tendenz als Vorlage. Mit dem Stück „Der Nibelungen Not“ knüpfte Max Mell an die Wölsungen-Variante, Wagners Mythologisierung und das Walkürenmotiv an. Er konzentrierte das Geschehen auf die bühnenwirksamen Höhepunkte. Im ersten Teil: Siegfrieds und Kriemhilds Ankunft in Worms, der Streit der Königinnen, Siegfrieds Ermordung, Brünhilds Freitod in den Flammen und ihre Rückkehr in den Bereich der Götter. Im zweiten Teil: Empfang der Burgunden an Etzels Hof, Racheintrige Kriemhilds, Untergang der Burgunden, Kriemhilds Ermordung und ein Schluss, der der Dietrichsage entnommen ist (Dietrich reitet auf seinem Pferd davon).
Im Nationalsozialismus feierte man die Wiederkehr der germanischen Größe und des Heldentums, der germanischen Gefolgstreue und des männlichen Rittertums und unterlegte die Idee des deutschen Volkstums mit diesen „germanischen Tugenden“. Man berief sich auf die schöpferischen Kräfte der Germanen, denen das Dritte Reich wieder Lebensmöglichkeiten gebe. Das Nibelungenlied wurde so als Vehikel nationaler Ideen instrumentalisiert und missbraucht, wie z. B. von Hermann Göring, der die Lage der deutschen Soldaten im Kessel von Stalingrad mit der Lage der Nibelungen im brennenden Saal verglich („Wir kennen ein gewaltiges historisches Lied...“). In der Spätphase des Krieges wurde damit häufig persönliches Verhalten in chancenloser Lage thematisiert: "Wir müssen doch ersterben, sprach da Giselher / so soll uns niemand scheiden von ritterlicher Wehr. / Wer gerne mit uns stritte, wir sind noch immer hie / verlier' ich meine Treue an einem Freund doch nie." (36. Aventiure)
Nach 1945 war das Nibelungenlied wegen der Inanspruchnahme des Stoffes durch den Nationalsozialismus zunächst mit einem Tabu belegt, und jahrelang gab es keine zeitgemäße Prosafassung. Erst seit dem Einströmen von Fantasy-Elementen in die literarische Unterhaltungsliteratur – schon in J. R. R. Tolkiens Werken (Herr der Ringe) lassen sich etliche Elemente der Nibelungensaga (das Ring-Motiv!) wiederfinden – beschäftigten sich mehrere Romane aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit dem Thema. Z. B. folgt „Rheingold“ von Stephan Grundy der Wölsungen-Linie, „Siegfried und Krimhild“ von Jürgen Lodemann dagegen dem Nibelungenlied, in drei anderen Romanen steht entweder Kriemhild (Roman von Sabina Trooger), Hagen (Siehe Wolfgang Hohlbeins Roman „Hagen von Tronje“ oder Joachim Fernaus „Disteln für Hagen“) oder Brünhild im Mittelpunkt. Der Roman „Sigfrieds Tochter“ von Eric Gutzler verknüpft die Wölsungensaga mit dem Nibelungenlied zu einem durchgehenden Handlungsstrang und erweitert den Stoff zu einem historischen Fantasy-Roman, in dem Sigfrieds Tochter im Brennpunkt steht. Baal Müllers „Die Nibelungen – nach alten Quellen neu erzählt“ schildert die Geschichte vom Untergang der Burgunden aus der Sicht des alten Hildebrand.
Verfasser und Entstehung
Der Verfasser des Nibelungenliedes nennt sich im Text nicht. Dies entspricht der Gattungskonvention der Heldenepik, die nicht die literarische Eigenleistung eines Dichters akzentuiert, sondern die Verwurzelung des Erzählstoffes in der mündlichen Überlieferung (altiu maere, „Sagen“) hervorhebt. Offensichtlich ist das Werk aber eine geschlossene Dichtung eines einzigen Autors, das auf schriftlich vorliegende Werke Bezug nimmt und als Original vom Dichter selbst (oder nach seinem Diktat) niedergeschrieben wurde. Deshalb wird heutzutage nur mehr selten bezweifelt, dass es eine einzige „Originalfassung“ (und damit einen einzigen „Autor“) gegeben hat. Die These, dass es sich eher um einen Redaktor oder gar nur um einen oder mehrere begnadete Rezitatoren von älteren, mündlich überlieferten Stoffen handele, gilt als weitgehend überholt. Allerdings enthalten die einzelnen Handschriften größere oder kleinere Änderungen und Zusätze von Bearbeitern. Die Handschrift „B“ scheint solche Änderungen nur in geringem Ausmaß zu enthalten, während vor allem „C“ eine starke Umarbeitung mit anderer Aussage und anderem Gestaltungswillen darstellt.
Die Entstehung des Textes lässt sich durch in ihm vorausgesetzte politische Strukturen und durch Bezüge zur zeitgenössischen Dichtung auf die Jahre 1180 bis 1210 (und damit auf die „Blütezeit“ der mittelhochdeutschen Literatur) eindeutig eingrenzen; Indizien gibt es für eine Entstehung knapp vor 1204.
Genauere Ortskenntnis des Verfassers, ein Übergewicht der frühen Überlieferung im südostdeutsch-österreichischen Raum und die augenfällige Hervorhebung des Bischofs von Passau als handelnder Figur machen das Gebiet zwischen Passau und Wien als Entstehungsort wahrscheinlich, insbesondere den Hof des als Mäzen bekannten Bischofs von Passau, Wolfger von Erla (Bischof in Passau 1191–1204). Wolfger ist für die Datierung mittelhochdeutscher Literatur von großer Bedeutung, weil sich in seinen Reiserechnungen mit dem Datum 12. November 1203 eine Notiz findet, dass dem cantor („Spielmann“) Walther von der Vogelweide Geld für einen Pelzmantel ausgezahlt wurde. Diese Notiz stellt den einzigen außerliterarischen Nachweis für die Existenz dieses Dichters dar und ist damit ein wichtiges Indiz zur zeitlichen Einordnung der mittelhochdeutschen Dichtung, die größtenteils ohne Jahres- und Verfasserangaben überliefert ist. Meist geht man heute davon aus, dass der Dichter des Nibelungenliedes ein sowohl geistlich wie literarisch gebildeter Mann im Umkreis des Passauer Bischofshofs war und dass sein Publikum ebenfalls dort unter den Klerikern und adligen Laien zu suchen ist.
In einer Art Anhang zum Nibelungenlied, der Nibelungenklage, wird auch von der Entstehung der Dichtung erzählt. Diesen für die Heldenepik topischen Angaben ist daran gelegen, den Inhalt der Sage als „wirklich geschehen“ auszuweisen und die erste Aufzeichnung noch in die Lebenszeit der Protagonisten zu verlegen. Ein „Meister Konrad“ wird genannt, den der Bischof „Pilgrim“ von Passau als Augenzeuge der Geschehnisse mit der Niederschrift beauftragt habe. Man nimmt an, dass dies einen ehrenden Verweis auf einen Amtsvorgänger des mutmaßlichen Förderers Wolfger darstellt, den heiligen Bischof Pilgrim von Passau (971–991). Da sich die politische Situation der Ungarnkriege des 10. Jahrhunderts und die wichtige Rolle Passaus bei der Christianisierung Ungarns unter Pilgrim im Nibelungenlied spiegelt, haben dem Dichter vermutlich schriftliche Aufzeichnungen aus der Zeit Pilgrims vorgelegen. Ob mit „Meister Konrad“ tatsächlich der Autor einer Quelle aus der Zeit Pilgrims gemeint ist oder der Autor des Nibelungenliedes oder der Autor der „Klage“ sich hinter dieser Nennung verbirgt, ist ungewiss. Der Name „Konrad“ kann außerdem nicht auf die Spur einer bestimmten Person führen, da es der zweithäufigste Name (nach Heinrich) im deutschen Mittelalter war. Versuche, einen irgendwo genannten „Konrad“ als Autor eines dieser Werke nachzuweisen, sind daher haltlos.
Suche nach einem Verfasser
Vor allem populärwissenschaftliche und heimatgeschichtliche Forschungen haben im Laufe der Zeit das Nibelungenlied an nahezu jeden zwischen 1180 und 1230 im bairisch-österreichischen Raum bezeugten Literaten anknüpfen wollen. Auch heute werden regelmäßig Namen aufs Tapet gebracht. Ausnahmslos handelt es sich dabei um methodisch fragwürdige Außenseiterthesen, die sich der Diskussion in anerkannten Fachzeitschriften nicht stellen. Dazu gehören (geordnet nach Wahrscheinlichkeit):
Der Kürenberger (Der Kürnberger Wald liegt bei Linz, Oberösterreich), in dessen Strophenform das Nibelungenlied geschrieben ist, und auf dessen „Falkenlied“ auch der Falkentraum Kriemhilds verweist. Der Kürenberger wird aber von den meisten Forschern zu früh für das Nibelungenlied datiert.
Walther von der Vogelweide. Auf ihn treffen viele für den Dichter des Nibelungenliedes geforderte Charakteristika zu: starke Anteile gemeinsamen Wortschatzes, die aber wohl aus der gemeinsamen räumlichen Herkunft (österreichischer Donauraum) zu erklären sind; Gönnerschaft Bischof Wolfgers von Passau. In wesentlichen Punkten der Weltsicht unterscheidet sich aber das Nibelungenlied von Walther stark.
Bligger von Steinach Konrad von Fußesbrunnen (Feuersbrunn,
Niederösterreich), urkundlich um 1182 bezeugt. Er ist Autor des in 3.000 Reimpaarversen verfassten Werkes „Die Kindheit Jesu“ und wirkte in Passau. Sein Stil hat aber nichts mit dem des Nibelungenliedes gemeinsam.
eine unbekannte Niedernburger Nonne. Die Erwähnung des Klosters Passau-Niedernburg, neben dem Passauer Bischof und den Kaufleuten der Stadt, im Nibelungenlied ist aber am besten so zu erklären, dass sie zum Publikum des Autors bei einem Vortrag gehörten und als Gönner und Mäzene verewigt wurden; nicht so, dass sich der Autor (oder eine Autorin) unter ihnen befunden hätte. Bischof Wolfger von Passau war wohl der Haupt-Mäzen, der die Arbeit sicherlich einem erfahrenen und gleichzeitig literarisch gebildeten und schriftkundigen Sänger von Heldenliedern anvertraute.
Die drei letztgenannten „Verfasser“theorien (Bligger von Steinach, Konrad von Fußesbrunnen und die Niedernburger Nonne) werden von den meisten Fachgermanisten als kaum diskussionswürdig angesehen.
Die Nibelungensage ist ein im deutschen und skandinavischen Mittelalter weitverbreiteter heldenepischer Stoff, der über Jahrhunderte in zahlreichen voneinander abweichenden Fassungen überliefert ist. Seine bekannteste schriftliche Fixierung ist das mittelhochdeutsche Nibelungenlied (um 1200, wahrscheinlich aus dem Raum Passau).
Die Sage schlägt sich in mittelalterlichen Quellen außer dem Nibelungenlied in der Saga von Dietrich von Bern (Thidrekssaga, altnordisch mit niederdeutschen Quellen, ca. 1250) und zahlreichen Liedern der Liederedda nieder. Darunter mehrere Sigurdlieder und das Ältere Atlilied (altnordisch, aufgezeichnet im 13. Jahrhundert nach teilweise viel älteren Quellen oder Vorstufen) sowie eine Prosa-Nacherzählung der Eddalieder in der Edda des Snorri Sturluson (altnordisch, ca. 1220), Völsunga-Saga, (altnordisch, ca. 1250).
Die Ursprünge der Sage reichen bis in das heroische Zeitalter der germanischen Völkerwanderung zurück. Ein historischer Kern der Sage wird in der Zerschlagung des Burgundenreiches im Raum von Worms in der Spätantike (um 436) durch den römischen Magister militum Aetius mit Hilfe hunnischer Hilfstruppen gesehen. Weitere Anknüpfungspunkte bieten die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern 451, der Tod Attilas sowie die Geschehnisse im zweiten Burgunderreich an der Rhone und die Geschehnisse bei den Merowingern bis zum Tode Brunichildis 613.
Der Privatgelehrte Heinz Ritter-Schaumburg vertrat die Auffassung, das "christlich geprägte" und sich auf die alten maeren berufende Nibelungenlied beruhe auf einer Frühform der "heidnisch geprägten", von historischen Ereignissen im norddeutschen Raum des 5./6. Jahrhunderts n. Chr berichtenden Thidrekssaga, die als Vorlage gedient habe. Diese These einer Historizität der Thidrekssaga wird von den meisten Fachgermanisten abgelehnt. Vielmehr seien sowohl das Nibelungenlied wie die Thidrekssaga schriftepische Bearbeitungen von schriftlichen und mündlichen Sagenfassungen, die im 12. Jahrhundert im ober- und niederdeutschen Sprachraum kursierten. Inhalt, poetische Form und Verwandtschaft dieser Fassungen werden sich nie genau bestimmen lassen. Jedoch wird heute mehrheitlich angenommen, dass die Thidrekssaga niederdeutsche, großteils schriftliche Quellen benutzt, die ihrerseits zu einem guten Teil Bearbeitungen schriftlicher oberdeutscher (bairischer) Vorlagen sind. Vor allem die Verlegung des Unterganges der Nibelungen nach Westfalen scheint sekundär zu sein.
Abenheim [Aussprache ÈaÐbn ham, im Dialekt ÈoÐvYrŠm] ist der nordwestlichste Stadtteil der rheinland-pfälzischen Stadt Worms, ca. 13 km von der Stadtmitte entfernt gelegen.
Der Ort im südlichen Wonnegau wurde erstmals im Jahr 774 im Lorscher Schenkungsverzeichnis urkundlich erwähnt und war bis zur Eingemeindung im Jahre 1969 eine selbständige Ortsgemeide.
Das Ortswappen zeigt einen blauen Schrägbalken auf silbernem Untergrund, belegt mit drei silbernen Lilien und begleitet von zwei blauen Rebmessern. Es deutet auf die lange Weinbautradtition des Ortes hin.
Wahrzeichen Abenheims sind die im Ortskern gelegene barocke katholische Pfarrkirche St. Bonifatius, 1724-1729 erbaut von Dombaumeister Endtner sowie die auf dem Klausenberg weithin sichtbar gelegene, ebenfalls katholische, Kapelle St. Michael. Unweit der Pfarrkirche liegt der 1556 erbaute dalbergische Amtshof (siehe dazu auch Burg Abenheim) und die ehemalige Schule, die heute das Heimatmuseum beherbergt.
Aufgrund seines hohen katholischen Bevölkerungsanteils (75% zum 5. September 2006) trägt Abenheim auch den lokalen Beinamen „Klein-Rom“.
Heppenheim [Aussprache Èhepn ham, im Dialekt ÈheprŠm] ist ein Ortsteil von Worms im südlichen Wonnegau. Das Dorf liegt ca. acht Kilometer westlich der Stadt im Süden Rheinhessens im Eisbachtal und ist umgeben von Wiesen und landwirtschaftlich genutzten Flächen, auf denen vor allem Wein, Zuckerrüben und Getreide angebaut werden. Das Wappen von Worms-Heppenheim zeigt zwei gekreuzte Heppen (Rebmesser) unter einem dreiblättrigen Kleeblatt auf grauem Grund.
Geschichte
Der Ort wurde erstmals am 3. November 766 urkundlich erwähnt. Seit der Eingemeindung am 1. Juli 1969 ist er westlichster Stadtteil der rheinland-pfälzischen Stadt Worms. Die Einwohnerzahl beträgt über 2100 Personen (September 2006).
Herrnsheim [Aussprache Èh[ns ham, im Dialekt Èh[nzYm] ist ein Stadtteil von Worms mit ca. 6.368 Einwohnern.
Sehenswürdigkeiten
Das Herrnsheimer Schloss ist wohl die größte Sehenswürdigeit in Herrnsheim. Es gehörte einst zu den Dalbergern, wonach auch die Dalbergschule (Grundschule von Herrnsheim) ihren Namen hat. Im Schlosshof findet jedes Jahr das Weinfest statt, bei dem viele Herrnsheimer Weingüter ihren eigenen Stand haben.
Auch soll Friedrich Schiller schon in Herrnsheim und zwar im nach ihm benannten „Schillertürmchen“ gewesen sein und dort gearbeitet haben, doch ist dieses nicht eindeutig belegbar. In Herrnsheim bestehen zum Teil auch noch alte Stadtmauern, so wie in der Straße „Am Mauergarten“ noch ein alter Torbogen, der denkmalgeschützt ist. Weiter außerhalb befindet sich ein jüdischer Friedhof.
Um Herrnsheim herum gibt es viele Weinberge, in denen man Wanderungen unternehmen kann. Im Sommer zieht der Herrnsheimer Badesee Badegäste aus der näheren Umgebung an.
Lokales Brauchtum
Im September findet die in der Region bekannte Herrnsheimer Kerwe statt. Traditionell wird sie durch das Kerwepaar eröffnet, nachdem die Jugend des Ortes die Kerwe ausgegraben hat. Danach zieht die Jugend mit einer Strohpuppe durchs Ort und macht in den zahlreichen Straußwirtschaften "Stimmung". Zur Kerwe 2007 wurde im alten "Schusterhaus" in der Hauptstraße das Heimatmuseum des Heimatkreises unter Vorsitz von Dr. Jürgen Breuer offiziell eröffnet. Im lokalen Dialekt wird Herrnsheim als "Hännsem", oder gemäßigt als "Herrnsem" ausgesprochen.
Worms-Hochheim [Aussprache Èho:x ham, im Dialekt ÈhocYm] ist ein nordwestlich der Kernstadt gelegener Stadtteil von Worms mit 3823 Einwohnern.
Ursprünglich war Hochheim von der Landwirtschaft und den zahlreichen Schreinereien im Dorfkern geprägt, weshalb es auch heute noch oft als „Schreinerdorf“ bezeichnet wird. Heute ist es im Wesentlichen ein Wohngebiet.
Im Stadtteil bzw. an dessen Rändern befinden sich der Wormser Zentralfriedhof „Hochheimer Höhe“ und der Karl-Bittel-Park.
Geschichte
Hochheim wurde erstmals 1068 erwähnt, der Ort selbst ist aber älter. Das zuvor selbständige Dorf wurde 1898 nach Worms eingemeindet.
Die von Worms herkommende heutige Binger Straße war stets die Hauptdurchfahrt des Ortes, früher nutzten ihn die Floßschiffer und Pilger, weil sie auf diesem Weg das Rheinknie diagonal abkürzen konnten. An der Berggasse umweit der Bergkirche entstanden die ersten Wohngebäude mit Ställen und Scheunen. Noch 1905 war die Berggasse ein Hohlweg, in dem keine zwei Fuhrwerke aneinander vorbei konnten.
Von 1890 bis 1910 verdoppelte sich die Einwohnerzahl Hochheims. Ab 1906 fuhr die Straßenbahn durch Hochheim, die am Friedhof „Hochheimer Höhe“ endete. Zwischen 1895 und 1907 ließ der Lederfabrikant Cornelius Heyl für seine Arbeiter in der Schreinergasse Doppelhäuser errichten.
Sehenswürdigkeiten
Romanische Bergkirche St. Peter (evangelisch) mit Westturm aus dem 12. bis 13. Jahrhundert) und Vier-Säulen-Krypta vom Anfang des 11. Jahrhunderts, das einschiffige Langhaus stammt aus dem Jahr 1609 Pfarrkirche St. Maria Himmelskron (katholisch), ehemalige Kirche des Klosters Liebenau, eines Dominikanerinnenklosters, gegründet 1299, spätgotischer Löwentaufstein (aus der Bergkirche St. Peter) Ehemaliges Rathaus, erbaut im 16. Jahrhundert (Grundmauern stammen aus dem Jahr 1594), und im 18. Jahrhundert verändert, ältestes erhaltenes Rathaus im Wormser Umland. Friedhofskirche aus dem 20. Jahrhundert (Architekt: Georg Metzler) erbaut im neuromanischem Stil. Jüdische Trauerhalle im Jugendstil von 1911 (Architekt: Georg Metzler)
Ibersheim [Aussprache Èi:bPs ham, im Dialekt Èiv[’Ym] ist ein Stadtteil von Worms in Rheinland-Pfalz.
Ibersheim grenzt an die Gemarkungen Worms-Rheindürkheim, Osthofen, Eich (Rheinhessen) und Hamm am Rhein. Im Osten bildet der Rhein auf ca. 5 km eine natürliche Grenze. Das Gebiet befindet sich in einem ehemaligen Überschwemmungsgebiet des Rheines innerhalb der oberrheinischen Tiefebene. Mit einer Gemarkungsfläche von 972,1 ha ist Ibersheim der fünftgrößte von 13 Wormser Stadtteilen oder hat 8,9 % der städtischen Gesamtfläche. Der niedrigste Punkt von Worms liegt bei 86,5 m auf dem Ibersheimer Wörth. Mit Hoch- und Niedrigwasser muss in dem dortigen Teil des Landschaftsschutzgebietes Rheinhessisches Rheinland gerechnet werden. Als Naturdenkmal gilt seit 1966 das Ibersheimer Wäldchen. Weitere schützenswerte Gebiete mit Vegetation für stehende Gewässer und Vogelschutz sind noch vorhanden (Ibersheimer Wörth).
Wasser und Boden
Die Gemarkung ist durch die Rheinaue und Rheinaltläufe geprägt. Die Ackerböden sind von unterschiedlicher Güte. Das Grundwasser ist gut und reichlich vorhanden (Wasserschutzgebiet III B), jedoch schwankt der Wasserstand. Die Stadt Mainz holt ihr Wasser mit einem eigenen Wasserwerk aus diesem Gebiet bei Eich. Das Ibersheimer und Hammer Wasser kommt seit 1960 aus dem Wasserwerk Eich an der Ibersheimer Straße. Die Abwasser gehen seit 1984 zur Kläranlage nach Worms. Am 1. Juli 2005 wurde eine neue Transportleitung zwischen dem Wasserwerk Osthofen und Eich eingeweiht und damit auch Ibersheim mit Wasser niedriger Härte versorgt.
Klima
Der Ort liegt, wie der Großteil Rheinhessens, in einer der trockensten Zonen Deutschlands. Von Juli bis September muss mit Schwüle bei Windstille gerechnet werden. Die Jahresniederschläge betragen meistens unter 500 mm. Die Landwirtschaft ist auf künstliche Bewässerung aus mehr als 70 Brunnen angewiesen.
Geschichte
Die erste Besiedlung durch Franken ist mit einem kleinen Gräberfeld in der heutigen Adolf-Trieb-Straße ab ca. 500 n. Chr. belegt. In einer auf 10. Februar 767 datierten Urkunde erfolgte die erste Erwähnung anlässlich einer Schenkung an das Kloster Lorsch. Damit ist Ibersheim der viertälteste Vorort des uralten Worms, nach Pfeddersheim, Horchheim und Heppenheim. Insgesamt schenkten 27 Personen in 27 Urkunden dem Benediktiner-Kloster.
Hochmittelalter
Ab ca. 1020 kam Ibersheim als Stifts- oder Fronhof (Eigenbetrieb) an das 1002 gegründete St. Paulsstift zu Worms. Auch der Minnesänger Friedrich von Hausen (ca. 1150 - 1190) hatte Besitz in Ibersheim. Sein Vater Walther und sein Bruder Heinrich waren hier Erbvögte. Ihre Stammburg stand im heutigen Mannheim, Burgstrasse. Der Deutsche Orden mit seiner Ballei in Koblenz am Deutschen Eck unterhielt eine Kommende (kleinste Einheit der Ordensverwaltung) von 1261 bis 1465 mit beträchtlichem Viehbestand.
Spätmittelalter
1270 wird eine Kirche erstmals erwähnt. Das St. Paulsstift gestattete 1417 dem Pfalzgrafen Ludwig III. ein Schloß (kurfürstliches Amtshaus) zu bauen. Nach Umbauten ist dies heute im Wesentlichen noch erhalten. Von 1285 bis 1468 hatten die Leininger Grafen Besitz und von 1513 bis 1522 die Grafen von Sickingen. Weistümer (Rechtsweisung, Gewohnheitsrecht, Dorfordnung) des eigenen Ibersheimer Hubgerichts (Ortsgericht) von 1358 und 1486 sind noch im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt vorhanden. 1604 tauschte das St. Paulsstift seinen letzten Besitz ein.
Mit der anderen Rheinseite gab es im Laufe der Jahrhunderte vielfältige Kontakte. Dort war ein Teil der Ibersheimer Gemarkung: 40 Morgen verkaufte der Deutsche Orden bereits 1463 an Nordheimer Bürger. 130 Morgen Wiesen und sumpfige Lachen waren "Am Herrenfeld" (Stromkilometer 456,5) und 187 Morgen "Am kleinen Rosengarten" (bei km 460). Der Dechant der Burg Stein war maßgeblich am Ibersheimer Weistum von 1486 beteiligt. In kriegerischen bzw. unruhigen Zeiten kam es vor, dass auf dem Hauptverkehrsweg Rhein zusätzlich "Zölle" abkassiert wurden. Auch die Steiner und Ibersheimer sollen sich gemeinsam daran beteiligt haben. Neben dem Ibersheimer Schloss war ein Wach- und Flaggenturm, von dem man über die Baumwipfel Signale zur anderen Rheinseite (2 km) geben konnte. - Die Burg Stein ist bei einer Erdölbohrung (Wattenheim 6) 1957 zufällig wieder entdeckt worden.
Frühe Neuzeit
Nach dem 30-jährigen Krieg hat der pfälzische Kurfürst Karl-Ludwig, Glaubensflüchtlinge aus Holland und anderen Gebieten angesiedelt. Mit diesen Leuten hatte er aber weniger Erfolg, sodass er mit Mennoniten aus der Schweiz 1661 einen Pachtvertrag abschloss, die sein Land erfolgreicher bewirtschaften konnten. (Zu dieser Zeit hatte Worms wegen der langen Kriegszeit vergleichsweise nur 3000 Einwohner gehabt.) - Bei den Mennoniten galt nicht die Realerbteilung, wie bei uns allgemein üblich, sondern das Anerbenrecht (Primogenitur), nach der der Erstgeborene männliche Nachfolger den Hof erhält, wie auch in der Großindustrie oder Aristokratie üblich. Deshalb kann Ibersheim heute große Dreiecks- bzw. Viereckshöfe vorweisen.
Hohe Abgaben mussten in den verschiedenen Kriegen erbracht werden: Pfälzischer Erbfolgekrieg (1688-97), Polnischer Erbfolgekrieg (1733-38) und in dem französischen Revolutionskrieg (1792-1801). Bis dahin gehörte Ibersheim ganz zur Kurpfalz und wurde von dem Heidelberger und später von dem Mannheimer Schloß aus, über das Oberamt Alzey und dem Amt Dirmstein verwaltet.
1788 wurde das "Ammeheisje", heute Heimatmuseum und beliebtes Ortsmotiv, errichtet.
Neueste Zeit
Das Großherzogtum Hessen übernahm 1816 unsere Gegend und nannte es Rheinhessen. Ibersheim erhielt 1822 eine eigene Gemeindeverwaltung. Danach gab es einen wirtschaftlichen Aufschwung mit dem Bau der Mennonitenkirche 1836, verschiedener Gehöfte in der Rheindürkheimer Strasse, Strassen nach Rheindürkheim und Eich wurden gebaut und die Eisenbahnstrecke 1900 eingeweiht. Die ländliche Genossenschaft ist 1903 gegründet worden.
Zeitgeschichte
Seit 7. März 1936 existiert offiziell die Freiwillige Feuerwehr. Eine Pflichtfeuerwehr bestand bereits seit 1928 mit dem Kommandanten Ernst Forrer.
1937/38 errichtete man ein Reichsarbeitsdienstlager (RAD).
Am 21. März 1945, 12 Uhr war der Zweite Weltkrieg für Ibersheim durch den Einmarsch der Amerikaner zu Ende. Danach überquerte ein Teil der 7. US-Armee, die 45. Division mit den Infanterie-Regimentern 179 und 180 über mehrere Pontonbrücken auf Ibersheimer Gemarkung den Rhein. Innerhalb von drei Tagen erlebte Ibersheim die größte Heerschau aller Zeiten. Dieser Krieg forderte von dem kleinen Ort 22 Gefallene oder Vermisste und hinterließ viele Witwen und Waisen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgten in der Wiederaufbauphase die Gründungen verschiedener Interessengruppen.
Am 17. Januar 1955 entging Ibersheim knapp einer Katastrophe, als infolge des Jahrhunderthochwassers (Wasserstand Pegel Worms: 7,46 m) der Rheinhauptdeich zu brechen drohte. Nur durch den massiven Einsatz von Menschen und Material konnte eine Überschwemmung der Dörfer um Ibersheim und Hamm gerade noch verhindert werden.
Die Eingemeindung in das Stadtgebiet von Worms erfolgte am 7. Juni 1969. In den 1970er bis 1990er Jahren konnten viele Ortswettbewerbe gewonnen werden.
Religion
Verschiedene christliche Glaubensrichtungen beeinflussten das dörfliche kulturelle Leben im Laufe der Jahrhunderte:
Ab dem 8. Jahrhundert die katholische Kirche (Kloster Lorsch, St. Paul, Deutscher Orden, Grafen von Leiningen und von Sickingen, Kurpfalz)
Ab 1556 die lutherisch-reformierte Kirche nach der Reformation von Kurfürst Ottheinrich (Pfalz), danach verschiedene Konfessionswechsel in der Kurpfalz
Ab ca. 1650 Reformierte aus den Niederlanden (Gelderland) und Glaubensflüchtlinge (Erzherzogtum Innsbruck, Königreich Böhmen, Freigrafschaft von Waldeck, kurmainzische und gräflich hanauische Herrschaft)
Ab 1661 mennonitische schweizer Glaubensflüchtlinge in einer großen Aus- bzw. Einwanderungswelle
Ab ca. 1900 stellt die evangelische Kirche den überwiegenden Bevölkerungsanteil.
Kirchengemeinden:
Die Ibersheimer Mennonitengemeinde, seit 1661, gehört zur Gemeindegruppe mit Frankenthal-Eppstein und Ludwigshafen (Rhein) innerhalb der Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Mennonitengemeinden (ASM).
Die Ibersheimer evangelische Kirchengemeinde ist mit Hamm seit 1857 pfarramtlich verbunden.
Die Katholiken werden von der Eicher Gemeinde betreut. Für Gottesdienste ist noch eine Kirche in Hamm.
Wappen
Das Ortswappen wurde von Fritz Kehr, Ibersheim entworfen und am 24. Juli 1958 vom Ministerium genehmigt. In einem viergeteilten Schild sind die Wappen ehemaliger Ibersheimer Grundherren angeordnet, zwei kirchliche und zwei weltliche Würdenträger:
oben: das Kloster Lorsch mit dem roten Nagelkreuz und die Kurpfalz mit dem goldenen Löwen unten:die Grafschaft Leiningen mit dem silbernen Adler und der Deutsche Orden mit dem schwarzen Tatzenkreuz
Zur 1225-Jahr-Feier 1992 wurde eine Ortsfahne gestaltet und genehmigt: Eine gespaltene bzw. geteilte Bannerfahne in den Farben weiss-rot trägt jetzt das Ortswappen. Die Fahnenfarben sind die gleichen, wie die von Worms und Rheinhessen bzw. Hessen.
Politik
Seit der Kommunalreform von Rheinland-Pfalz 1969 gehört die ehemals selbständige Gemeinde Ibersheim zur Stadt Worms. Sie ist damit der nördlichste und mit Abstand kleinste Vorort (nach Einwohnern) geworden. 1986 waren dort 542 Einwohner, 2005 692 oder 0,8 % der gesamten Einwohnerzahl der Stadt Worms.
Ibersheim liegt im äußersten Norden der 2005 gegründeten europäischen Metropolregion Rhein-Neckar.
Freundschaftliche Beziehungen gibt es seit den 1980er Jahren zu dem französischen Ort Chemellier, südl. Angers in der Nähe der Loire. Seit 2006 ist die Verschwisterung vertraglich geregelt.
Bauwerke
Schloss (kurpfälzisches Amtshaus): Bauerlaubnis 1417, Um- bzw. Ausbau 1469, 1481 und nach 1550 Dorfbefestigung mit Häuserring, ehemals mit zwei Toren, zwei Durchgängen und einer Pforte Heimatmuseum "Ammeheisje" von 1788 mit "Geldschisser" von Fritz Kehr und einer sanierten Deichschließe Häuser und Hofanlagen im alten Ortskern (Denkmalzone), um 1800 Schafscheuern erbaut um 1800, mit einer eingebauten Feuerwehrgerätehalle 1992 Mennonitenkirche erbaut 1836, die einzige Mennonitenkirche in Deutschland mit einem Glockenturm Drei-/Vierseitenhöfe an der Rheindürkheimer Strasse, entstanden um 1830-50 Gemeinde-/Ortsverwaltung, Kindergarten, Übungsraum des Sportclubs, mit dem Ortswappen von Fritz Kehr, erbaut 1958/59 Friedhofshalle, mit Totentanz-Gemälde von Fritz Kehr, erbaut 1973-75
Sport [Bearbeiten]
Der 1953 gegründete Sportclub Ibersheim (SCI) bietet ein vielfältiges Angebot mit Tischtennis, Fußball, Gymnastik, Ju Jutsu, Radfahren und Singen. Er ist auch Träger kultureller Veranstaltungen.
Organisationen
Ländliche Genossenschaft mit Geld- und Warenverkehr, gegründet 1903 als Spar- und Darlehnskasse eGmbH, 1970 Teilung der Geschäftsfelder und Verschmelzung mit Genossenschaften in Hamm, heute Zweigniederlassung der Volksbank Worms-Wonnegau, Osthofen und Raiffeisen-Warengenossenschaft Hamm/Worms-Ibersheim e.G.
Freiwillige Feuerwehr, gegründet 1936, Pflichtfeuerwehr bereits ab 1928, mit Jugendfeuerwehr
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Ortsgruppe gegründet 1946
Arbeiterwohlfahrt (AWO), Ortsgruppe gegründet 1979, mit Jugendwerk
Heimatverein e. V., gegründet 1989
Bauernverein
Wasser- und Bodenverband
Jagdgenossenschaft
Veranstaltungen
Kirchweih ist an Maria Himmelfahrt (15. August) oder am darauf folgenden Wochenende. Das kirchliche Fest (in katholischen Ländern und Gegenden gesetzlich) hat als „Iwerschemer Kerb“ überwiegend weltliche Prägung. Seit der Eingemeindung wird auf die Nachkerb verzichtet, weil an diesem Wochenende das überregional bekannte Backfischfest in Worms beginnt. Mit der Kerb ist hier die Getreideernte abgeschlossen und der Hochsommer vorbei.
Bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde noch der dritte Weihnachtsfeiertag als Fest der Knechte und Mägde begangen. An diesem Tag war Ende bzw. Anfang eines neuen Jahres-Arbeitsvertrages mit einem der großen Höfe im Ort. Nach der Auszahlung des Jahresentgeltes konnte erst recht gefeiert werden.
Wirtschaft und Infrastruktur
Die Bevölkerung hat überwiegend Eigenheime und pendelt zur Arbeit in die nahen Städte. Die ländliche Genossenschaft sorgt, wie seit 100 Jahren, für den Geld- und Warenverkehr. Die Sparkasse Worms bediente ihre Kunden zu bestimmten Zeiten in einem Bus. Dieser Dienst einer fahrbaren Zweigstelle wurde vor Jahren eingestellt. Auch die zeitweise besetzte Zweigstelle der Volksbank Raiffeisenbank wurde vor einigen Jahren geschlossen. Die Poststelle wurde 1994 geschlossen. Zur Zeit gibt es keine Geschäfte des täglichen Bedarfs im Ort. Ibersheim besitzt jedoch einen Kindergarten und eine Dorfgemeinschaftshalle.
In weniger als zwei Kilometer Entfernung liegt auf der rechten Rheinseite eines der größten Kernkraftwerke Deutschlands, das Kernkraftwerk Biblis.
Landwirtschaft
In der Landwirtschaft gab es um 1990 noch ca. 10 Vollerwerbsbetriebe mit zum Teil sehr großen Anbauflächen bis ca. 80 ha. Ein Drittel liegt im Überflutungsbereich. Es werden hauptsächlich Getreide, Zuckerrüben und Kartoffeln angebaut. Der Spargelanbau hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Die Milchviehwirtschaft wurde vor Jahren aufgegeben.
Verkehr
Der Reisezugverkehr, bestehend seit 1900 mit Bahnhof, wurde 1969 durch Busse nach Worms und Guntersblum ersetzt. Der nächste DB-Bahnhof ist in Osthofen. Ibersheim ist durch zwei Kreisstraßen mit mit seinen Nachbarorten Hamm, Eich und Rheindürkheim verbunden. Der Rhein bildet nach Hessen hin ein bedeutendes Verkehrshindernis. Er kann am nähesten bei Gernsheim mit einer Fähre und in Worms durch eine Straßenbrücke überquert werden.
Ortsführungen
Überwiegend Mennoniten aus der ganzen Welt, besonders aus den USA (Pennsylvanien), besuchen den Auswanderungsort ihrer Vorväter und werden von ihren Glaubensbrüdern hier entsprechend empfangen.
Persönlichkeiten
Adeltrud (* um 730), schenkte viermal Ibersheimer Güter dem Kloster Lorsch Werinhere (* um 760/65; † ermordet 814) Präfekt des Ostlandes Karls des Großen, Schwiegersohn von Adeltrud, schenkte als erster in Rheindürkheim am 21. Oktober 812 dem Kloster Lorsch Eburin bzw. Iburin, schenkte zweimal dem Kloster Lorsch (1. August 770 und 773 oder 774). Er ist der Namensgeber von Ibersheim Friedrich von Hausen (Minnesänger), (* um 1150–60; † 6. Mai 1190 beim 3. Kreuzzug mit Barbarossa), hatte Besitz in Ibersheim, Vater Walther und Bruder Heinrich waren hier Erbvögte. Stammburg im heutigen Mannheim, Burgstrasse Henricius von Mauderich (Henrick van Mauderick), Edelmann, "Raubritter" aus Gelderland (NL), ca. 1650 bis 1661 in Ibersheim, Tochter Marie 7. Oktober 1656 in Ibersheim getauft Bertha Laisé (* 27. September 1854 in Ibersheim; † 22. März 1962 in Weinheim), Ehefrau des Arztes und Dichters Adam Karrillon, älteste Frau Deutschlands Adolf Trieb (* 27. Mai 1874 in Landstuhl; † 4. Dezember 1950 in Eppelsheim), Lehrer in Ibersheim 1902-03, Verfasser der Ortsgeschichte Abraham Braun (* 10. Mai 1882; † 12. Oktober 1970), Pfarrer der Mennonitengemeinde von 1928 bis 1956 Johann Heinrich Schäfer II.(* 1. Dezember 1909; † 8. Juni 1976 Ibersheim), Landwirt und Regionalpolitiker Fritz Kehr (* 21. April 1908; † 10. September 1985 in Ibersheim), Holzbildhauer, Landwirt und Jäger, regionaler Kulturschaffender Otto Feldmann (* 1905; † 1979 in Ibersheim), Landwirt und Händler, 16 Jahre Ortsbürgermeister in der Wiederaufbauphase
Neuhausen ist ein Stadtteil der kreisfreien Stadt Worms. Mit 10.633 Einwohnern (Stand: Dezember 2003) ist Neuhausen zudem der bevölkerungsreichste Stadtteil von Worms. Neuhausen grenzt unmittelbar an die Innenstadt von Worms, nur rund 2 Kilometer Entfernung zur Stadtmitte.
Neuhausen wurde im Jahre 1897 in Worms eingemeindet, der Ort selber wurde bereits im Jahre 847 gegründet. Vor seiner Eingemeindung zählte der Ort 2.460 Einwohner und ist somit der Wormser Stadtteil, der seit seiner Eingemeindung den höchsten Bevölkerungsanstieg verzeichnen konnte.
Bekanntester Sportverein des Stadtteils ist der "Turn- und Sportverein Neuhausen" (TuS Neuhausen).
Wappen: Grüner Palmwedel des Märtyrers „St. Cyriakus“ (dem Orts- und Kirchenpatron von Neuhausen) auf gelbem Grund Koordinaten: 49° 38' 41" N 8° 21' 4" O
Ortsbild von Neuhausen
Neuhausen wurde im Laufe der Jahre immer größer. Dieser Bevölkerungsanstieg führte dazu, dass heute sehr viele Wohnblöcke das einst dörfliche Ortsbild von Neuhausen prägen. Viele der Neuhauser Wohnblöcke entstanden bereits in den 20er Jahren und wurden für die in Worms beschäftigten Eisenbahner errichtet.
Neben den großen Wohnblöcken prägen auch die zahlreichen Neubausiedlungen das Neuhauser Ortsbild.
Die größte Siedlung Neuhausens ist die Nordendsiedlung, in der neben vielen Ein- und Mehrfamilienhäusern auch kleinere Wohnblöcke stehen.
Sehenswürdigkeiten
Neuhausen bietet mehrere Sehenswürdigkeiten, von denen sich die meisten und bekanntesten im historischen Ortskern des Stadtteils befinden.
Zu den Sehenswürdigkeiten zählen u.a. die Evangelische Kirche von 1905/06 mit ihrem Römerbrunnen, die moderne St.-Amandus-Kirche von 1952 (katholisch) und die ehemalige Cyriakuskapelle im Neuhauser Ortskern, welche heute als Wohnhaus genutzt wird.
Eine weitere Sehenswürdigkeit ist das Kriegerdenkmal, welches eine goldene Kriegerstatue samt Schild auf einem Sockel zeigt. Der Sockel trägt die Aufschrift "Gott allein die Treue".
Die einst freie Reichsstadt Pfeddersheim [Aussprache ÈpfedPs ham, im Dialekt Èped[’m] ist nach zweitausendjähriger eigenständiger Geschichte seit 1969 ein Stadtteil der Stadt Worms mit 7.414 Einwohnern.
Im rheinhessischen Pfrimmtal gelegen, ist Pfeddersheim in Weinberge eingebettet, auf denen überwiegend die Rieslingrebe angebaut wird. Die gut erhaltenen Wehrtürme der mittelalterlichen Stadtmauer sind ebenso sehenswert wie die Synagoge und die evangelisch-katholische Simultankirche. Außerdem befindet sich hier ein Schulmuseum.
Geschichte
Die erste urkundliche Erwähnung von Pfeddersheim stammt aus dem Jahr 754 nach Christus, wenngleich das Gebiet nachweislich schon deutlich länger besiedelt war. Archäologische Funde legen eine Besiedlung seit der Römerzeit nahe. Auch der Name wird vom lateinischen Namen Paternus hergeleitet. Ab dem 5. Jahrhundert war Pfeddersheim im Besitz fränkischer Könige. Sie bauten den Ort aus, so dass er um 1300 vom Habsburger König Albrecht I. die Stadtrechte verliehen bekam. Die Stadt wurde zwischenzeitlich so wohlhabend und bedeutend, dass sie neben Städten wie Frankfurt, Mainz, Straßburg und Worms dem Rheinischen Städtebund von 1381 angehörte.
Die Freiheit währte aber nur vergleichsweise kurz – 1465 fiel Pfeddersheim an die Kurpfalz. Immer wieder wurde es auch von grausamen Schlachten heimgesucht. So wurde hier am 23./24. Juni 1525 in der Schlacht bei Pfeddersheim der Bauernaufstand im Zuge des deutschen Bauernkrieges niedergeschlagen, nachdem sich die Stadtbürger mit den Bauern solidarisiert hatten. Tausende Bauern und Stadtbürger fanden in der Schlacht bei Pfeddersheim ihren Tod. Gemeinsam mit Worms unterwirft sie sich Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz, weite Gebiete des heutigen Rheinland-Pfalz werden protestantisch. Nach den Zerstörungen während des Dreißigjährigen Kriegs und vor allem des Pfälzischen Erbfolgekrieges 1689 bleibt Pfeddersheim eine relativ kleine Gemeinde.
Als in der napoleonischen Ära das linke Rheinufer durch französische Truppen besetzt war, wurde Pfeddersheim Hauptstadt eines Kantons über 24 Orte im Département Donnersberg. 1815 fiel die Stadt an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt, 1874 wurden die Stadtrechte der zu geringen Einwohnerzahl halber aberkannt. Sie wurden zur 1200-Jahr-Feier 1954 vom neu gegründeten Bundesland Rheinland-Pfalz zwar wieder zurückgegeben, gingen aber mit der Eingemeindung nach Worms 1969 trotz einer Klage vor dem Koblenzer Verwaltungsgericht verloren.
Heute
Ausgelassen feierten 2004 die rund 7400 Pfeddersheimer das 1250-jährige Jubiläum ihrer Stadt. Mindestens so ausgelassen geht es auch bei dem alljährigen "Pfeddersheimer Markt" und "Pfeddersheimer Weinbrunnen" zu.
Der Fußballverein "TSG Pfeddersheim" ist in der Region bekannt, seit er von 1992 bis 2000 in der Fußball-Oberliga Südwest spielte und 1996 nur knapp den Aufstieg in die Regionalliga West/Südwest verpasste.
In Worms-Pfeddersheim befindet sich außerdem ein öffentliches Freibad.
Verkehr
Am Bahnhof Worms-Pfeddersheim halten halbstündlich (am Wochenende stündlich) Regionalbahnen der Rheinhessenbahn (Worms – Alzey – Bingen). Der Stadtteil ist außerdem über Buslinien in den Öffentlichen Nahverkehr angebunden.
Worms-Pfeddersheim liegt an der B 47 sowie in unmittelbarer Nähe der Anschlussstelle Worms der A 61, die östlich von Pfeddersheim mit der Talbrücke Pfeddersheim das Tal der Pfrimm überspannt.